Berlin | Schon Anfang nächster Woche soll wohl die Entscheidung fallen, dass die gesamte AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Es wird demnach davon ausgegangen, dass Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), die AfD zum Verdachtsfall erklären wird.

Damit kann die ganze Bundespartei mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet, ihre Mitglieder observiert und abgehört und V-Leute in ihren Reihen eingesetzt werden. Vor zwei Jahren, am 15. Januar 2019, hatte Haldenwang die AfD zum Prüffall erklärt. Für die Prüfung hatte der Verfassungsschutzchef sich selbst ein Zeitfenster von zwei Jahren gesetzt, das nun abgelaufen ist.

Seitdem wurden Tausende Seiten Material von der AfD aus offenen Quellen gesammelt, von einer Arbeitsgruppe ausgewertet und ein Bericht verfasst. Viel spricht dafür, dass der Einfluss des extremen oder „völkisch“ genannten Lagers in der AfD aus Sicht der Verfassungsschützer in den letzten zwei Jahren gewachsen ist. So hatte das BfV den „Flügel“, der dieses Lager repräsentiert, schon im März 2020 vom Verdachtsfall zu einer „erwiesenen extremistischen Bestrebung“ hochgestuft.

Die offizielle Auflösung des „Flügels“ im April 2020, der von dem derzeit ausgeschlossenen Brandenburger Rechtsextremisten Andreas Kalbitz und dem Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke geführt wurde, sieht der Verfassungsschutz als Täuschungsmanöver an, da die Personen immer noch in der AfD aktiv seien und Strukturen weiter bestünden, berichtet die FAZ. Nach Einschätzung des BfV gehören rund 7.000 AfD-Mitglieder dem „Flügel“ an. In Thüringen war die AfD schon im Juni 2019, in Brandenburg im August 2019 als Verdachtsfall eingestuft worden. In Potsdam war das damit begründet worden, dass der „Flügel“ die entscheidende Strömung im Landesverband sei.

„Der Flügel ist der ganze Vogel“, hatte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) damals gesagt. Die AfD hält ihre Beobachtung für unrechtmäßig und wird aller Voraussicht nach gegen eine Einstufung der Bundespartei als Verdachtsfall beim Verwaltungsgericht mit einem Eilantrag klagen. Der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen kann mittlerweile eine Reihe von entlastenden Momenten anführen. Neben der offiziellen Auflösung des „Flügels“ und dem Ausschluss von Kalbitz gehört dazu seine Rede auf dem Bundesparteitag Ende November in Kalkar, in der sich Meuthen deutlich gegen die Extremisten in der Partei wandte. Am Montag legte die AfD mit einer „Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität“ nach. In ihr bekennt sich die Partei „vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen“, und zwar unabhängig davon, „welchen ethnisch-kulturellen Hintergrund jemand hat, wie kurz oder lange seine Einbürgerung oder die seiner Vorfahren zurückliegt“. Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen sagte der FAZ: „Es ist völlig offensichtlich, dass die AfD dem Verfassungsschutz nicht den geringsten Anlass bietet, um eine Einstufung als Verdachtsfall vorzunehmen.“

Autor: dts