Metelen | Der Hof des Bauers Heiner Konert ist sechs Tage lang Zentrum des münsterländischen Anti-Atom-Protests. Rund 30 Atomkraftgegner campen seit Freitag auf dem 160 Hektar großen Hof in Metelen im Kreis Steinfurt, um von dort aus ihre Aktionen zu organisieren. Am Montag stoppten die Aktivisten einen Zug mit radioaktiv strahlendem Uran, indem sie sich in die Bäume hängten und an die Gleise ketteten. Von Dienstag bis Mittwoch blockierten sie 24 Stunden die Hauptzufahrt der Gronauer Uranfabrik.

„Wir wollten nicht nur eine symbolische Blockade“

Der 1,95 Meter große Hüne Konert ist stolz, zu diesem Erfolg beigetragen zu haben. „Bis zu 15 Polizeiautos mit jeweils zwei Personen haben sich rundum den Hof versammelt. Dazu kam eine permanente Hubschrauberüberwachung“, berichtet der 54-jährige Landwirt. „So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagt er mit fest geballter Faust. Doch einschüchtern lässt sich der 54 Jahre alte Landwirt davon nicht. „Im Gegenteil: Ich würde euch das jederzeit wieder anbieten.“ Mit seinen durch die Brillengläser glänzenden Augen blickt er dabei Cécile Lecomte und Christof Neubauer an.

Die beiden Aktivisten der Umweltschutzorganisation haben blasse Gesichter. Sie haben die Nacht in Dreibeinen aus sechs Meter langen Holzstämmen vor der Hauptzufahrt der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau verbracht. Lecomte hält sogar noch ihr nächtliches Kuscheltier, ein Eichhörnchen aus Stoff, in der Hand. Mit Schlafsäcken hatte sie sich mit Neubauer und einer anderen Aktivistin in zwei in den Baumstämmen verankerten Liegen gelegt. Sie nennt diese Konstruktion „Baumbett“. „Wir wollten nicht nur eine symbolische Blockade. Wir wollten den Betrieb auch tatsächlich stören“, fügt der Hesse Neubauer hinzu. Das sei gelungen.

Lastwagen wurde die Zufahrt zur Anlage dadurch versperrt, und sie mussten sich andere Wege in die Anlage suchen. Bereits die Nacht zuvor hatten die 30-jährige Lecomte und der 26-jährige Neubauer sich in Bäume in Metelen gehängt, um einen Zugtransport von radioaktiv strahlendem Uran von Gronau nach Frankreich zu behindern. Zwei andere Kernkraftgegner ketteten sich an die Gleise. „Es war ein voller Erfolg“, sagen Lecomte und Neubauer unisono.

„Das ganze Münsterland wurde für das Problem sensibilisiert“

Der Zug musste am Montag einen Umweg über Ahaus nehmen, sagt Lecomte. Was aber noch viel wichtiger gewesen sei: „Wir haben damit die erhoffte Dynamik erzeugt.“ Anti-Atom-Bauer Konert ergänzt: „Wir haben das ganze Münsterland für die Problematik der Gronauer Urananreicherungsanlage sensibilisiert.“ Dabei wedelt er mit seitenlangen Berichten der lokalen Presse. Als seine Frau Dette Konert dazustößt, drückt sie Lecomte so fest an sich, als sei es ihre eigene Tochter. Dabei kennt sie die Französin, die seit sieben Jahren in Lüneburg lebt, erst seit Freitag. An diesem Mittwoch nimmt sie Abschied. Die Atomgegner, die aus ganz Deutschland anreisten, kehren wieder in ihre Heimat von Gießen bis Lüneburg zurück.

„Für uns ist es ganz normal, dass wir 30 Atomkraftgegner bei uns aufnehmen“, sagt Dette Konert. Schon seit Jahrzehnten demonstriert sie mit ihrem Ehemann gegen die drei Atomanlagen in der Nachbarschaft. „Die UAA in Gronau, das Atommüll-Zwischenlager in Ahaus und das Kernkraftwerk Emsland im niedersächsischen Lingen sind verantwortungslos“, sagt der dreifache Vater Heiner Konert. „Das ungelöste Problem des Atommülls ist eine Hypothek für die nachwachsenden Generationen.“ Seinen Hof stelle er „aus Sinnverbundenheit mit den Aktivisten“ daher gerne zur Verfügung.

Bauer Konert kann Strom für ganz Metelen erzeugen

Konert organisiert seit 1998 als Versammlungsleiter Anti-Atom-Demonstrationen, arbeitet aber auch selbst daran, den Wandel von Atomstrom hin zu erneuerbaren Energien voranzubringen. Auf sechs seiner Viehställe hat er Photovoltaikanlagen installiert. Zudem besitzt er zwei eigene Windräder, eine Biogasanlage und hat Gesellschafteranteile an 37 weiteren Windrädern im Münsterland. „Damit erzeuge ich soviel Strom, dass ich die 6.500 Einwohner große Gemeinde Metelen versorgen könnte“, sagt der Landwirt.

Die Kernkraftgegner, die gegen die Uranfabrik vorgehen, die jedes zehnte Atomkraftwerk weltweit mit Uran versorgt, seien wichtig. Deshalb könnten sie auch bei künftigen Aktionen auf seine Unterstützung zählen. Auf der anderen Seite müsse es aber auch diejenigen geben, die Alternativen aufzeigen. Deshalb habe er bereits vor 21 Jahren eine Windkraftanlage gekauft, mit der er den Energiebedarf seines Hofes zum Teil decken konnte. Heute ist er Geschäftsführer eines westfälischen Windparks, der mehrere Megawatt Strom produziert.

Autor: Jean-Charles Fays/ dapd | Foto: Pay Numrich/ dapd
Foto: Banner in Gronau während einer Blockadeaktion von Atomkraftgegnern vor dem Haupteingang der Gronauer Urananreicherungsanlage