Berlin | Im Streit um mögliche Plagiate in ihrer Promotion hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) laut eines Medienberichts jetzt Konsequenzen gezogen und verzichtet auf ihren Doktortitel. Die Zeitungen der Funke-Mediengruppe werden in ihren Samstagausgaben berichten, dass Giffey dies in einem Schreiben an den Präsidenten der Freien Universität mit dem Datum 13. November 2020 mitgeteilt habe. Noch am Mittag war Giffey in der Bundespressekonferenz Journalistenfragen auffällig schmallippig ausgewichen und hatte gesagt, sich zuerst gegenüber der Universität äußern zu wollen.

Die Funke-Zeitungen zitieren nun aus dem Brief: „(…) um weiteren Schaden von meiner Familie, meiner politischen Arbeit und meiner Partei abzuwenden, erkläre ich, den mir am 16. Februar 2010 von der Freien Universität Berlin mit der Gesamtnote `magna cum laude` verliehenen Titel Dr. rer.pol ab sofort und auch zukünftig nicht mehr zu führen.“ Giffey betont in ihrem Brief an den Universitäts-Präsidenten Günter Ziegler, Präsident und Präsidium hätten als das höchste Gremium der Universität den „vor über einem Jahr einstimmig gefassten Beschluss und Ihre bisherige fachliche und rechtliche Auffassung ohne Vorliegen eines neuen Sachverhalts“ revidiert. Dies nehme sie „zur Kenntnis“.

Der Präsident habe ihr die Möglichkeit zu Stellungnahme gewährt, „ohne zu begründen, auf welcher Rechtsgrundlage Sie handeln“. Giffey schreibt weiter, sie habe ihre „Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst“. Und weiter: „Sie als Präsident der Universität haben mir im letzten Jahr mitgeteilt, dass eine Entziehung des Doktorgrades nicht als verhältnismäßig bewertet wird“.

Giffey habe „auf diesen Entschluss vertraut“. Die Ministerin schließt den Brief dem Funke-Bericht zufolge ohne Nutzung ihres Titels. Die öffentliche Auseinandersetzung um Giffeys Doktor-Arbeit geht schon über viele Monate und hatte auch dazu geführt, dass sich die SPD-Politikerin nicht als Kandidatin für das Amt der SPD-Parteivorsitzenden zur Verfügung stellte.

Die Universität hatte unterdessen angekündigt, die Arbeit erneut einer Überprüfung zu unterziehen, da ein minderschwerer Fall „im Schlussbericht des Prüfgremiums nicht dargetan worden“ sei und deshalb erneut geprüft werden müsse. Prüfer hatten an mehreren Dutzend Stellen der Promotions-Arbeit „objektive Täuschung“ festgestellt.

Druck auf Giffey von Grünen und CSU

Nach der Ankündigung von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), ihren Doktortitel aufgrund einer neuerlichen Prüfung durch die Freie Universität Berlin wegen Plagiatsvorwürfen nicht mehr zu tragen, wächst der Druck von den Grünen und der CSU. „Auch eine Türschildpromotion kann man nicht abgeben wie einen Mantel an der Garderobe, nur die Universität kann den Doktortitel aberkennen. Auf das Führen des Doktorgrades zu verzichten, ist ein durchschaubarer Winkelzug, weil Frau Giffey für den Fall einer Aberkennung ihren Rücktritt als Ministerin in Aussicht gestellt hat“, sagte der Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Forschung und Wissenschaft, Kai Gehring, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Ihre jüngste Stellungnahme sei „bizarr“, so Gehring, wissenschaftliche Redlichkeit sei im Übrigen „unerlässlich und keine Privatsache“. Und weiter: „Mit ihren taktischen Scharmützeln beschädigt die Ministerin sich selbst, ihre Doktormutter und die FU Berlin.“ Der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber sagte dem RND, Giffey solle sich ein Beispiel an Guttenberg und Schavan nehmen und zurücktreten.

Der Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Bildung und Forschung, Ernst Dieter Rossmann (SPD), nahm Giffey dagegen in Schutz. „Das ist eine klare und gute Entscheidung“, sagte er dem RND. „Sie gibt den Blick frei auf das, was Franziska Giffey in hervorragender Weise verkörpert: eine Politikerin ganz dicht an den Problemen der Gesellschaft und der Menschen zu sein.“ Akademische Würden seien gut und schön, aber nicht das Entscheidende, sagte Rossmann.

Entscheidend sei, dass seine Parteifreundin „sich damit frei macht von der endlosen Prozedur, die an der Freien Universität noch einmal durchgeführt werden soll“. Das sei nur klug und allzu verständlich. Zum Fall Schavan hatte der Sozialdemokrat im März 2013 gesagt: „Sie muss in Würde zurücktreten.“

Autor: dts