Berlin | Der CDU-Vorstand ist am Montagabend per Videoschalte zu einer kurzfristig von CDU-Chef Armin Laschet einberufenen Sitzung zusammengekommen, um über die Kanzlerkandidatur zu beraten. Dabei sprach sich laut Teilnehmerkreisen zwar zunächst niemand offensiv für CSU-Chef Markus Söder aus, gefordert wurde aber mehrfach eine Beteiligung der Basis. Das läuft, glaubt man den Umfragen, auf dasselbe hinaus.

Die Forderung nach einer Abstimmung unter den Kreisvorsitzenden kam beispielsweise von CDU-Hamburg-Chef Christoph Ploß, aber auch CDU-Vize Julia Klöckner forderte mehr Basisbeteiligung. Sie hatte sich erst am Nachmittag bei ihrem Landesvorstand Rheinland-Pfalz ein Meinungsbild eingeholt, das mit 34 zu einer Stimme für Söder ausgefallen sein soll. Selbst Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der vor wenigen Tagen noch Söder zum Rückzug aufgefordert hatte, stellte in der Vorstandssitzung am Montagabend laut Teilnehmerangaben fest, dass die Basis mehrheitlich für Söder sei.

Manch anderes CDU-Vorstandsmitglied wird zudem auch kaum eine andere Wahl haben, als sich für den CSU-Chef einzusetzen. Junge-Union-Chef Tilman Kuban hatte sich in seinem Verband ein eindeutiges Stimmungsbild eingeholt. Dazu gehörte auch ein Votum des CDU-Nachwuches in Sachsen-Anhalt, deren Landesvorsitzende Anna Kreye als gewähltes Mitglied ebenfalls im CDU-Bundesvorstand sitzt.

Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann hatte sich wie Klöckner im eigenen Landesverband ein Stimmungsbild eingeholt – auch das fiel zu Gunsten Söders aus. Weitere Vorstandsmitglieder wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, oder Frank Oesterhelweg, Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Braunschweig, hatten sich schon vor der Sitzung offen für den bayerischen Ministerpräsidenten ausgesprochen. Schließlich warnte auch Norbert Röttgen am Montagabend im Bundesvorstand davor, eine formale Abstimmung in diesem Gremium durchzuführen, ohne die Basis anzuhören.

Schäuble mahnt in K-Frage den Wert von Führung an

Im Streit um die Kanzlerkandidatur der Union hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Bedeutung von politischer Führung angemahnt. „Führung erfordert zuweilen auch, gegen den Trend der Meinungsumfragen zu handeln und die Bevölkerung vom eingeschlagenen Weg erst zu überzeugen“, sagte Schäuble dem „Tagesspiegel“. Zwar wäre es eine „Verachtung des demokratischen Souveräns“, würde die Politik Umfragen ignorieren – aber Umfragen könnten Führung nicht ersetzen, erklärte Schäuble.

„Demokratie geht nicht ohne Führung.“ Es sei Aufgabe der Politik, diese Balance immer wieder – auch in mühsamen Prozessen – zu finden.

CDU-Vorstand streitet hart um „K-Frage“

Der CDU-Bundesvorstand hat am Montagabend stundenlang um die Frage gerungen, ob Parteichef Armin Laschet als Kanzlerkandidat nominiert werden soll. Laut Teilnehmerkreisen hatte Laschet eine Mehrheit der Wortmeldudngen auf seiner Seite, unklar war aber, ob eine formale Abstimmung erfolgen soll. Mehrere Vorstandsmitglieder brachten eine Kreisvorsitzendenkonferenz ins Spiel.

Mit den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und aus dem Saarland sprachen sich aber auch zwei politische Schwergewichte offen für CSU-Chef Markus Söder und gegen Laschet aus. Er habe lieber einen Kanzler von der CSU als von den Grünen, wird Tobias Hans aus Teilnehmerkreisen zitiert. Reiner Haseloff sagte in der CDU-Vorstandssitzung, Sachsen-Anhalt habe sich mit Thüringen und Berlin abgesprochen – die ebenfalls Söder präferierten.

Mit Gesundheitsminister Jens Spahn, Kulturstaatsministerin Monika Grütters oder Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte es aber auch prominente Stimmen für Laschet gegeben.

Autor: dts