Berlin | aktualisiert | Bund und Länder haben sich auf eine Verlängerung des Lockdowns zunächst bis zum 31. Januar verständigt. „Wir erahnen, dass die Inzidenz deutlich über 50 ist, aber wie genau sie ist kann zur Zeit nicht genau abgesehen werden“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Gesprächen mit den Ministerpräsidenten der Länder. Eine Inzidenz unter 50 sei auch hinsichtlich der Virusmutation B117 noch wichtiger. Das sagt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zu der Einigung.

Man sei „in Grenzsituationen“ an einigen Krankenhäusern, so die CDU-Politikerin. Am 25. Januar soll entschieden werden, ob ab 1. Februar noch weiter verlängert wird. Kitas und Schulen bleiben bis Ende Januar geschlossen, der Bewegungsradius wird für Personen in Landkreisen mit einer Corona-Inzidenz pro sieben Tage über 200 auf 15 Kilometer von der Meldeadresse beschränkt, wozu die Länder „weitere lokale Maßnahmen“ treffen sollen. Zudem werden die Kontaktbeschränkungen verschärft: Private Treffen dürfen nur noch mit einer Person aus einem anderen Haushalt stattfinden.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zu den Ergebnissen

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet beschrieb in seinem öffentlichen Statement, wie schwierig es sei, die aktuelle Lage zu bewerten, da durch die Feiertage und den Jahreswechsel die Zahlen zu den Coronavirus-Infektionen nicht repräsentativ seien. So wurde weniger getestet, weniger Menschen hatten Ärzte aufgesucht und die Lage durch Reiserückkehrer sei ungeklärt. Das Gesundheitssystem in NRW sei, anders als in anderen Bundesländern noch nicht an seiner Belastungsgrenze. Die Todeszahlen seien allerdings viel zu hoch, so Laschet.

Laschet nannte die heutigen Entscheidungen vorsichtig. Der Chef des Robert Koch-Instituts Wieler habe der Runde von Bund und Ländern mit auf den Weg gegeben, dass sich ab 17. Januar das Infektionsgeschehen wieder realistischer bewerten lasse. Dann wird es auch eine Woche später die nächste Bund-Länder-Runde geben. Laschet gab sich zuversichtlich, dass die 15 km-Regelung eingehalten werde und diese auch kontrolliert werden könne. Diese gilt bei einer Inzidenz von über 200 in den entsprechenden Orten. Damit solle auch die Lage in den Wintersportorten wie Hellenthal und Winterberg unter Kontrolle gebracht werden.

Morgen, so Laschet, tage das Landeskabinett und es werde nähere Informationen zur Situation in den Schulen und Kindertagesstätten geben. Die Wirtschaftshilfen werden fortgeführt so Laschet. Der Ministerpräsident verteidigte aufs Neue die Impfstrategie und die europäische Lösung vehement und es sei richtig gewesen nicht auf eine Notzulassung zu setzen. Es gehe jetzt darum schnell und effizient zu impfen. Bis Morgen versprach Laschet werden 100.000 Menschen in NRW geimpft sein und das sei „ein sehr gutes Ergebnis in kurzer Zeit“. Aus der Runde der Ministerpräsidenten erzählte Laschet, dass er es war, der sich für Regelung ein Hausstand plus eine Person stark gemacht habe, um Vereinsamung von Menschen vorzubeugen.

DIVI begrüßt neue Corona-Maßnahmen

Gernot Marx, seit Anfang Januar neuer Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), ist überzeugt, dass das Handeln von Bund und Ländern zum derzeitigen Zeitpunkt der richtige Ansatz ist, um Infektionszahlen nachhaltig zu reduzieren. „Ich bin sehr froh über diese Entscheidung. Die Kliniken sind wirklich voll und die Intensivstationen auch“, sagte Marx am Dienstag mit Blick auf die Beschlüsse von Ministerpräsidenten und Bundesregierung dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Aktuell seien weit über 22.000 Intensivbetten in den Kliniken belegt, also mehr als 80 Prozent der Kapazitäten. „Durch die kontinuierlich hohe Anzahl von rund 6.000 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen sind die Ärzte und Pfleger inzwischen wirklich am Anschlag“, berichtet der DIVI-Präsident. „Eine weitere Belastung mit wesentlich mehr Patienten wäre wirklich schwierig.“

Es sei das wichtigste Ziel, jetzt die Fallzahlen und den R-Wert deutlich unter die 7-Tage-Inzidenz von 50 zu senken. „So gewinnen wir Zeit und können währenddessen möglichst viele Menschen impfen.“ Ob die jetzt getroffenen Maßnahmen ausreichen, um die Kliniken in diesem Winter zumindest ein Stück zu entlasten, sei gegenwärtig schwer zu beurteilen.

„Wir wissen im Moment eigentlich überhaupt nicht, wo wir stehen“, sagte Marx. „Wegen weniger Testungen über Weihnachten und Silvester ist erst ab Anfang nächster Woche wieder mit verlässlicheren Prognosen zu Fallzahlen und Erkrankungen zu rechnen.“ Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, hält die beschlossene Verlängerung des Lockdowns für unvermeidlich – übt aber Kritik an der Bundesregierung.

An der Verlängerung des Lockdowns führe „kein vernünftiger Weg vorbei“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson. Man müsse „die Krankenhäuser und das medizinische Personal dringend entlasten und Leben schützen“. Das sei mit den jetzigen Infektions- und Sterbezahlen „unvereinbar“, so der Linken-Politiker. „Weil die Bundesregierung zumindest partiell unzureichend gehandelt hat, werden wir die Endlosschleife des Lockdowns erst mit flächendeckenden Impfungen hinter uns lassen können.“ Es sei „dringend notwendig“, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Impfungen jetzt zur „Chefsache“ macht. „Zu viel ist bisher falsch gelaufen, weitere Zeit darf nicht verspielt werden“, sagte Bartsch, der außerdem schnellere finanzielle Hilfe für vom Lockdown getroffene Unternehmen forderte: „Für die Zeit des Lockdowns braucht es Hilfen, die Existenzen wirksam vor dem Ruin bewahren und schneller als bisher ausgezahlt werden.“

Autor: dts