Köln | So wählte Köln bei den Europawahlen 2004, 2009 und 2014. Die Wahlbeteiligung lag bislang immer bei leicht über 40 Prozent. Nur 2014 stieg sie über 50 Prozent. Allerdings wählten die Kölnerinnen und Kölner damals auch den Stadtrat und die Bezirksvertretungen. Denn die Europawahl 2014 fand parallel mit den Kommunalwahlen in NRW statt, unter anderem um die Wahlbeteiligung der Europawahl zu erhöhen. Noch nie konnten so viele Parteien gewählt werden. In Köln ist die Europawahl 2019 die erste Wahl nach zahlreichen Affären.

Wer die Wahl hat…

Noch nie war die Auswahl an Parteien so groß wie bei dieser Europawahl. 40 Parteien treten an und der Wahlzettel ist fast einen Meter lang. 2004 waren es 22 Parteien, im Jahr 2009 schon 31 und 2014 reduzierte sich die Zahl auf 23 Parteien. Zum ersten Mal 2014 dabei war die Partei Die Partei, die damals 3.294 Stimmen erzielte. Großer Gewinner bei der Europawahl 2014 war die Piratenpartei, die damals 7.171 Kölnerinnen und Kölner überzeugen konnte. Die Piraten traten damals zum zweiten Mal an und konnten so ihren Erfolg von 1 Prozent der Stimmen in 2009 auf 1,87 Prozent bei gestiegener Wahlbeteiligung fundamentieren.

AfD bisher einmal dabei

Die AfD errang 2014 auf Anhieb 21.176 Stimmen bei der Europawahl. Das waren 5,51 Prozent der Stimmen. Bei der Bundestagswahl 2017 gelang es den Rechtspopulisten sogar mehr als 40.000 Kölnerinnen und Kölner davon zu überzeugen ihr Kreuz bei der AfD zu machen. Es dürfte also spannend werden, ob es der Partei vor dem Hintergrund der vielen Affären und Skandale gelingen kann dieses Wählerpotenzial auch zur Europawahl 2019 zu mobilisieren. Denn immerhin ist die AfD mit der FPÖ, dem Rassemblement National in Frankreich von Marin Le Pen und der rechten Lega aus Italien vereint zu einem neuen Fraktionsbündnis, dass zur zweitstärksten Kraft im neuen europäischen Parlament werden könnte. Strahlt die Ibiza-Affäre oder der Spendenskandal der AfD also auch auf die Kölner Wählerinnen und Wähler durch oder lässt sie das kalt?

Die SPD, CDU und Grünen mit Affären in Köln belastet

Bei der Europawahl 2014 war die SPD die stärkste Kraft in Köln und überflügelte die CDU. Ob ihr so ein Ergebnis wieder gelingen kann ist allerdings vor den Umfragewerten in denen die Sozialdemokraten bundesweit deutlich unter 20 Prozent liegen fraglich. Immerhin hat sich die Parteispitze erneuert mit Christiane Jäger als Parteivorsitzenden der Köln SPD und im Stadtrat mit Christian Joisten als Fraktionsvorsitzenden, Als einzige politische Kraft im Stadtrat nach der Börschel-Affäre in die auch die CDU und die Grünen involviert waren wagte die SPD einen kompletten Neuanfang, anders als etwa die CDU, die an ihrem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Bernd Pettelkau festhielt. Die Europawahl ist die erste Wahl in Köln nach der Börschel-Affäre. Bei den Grünen trat zwar Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank zurück, aber auch der Wechsel der Fraktionsvorsitzenden Kirsten Jahn auf einen hochdotierten Posten des Vereins Metropolregion Rheinland, der von den Kommunen des Rheinlands aus Steuermitteln finanziert wird, fiel negativ auf. Es wird also spannend sein, ob die Grünen in Köln – einer ihrer Hochburgen in NRW – den Trend aus der Bundespolitik mitnehmen können oder sich nicht auf die schon einmal besseren Ergebnisse wieder hocharbeiten können. Oder werden diese Kölner Themen am Ende gar keine Rolle spielen?

Die kleinen Parteien

Das Abschneiden der Partei Die Partei dürfte sich vor dem Trend im Bund auch in Köln verbessern. Interessant wird es, ob es der Spaßpartei, die mit Mark Benneke schon einmal einen Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt ins Rennen schickte, gelingt ähnlich gut abzuschneiden wie in Berlin. Dort lag die Partei bei einer Umfrage mit vier Prozent gleichauf mit der FDP. Die FDP wird mehr Prozentpunkte einfahren als 2014, als die Partei am Boden lag und den Bundestag verlassen musste. Soviel ist klar. Zudem hat ihr Kölner Kandidat Gerd Kaspar einen sehr engagierten und auffälligen Wahlkampf gemacht. Diese Phase haben die Liberalen überwunden. Ob sie allerdings das für sie gute Abschneiden in der Bundestagswahl wiederholen werden können ist abzuwarten. Schafft es Volt in Köln ein gutes Ergebnis zu erzielen? Volt Europa und ihr deutscher Ableger Volt Deutschland versteht sich als erste paneuropäische Partei und macht in Köln vor allem auch im Univiertel viel Werbung. Volt will Politik europäisch denken. Wird es ihr gelingen gerade im universitären Umfeld Kölns mit seinen vielen Studierenden viele Stimmen  der Erasmus-Generation abzuholen?  Auch die Piratenpartei ist aktiv und auf Bundesebene wird ihr ein Sitz prognostiziert. Die Piraten sind sicherlich auf die Stimmen aus den urbanen Metropolen angewiesen. Im Kölner Stadtrat löste sich gerade erst die aus den Piraten hervorgegangene Gruppe Bunt auf und die schillerndste Figur der Kölner Piraten noch 2014 Thomas Hegenbarth wechselte zu den Sozialdemokraten.

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Autor: Andi Goral