Köln | Was reden eigentlich prominente CDU Bundestagsabgeordnete? Christoph de Vries ist CDU Bundestagsabgeordneter. Der redet auf einer Veranstaltung über den Unterschied „Einwanderungsland“ und „Zuwanderungsland“. Renate Künast, Grüne, fragt auf Twitter: „Was redet er da?!“. De Vries rechtfertigt sich jetzt auf seinem Facebook-Account. Die Frage ist aber vor der Bundestagswahl und der Milde des Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten Armin Laschet gegenüber verbalen Ausrutschern in seiner Partei nach rechts, wes Geistes Kind die CDU von Armin Laschet ist.

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Das Video findet sich hier: https://twitter.com/i/status/1416734213945053185
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Das sagt de Vries in dem Clip

CDU-Mann de Vries sagte, so zeigt ihn der hunderttausendfach verbreitete Clip (wortgleiche Transkription ohne sprachliche Überarbeitung): „Diese Diskussion um ist Deutschland ein Einwanderungsland ja oder nein ist glaube ich nicht das Hauptproblem. Wir haben viele Volksgruppen gehabt die jenseits von dieser Diskussion sich wunderbar in Deutschland integriert haben und ich will es auch noch einmal sagen, weil ich das schon wichtig finde: Deutschland ist kein Einwanderungsland einfach deshalb weil es ein genuin deutsches Volk gibt. Wir haben viel Zuwanderung gehabt in den letzten Jahrzehnten, deshalb ist Deutschland ein Zuwanderungsland, aber ein Einwanderungsland ist beispielsweise die USA, das ist Australien, die kein eigenes Volk gehabt haben, sondern allein sich aus eingewanderten Volksgruppen gebildet haben.“ Ein wenig flapsig gefragt, kennt der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete de Vries Winnetou nicht? Bad Seegeberg ist eigentlich gar nicht so weit von Hamburg entfernt. Oder hat er aus der Erfindung der Romanfigur Winnetous durch Karl May darauf geschlossen, dass es keine amerikanischen Ureinwohner gab? Was ist zudem aus der CDU von Adenauer geworden, der die Westbindung propagierte, wenn aktuelle Bundestagsabgeordnete dieser konservativen Partei die Debatte um den Umgang in Kanada mit den First Nations einfach wegignorieren?

De Vries rechtfertigte sich auf Facebook: (Im Wortlaut) „In der Diskussionsveranstaltung am 5. Juli zum Thema „Politischer Islam “ mit Seyran Ates und Susanne Schröter, die meine Kollegin Bettina M. Wiesmann MdB veranstaltet hat, ging es u.a. um die Frage, welche Fehler in der Migrations- und Integrationspolitik in den vergangenen Jahrzehnten gemacht wurden. In dem Kontext habe ich den Unterschied zwischen einem Einwanderungsland und einem Zuwanderungsland erklärt. Auf Basis eines sehr kurzen Ausschnitts, der den Kontext der Aussage nicht erkennen lässt und ursprünglich von Islamisten von „Realität Islam“ verbreitet wird, die gestern auch den Tod des Mohammed-Karikaturisten Westergaard bejubelten, wird mir nun vorgeworfen, die Existenz indigener Völker in den USA zu leugnen und rassistisches Gedankengut zu verbreiten. Derartige Rufmordkampagnen betreibt „Realität Islam“ übrigens systematisch gegen alle, die sich gegen Islamismus in unserem Land engagieren. Hierzu erkläre ich:

1. Die Existenz indigener Völker in den USA vor der Einwanderung ist mir bewusst ebenso wie das erlittene Unrecht, das sie erfahren haben. Ich habe es auch an keiner Stelle geleugnet, aber es wäre richtiger und historisch zutreffender gewesen, es in dem Kontext ausdrücklich zu sagen. Insofern tut es mir leid, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Ich habe in der Veranstaltung selbst übrigens nach einem entsprechenden Hinweis von Frau Ates zustimmend zugenickt. Dass die Begrifflichkeit „genuin“ irgendeinen Nazikontext hätte, ist mir nicht bekannt. Es war im Sinne von „ursprünglich“ gemeint.

2. Aus dieser kurzen Sequenz werden allerhand Vorwürfe böswillig konstruiert wie Rassismus, Verbreitung völkischen Denkens und der Ablehnung von Einbürgerungen zugewanderter Menschen. Dies weise ich in aller Entschiedenheit zurück. Ich bin der Letzte, der mit extremistischem Denken und Handeln etwas am Hut hat. Ganz im Gegenteil engagiere ich mich seit Jahren ohne Abstriche gegen jede Form von Extremismus, der eine Gefahr für unsere liberale Gesellschaft ist. Es sind gerade liberale und gut integrierte Muslime, mit denen ich mich gemeinsam gegen Islamismus engagiere.

3. Der konstruierte Vorwurf, ich hätte gesagt, dass zugewanderte Menschen keine Deutsche werden könnten, ist absurd. Ganz im Gegenteil vertrete ich seit Jahren die Position, dass ich es mir ausdrücklich wünsche, dass zugewanderte Menschen sich Deutschland zugehörig fühlen, unsere Werte teilen und deutsche Staatsbürger werden. In der Veranstaltung habe ich übrigens auch den Gastarbeiterstatus der 1960er/1970er Jahre als integrationshemmend kritisiert, weil er den Menschen damals keine Bleibeperspektive gegeben hat.“

Auffällig ist, das de Vries in seiner Erklärung wiederum die australischen Ureinwohner vergaß.

Wo steht die CDU Armin Laschets?

In den sozialen Medien nehmen die User de Vries seine nachträglichen Erklärungen nicht ab. So schreibt ein User auf Twitter: „2/3 welches Sie nicht zur Sprache brachten & somit auch nicht leugnen konnten. Die Existenz indigener Völker haben Sie allerdings ganz offensichtlich geleugnet, laut jetziger „Klarstellung“ offenbar wider besseren Wissens?“ Eine andere Nutzerin schreibt: „Wer aber Australien und die USA als Einwanderungsland bezeichnet und Deutschland nicht, weil es dort keine „Völker gab“ der hat leider zu oft zu nah an der Wand geschaukelt und eben doch völkisch gebrabbelt. Egal was sie sich jetzt zurechtlegen.“ Und ein anderer kommentiert: „klassische Nicht-Entschuldigung à la @CDU – sich für den Eindruck, der entstanden ist entschuldigen, statt für das Gesagte. Als ob die Zuhörer*innen Schuld wären, einen falschen Eindruck bekommen zu haben.“

Und da ist ja noch das Problem in der CDU mit der Werteunion und dem Wahlkreis Suhl-Schmalkalden. Die Wähler*innen die zur Bundestagswahl im September gehen, haben ein Recht darauf zu erfahren, wes Geistes Kind die CDU von Armin Laschet ist. Ist Laschet der Herbergsvater für alle Strömungen zu denen auch verbal rechte Entgleiste in der Union zu zählen sind oder wäre es nicht Zeit für eine Abgrenzung. Seit heute ist zumindest im Bund auch wieder nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für die „Bild“ Schwarz-Grün denkbar. Auch die Grünen sollten sich die Töne die aus der CDU im Wahlkampf zu vernehmen sind, genau anhören.

Autor: red
Foto: Dieses Pressefoto stellt Christoph de Vries Medien auf seiner persönlichen Website zur Verfügung.