Berlin | aktualisiert | Die Spitzen von Union und SPD haben sich offenbar auf eine grundsätzliche Kompromisslinie bei der flächendeckenden Einführung eines Mindestlohns verständigt. Als Blaupause für die neue Regelung soll der jüngste Tarifvertrag für das Friseurhandwerk gelten, der mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ausgehandelt wurde, wie die „Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstagausgabe) berichtet. Dieser sieht eine Stufenregelung bis August 2015 mit dann einheitlichen 8,50 Euro pro Stunde vor.

Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte der Zeitung, er sei nicht gegen einen Mindestlohn „mit Augenmaß“. Notwendig sei aber „in jedem Fall eine Überprüfungsmöglichkeit anhand der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt“. Zugleich forderte Tillich die künftige Bundesregierung auf, auf EU-Ebene dafür Sorge zu tragen, dass „kein Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit“ der Wirtschaft entstünde.

Die SPD wiederum signalisierte nach Informationen der Zeitung Problembewusstsein bei zwei Themen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn: 8,50 Euro pro Stunde dürfe nicht für Jugendliche ohne Ausbildung gelten und für Ungelernte dürfe mit dem Mindestlohn der Arbeitsmarkt nicht komplett verschlossen werden.

Verdi-Chef Bsirske fordert sofortige Mindestlohn-Einführung

Unterdessen hat der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, eine sofortige Einführung des Mindestlohns gefordert. „Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro ist sozialpolitisch geboten und auch ökonomisch gerechtfertigt, in West wie Ost – und das nicht erst 2015, sondern sofort“, sagte Bsirske der „Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstagausgabe). Großbritannien habe bewiesen, dass ein einheitlicher Mindestlohn für den Arbeitsmarkt „gut verträglich“ sei.

„Die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten sind zwischen London und Cardiff oder Dundee nicht geringer als die zwischen Stuttgart und Gotha“, so der Verdi-Chef. Ein Ost-West-Unterschied beim Mindestlohn sei „nach einem Vierteljahrhundert Deutsche Einheit nicht zu rechtfertigen und wäre eine krasse Ungerechtigkeit“, warnte Bsirske. Er verwies zudem darauf, dass man mit einer Vollzeitstelle bei 8,50 Euro „immer noch unter der bundesweit einheitlichen Pfändungsfreigrenze“ liege.

Autor: dts