Berlin | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will den Kompromiss, der sich zwischen Autoindustrie und Politik abzeichnet, nicht hinnehmen und kündigt an, dass sie alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wolle. Der bayerische Ministerpräsident will den neuen Euro-6-Diesel fördern und die Autoindustrie glaubt nicht an Fahrverbote in den Innenstädten. In der kommenden Woche soll in Berlin der sogenannte „Diesel-Gipfel“ stattfinden, bei dem Politik und Hersteller sich an einen Tisch setzen. Umweltverbände sind nicht dabei. 

Umwelthilfe will strengere Regelung für Abgaswerte bei Dieselautos

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will den Kompromiss, der sich zwischen Autoindustrie und Politik abzeichnet, nicht hinnehmen. Danach möchten Hersteller wie Daimler, Opel und BMW die Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen so einstellen, dass sie erst ab zehn Grad Celsius wirksam wird. Dieses Vorgehen sei „unglaublich und nicht tolerabel“, kritisiert DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch, berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

Damit wäre die Abgasreinigung faktisch die Hälfte des Jahres ausgeschaltet. Gerade im Winterhalbjahr, wenn die Bürger besonders anfällig für Atemwegserkrankungen seien, würden dann „unverändert hohe Mengen der Dieselabgasgifte in die Städte fließen“. Die Nachrüstung müsse sicherstellen, dass die Abgasgrenzwerte im Realbetrieb ebenfalls eingehalten werden, und zwar auch im Winterhalbjahr bei Temperaturen von bis zu minus 15 Grad Celsius, wie es eine EU-Verordnung vorschreibt, forderte Resch.

Die DUH werde „alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“ und auch vor „kreativen Aktionen nicht zurückschrecken“, um dieses Ziel zu erreichen. Derzeit klagt die DUH in mehreren Städten auf Einhaltung der EU-Grenzwerte bei Stickoxiden, die von Dieselfahrzeugen ausgestoßen werden.

Seehofer will mit Steuererleichterungen Diesel fördern

Der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will den einbrechenden Markt für Diesel-Pkw mit Steuervergünstigungen stützen. „Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der KfZ-Steuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesel setzen würden“, sagte der CSU-Chef dem „Spiegel“. Am kommenden Mittwoch werden sich Bund, Länder und Autoindustrie treffen, um über Nachrüstung für Dieselfahrzeuge und mögliche Fahrverbote in deutschen Städten zu beraten.

Seehofer verlangte vor dem Autogipfel in Berlin die Einrichtung eines staatlichen Fonds für die Umrüstung von Taxis, Bussen und Müllautos mit Dieselmotoren, um die Stickoxidbelastung in den deutschen Innenstädten zu senken. In einen solchen Fonds könnten auch die Mittel zur Förderung der E-Mobilität fließen, die bereits zur Verfügung gestellt und nicht abgerufen worden seien, sagte Seehofer dem „Spiegel“.

Automobilindustrie rechnet nicht mit Fahrverboten

Die deutsche Autoindustrie setzt darauf, dass das jüngste Urteil zu Fahrverboten für Dieselautos keinen Bestand haben wird. „Wenn der Diesel-Gipfel in der kommenden Woche in Berlin ein überzeugendes Konzept erarbeitet, sehe ich durchaus Chancen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz zu einem anderen Ergebnis kommen könnte als Stuttgart“, sagte der Präsident des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Es gebe intelligentere Lösungen als Fahrverbote, um die Luftqualität in Städten zu verbessern.

Wissmann zufolge will die Autoindustrie der Bundesregierung und den Bundesländern beim „Diesel-Gipfel“ in der kommenden Woche anbieten, Autos der Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6 mit neuer Software für die Motoren nachzubessern. „Im Ergebnis soll das die Schadstoffe in der Luft mindestens so stark reduzieren wie Fahrverbote“, kündigte Wissmann an. Mit neuer Software lasse sich der Ausstoß von Stickoxiden im Schnitt der deutschen Fahrzeugflotte zum mindestens 25 Prozent senken, „ohne dass das Fahrzeug mehr Kraftstoff verbraucht oder sich die Leistung verändert“.

Der VDA-Präsident sagte, die Hersteller würden die Kosten für die Umrüstung übernehmen: „Für die deutschen Hersteller ist klar, die Kosten dürfen nicht an den Kunden hängen bleiben.“ Eine Nachrüstung mit neuen technischen Bauteilen sei „technisch und wirtschaftlich nicht machbar“, weil die Fahrzeuge schon zu alt seien.

Autor: dts