Berlin | Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) rückt einzelne Politiker der AfD in die Nähe des Nationalsozialismus. „Leider ist es so, dass es in dieser Partei viele Nazis gibt. Oder wie wollen wir Herrn Höcke oder Jens Maier oder manch andere dort bezeichnen?“, sagte Fischer der „Welt am Sonntag“.

Fischer, der seit seinem Ausstieg aus der aktiven Politik seit über einem Jahrzehnt als Berater tätig ist, fordert eine „harte politische Auseinandersetzung“ mit der AfD. Mit deutlichen Worten wendete sich Fischer gegen die Verbreitung eines neuen Nationalismus. Insbesondere auch den Aufstieg der AfD erklärt er mit der Verunsicherung vieler Menschen. „Was ich nicht verstehe, ist Folgendes: In Deutschland haben wir das alles doch schon einmal bis zur bitteren Neige ausgekostet. Wir haben das Dritte Reich doch erlebt! Es gibt keine Kraft in der neueren deutschen Geschichte, die Deutschland derart zerstört hat wie der radikale Nationalismus“, sagte Fischer weiter. „Und jetzt kommt dieser ganze Dreck wieder hoch.“ Es habe ein Strukturwandel stattgefunden, der auch noch weitergehen würde, und dessen Begleiterscheinung sei der neue Nationalismus.

„Man spürt, dass sich ganz offensichtlich global etwas verändert. Man möchte das, was man hat, verteidigen. Also: Zugbrücken hoch, Fenster zu, lasst uns in Ruh, Flüchtlinge, bleibt weg! Der alte Nationalismus war aggressiv, er wollte die Welt erobern, beherrschen und hat dies auch getan. Der neue Nationalismus ist von Angst getrieben. Das macht ihn nicht sympathischer. Aber es ordnet ihn entsprechend ein“, so Fischer. Mit Bezug auf die Flüchtlingskrise sagte der Grüne: „Ich habe mich gefragt, wie hätte ich entschieden, wenn ich Angela Merkel gewesen wäre. Ich hätte wie Angela Merkel entschieden.“ Ihr Fehler sei gewesen, den Eindruck von Kontrollverlust entstehen zu lassen. „An demselben Abend der Grenzöffnung hätte Merkel in den großen Fernsehstationen den Deutschen erklären müssen, wie die Lage war, was die Alternativen waren, warum sie so entschieden hat – und was sie künftig tun würde“, sagte Fischer.

Er habe nicht verstanden, warum das nicht geschehen ist. „Man muss in einer krisenhaften Situation als politische Führung dem Volk sagen, wohin das Land gehen sollte. Das hätte viel Verdruss erspart und auch Angst.“ Mit Blick auf Flüchtlingspolitik im Allgemeinen sagte er, dass sich die Grünen schon immer dafür ausgesprochen hätten, klare Regeln für Einwanderung und Asyl aufzustellen. Für ihn persönlich gelte als Grundlage des Zusammenlebens das Grundgesetz: „Wer hierherkommt, kommt in den Geltungsbereich des Grundgesetzes. Und wer hier leben will, muss sich daran halten. Bei uns sind Männer und Frauen einander gleichgestellt, und das gilt. Wir erziehen unsere Kinder nach diesem Grundsatz. Das muss man klar sagen. Jedem gegenüber, der bei uns leben will, ganz gleich, woher er kommt.“

Autor: dts