Berlin | Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, sieht mögliche arbeitsrechtliche Probleme im Fall eines sächsischen LKA-Mitarbeiters, der bei einer Pegida-Demonstration Journalisten bedrängt haben soll. „Im konkreten Fall des sächsischen Mitarbeiters könnten mögliche arbeitsrechtliche Probleme im Raum stehen, die es gegebenenfalls aufzuarbeiten gilt“, sagte Radek der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). „Er darf nach dem Mäßigungsgebot nicht einfach Parolen grölen oder fragwürdige Transparente hochhalten.“ Zudem äußerte sich ein Forscher zum Thema Rechtspopulismus besorgt.

Radek wies jedoch darauf hin, dass auch ein Tarifbeschäftigter des Landeskriminalamtes das Recht habe, seine Meinung frei zu äußern. „Ich habe keine Erkenntnisse für einen sogenannten Sachsensumpf und kein Verständnis für den Begriff `Pegizei`“, sagte Radek. Die Polizei sei ein Querschnitt der Gesellschaft.

„Solange die AfD und Pegida nicht als klar verfassungsfeindlich eingestuft sind, darf auch ein Polizeibeschäftigter Anhänger dieser Partei und Gruppierung sein, dies jedoch, vor dem Hintergrund des Mäßigungsgebots.“ Zum Einsatz der Polizei und den Äußerungen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte der Vize-Gewerkschaftschef: „Der Ministerpräsident Sachsens hat sehr früh reagiert und sich vor die Beamten gestellt. Grundsätzlich ist das zu begrüßen“, so Radek.

Aber Einsatzverläufe seien oft komplex. „Er hätte noch etwas abwarten sollen, bis der Sachverhalt weitgehend aufgeklärt wurde. Aber auch bei der sächsischen Polizei kann man durchaus von einem weniger geglückten Einsatz sprechen“, sagte Radek.

Rechtspopulismus-Forscher nach Pegida-Vorfall in Dresden besorgt

Rechtspopulismus-Forscher haben mit Sorge auf das Vorgehen der sächsischen Polizei gegen ZDF-Reporter am Rande einer Demonstration der AfD und der Pegida-Bewegung vor einer Woche in Dresden reagiert. Sie seien insbesondere wegen des Umstands besorgt, dass der Polizeieinsatz von einem Mitarbeiter des Landeskriminalamts Sachsen ausgelöst worden war, der an der Kundgebung teilgenommen hatte, berichtet das „Handelsblatt“ (Freitagsausgabe). „Dass es Verbindungen zwischen einzelnen Staatsbediensteten, auch Polizeibeamten, und rechtsradikalen Organisationen gibt, wird an diesem Fall nicht zum ersten Mal deutlich“, sagte der Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena, Matthias Quent, der Zeitung.

In Sachsen, aber auch in anderen Bundesländern, würden immer wieder einzelne Verbindungen von Staatsbediensteten zu rechtsradikalen und sogar neonazistischen Organisationen öffentlich. „Das ist auch nicht überraschend, denn ein Wesensmerkmal der radikalen Rechten ist der Hang zur Autorität, die zentral vom Staat ausgeht“, so Quent. „Außerdem wissen wir, dass rechtsextreme Einstellungen in Teilen der Bevölkerung weit verbreitet sind: Vermutlich ist das unter Staatsbediensteten nicht anders.“ Ähnlich sieht es der Berliner Extremismus-Forscher Hajo Funke.

„Dies ist kein Einzelfall mehr und zeigt, dass der Rechtsstaat in Sachsen immer wieder ins Schlingern gerät und aus der Kurve getragen wird“, sagte er dem „Handelsblatt“. Als Beispiel nannte Funke die Ereignisse in Heidenau im August 2015, wo es vor einer Flüchtlingsunterkunft zu schweren Ausschreitungen kam, die die Stadt nahe Dresden überregional in die Schlagzeilen brachten. Oder die Vorgänge in Clausnitz, wo am 18. Februar 2016 ein Mob von rund 100 Menschen einen Bus mit Flüchtlingen blockiert hatte.

Durch diese Fälle und den aktuellen Fall sieht Funke das „gewaltengeteilte demokratische System“ herausgefordert. „Also Exekutive, Legislative und nicht zuletzt die Justiz, um die rechtsstaatlichen Garantien, wie die der Pressefreiheit, lückenlos durchzusetzen“, sagte der Politik-Professor. „Dafür gilt es angesichts dieses Skandals in Sachsen bundesweit zu kämpfen.“

Auch Quent machte deutlich, dass rechtsradikale Tendenzen in staatlichen Institutionen eine Herausforderung für die Demokratie seien. „Ob Staatsbedienstete, die privat rassistischen Positionen und rechtsradikalen Organisationen nahestehen oder diese unterstützen in ihrem dienstlichen Alltag dem verfassungsmäßigen Antidiskriminierungsauftrag vorurteilsfrei nachkommen können, ist zweifelhaft“, sagte der Wissenschaftler.

Autor: dts