Berlin | Bund und Länder haben den Weg für weitreichende Lockerungen der Corona-Beschränkungen frei gemacht. „Wir können sagen, dass wir die erste Phase der Pandemie hinter uns haben“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz mit den Regierungschefs der Länder. Unter anderem soll die 800-Quadratmeter-Begrenzung für alle Geschäfte unter strengen Auflagen fallen.

Die Kontaktbeschränkungen werden in gelockerter Form bis zum 5. Juni verlängert: „Angesichts der niedrigeren Infektionszahlen soll der Aufenthalt im öffentlichen Raum jetzt nicht nur alleine mit den Angehörigen des eigenen Hausstands oder einer weiteren Person möglich sein, sondern auch mit den Personen eines weiteren Hausstands. Also der eigene Hausstand plus die Personen eines weiteren Hausstands dürfen sich gemeinsam im öffentlichen Raum aufhalten“, so die Kanzlerin. Der Mindestabstand und der Mund-Nasen-Schutz blieben bestehen.

In den vergangenen Tagen hatten bereits mehrere Bundesländer Schritte zur Lockerung der Corona-Maßnahmen angekündigt. So hatte zum Beispiel Sachsen-Anhalt die geltenden Kontaktbeschränkungen deutlich entschärft. In Mecklenburg-Vorpommern sollen schon ab kommenden Samstag Restaurants wieder Gäste bewirten dürfen. Auch Bayern und Niedersachsen hatten bereits umfangreiche Lockerungskonzepte vorgestellt.

Corona-Lockerungen: Bund und Länder beschließen Notfallmechanismus

Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben sich auf einen Notfallmechanismus bei den Lockerungen der Corona-Maßnahmen geeinigt. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwochnachmittag nach einer Schaltkonferenz mit den Regierungschefs der Länder mit. Wenn in Landkreisen oder kreisfreien Städten mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen registriert werden, sollen die Länder demnach sofort wieder umfangreiche Beschränkungen umsetzen.

„Wenn das ein lokalisiertes und klar eingrenzbares Infektionsgeschehen ist, zum Beispiel bei einer Einrichtung, einem Krankenhaus oder in einem Pflegeheim, dann kann dieses Beschränkungskonzept nur diese Einrichtung umfassen. Wenn es aber ein verteiltes regionales Ausbruchsgeschehen ist, bei dem die Infektionsketten unklar sind, dann müssen allgemeine Beschränkungen regional wieder konsequent eingeführt werden“, sagte die Kanzlerin.

Regierungschefs geben grünes Licht für Bundesliga-Fortsetzung

Bund und Länder haben der Deutschen Fußball Liga (DFL) grünes Licht für die Fortsetzung der Bundesliga gegeben. Der Spielbetrieb könne ab der zweiten Maihälfte wieder aufgenommen werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz mit den Regierungschefs der Länder. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert begrüßte die Entscheidung.
„Die heutige Entscheidung ist eine gute Nachricht für die Bundesliga und die 2. Bundesliga. Sie ist verbunden mit einer großen Verantwortung für die Clubs und ihre Angestellten, die medizinischen und organisatorischen Vorgaben diszipliniert umzusetzen“, sagte Seifert. Spiele ohne Stadion-Zuschauer seien für niemanden eine ideale Lösung. „Es ist in einer für einige Clubs existenzbedrohenden Krise allerdings die einzige Möglichkeit, den Fortbestand der Ligen in ihrer jetzigen Form zu bewahren“, so der DFL-Geschäftsführer.

Mittelstand hält Corona-Lockerungen für unzureichend

Die mittelständische Wirtschaft kritisiert die am Mittwoch bekanntgegebenen Lockerungen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie als unzureichend. „Die halbherzigen und zudem inkonsequenten Corona-Lockerungen reichen nicht aus, um die Wirtschaft schnell genug wieder hochzufahren“, sagte Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Besonders zu kritisieren sei die weitgehende Fortsetzung des Kontaktverbots bis zum 5. Juni.

„Angesichts von zehn Millionen Anträgen auf Kurzarbeit und einer drohenden Pleitewelle hätte sich der Mittelstand mehr Mut von der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder gewünscht, zumal sich die allermeisten Menschen in den vergangenen Wochen als verantwortungsbewusst erwiesen haben“, so Ohoven. Er forderte, dass die Kitas schneller öffnen, da sonst viele Mitarbeiter nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. In den Schulen sei eine klare Perspektive für Präsenzunterricht nötig. „Hier drohen Bildungsinhalte von mehr als einem Schuljahr verloren zu gehen, bevor ein Impfstoff flächendeckend zur Verfügung steht“, sagte Ohoven.

Kipping fürchtet zweite Infektionswelle durch Lockerungen

Linken-Chefin Katja Kipping hat die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Lockerung der Corona-Maßnahmen kritisiert. Jede einzelne Lockerung sei verständlich, „in der Summe aber wird uns diese Lockerungsdynamik nicht raus aus der Coronakrise, sondern rein in eine zweite Welle führen“, sagte Kipping dem Nachrichtenportal T-Online. Und dann drohe erneut ein Shutdown.
„Offensichtlich will die Bundesregierung den Schwarzen Peter lieber an die Länder abgeben“, kritisierte Kipping. Aber man dürfe nicht vergessen: „Wenn wieder mehr berufliche und private Reisen stattfinden, wird das Virus schnell über Bundeslandgrenzen hinaus transportiert.“ Die Entscheidungen in einem Bundesland hätten also schnell Auswirkungen auf die Situationen in anderen Bundesländern.

„Notwendig wäre ein Kurs, der das Virus stoppt“, sagte die Linken-Politikerin. Das erfordere klare Ansagen an Konzerne. Schlampereien beim Infektionsschutz müssten dort hart bestraft werden. Zudem bestehe das Risiko von Ausbrüchen in Sammelunterkünften. Für die Unterbringung von Wohnungslosen, Geflüchteten und Gefangenen müssten dringend zusätzliche Räumlichkeiten angemietet werden.

Autor: dts