Berlin | aktualisiert | Eine alte Handy-Nummer der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befindet sich in NSA-Dokumenten, die der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden entwendet hat. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf Sicherheitskreise. Dieser Eintrag soll Auslöser für den aktuellen Ausspäh-Skandal sein.

Dies könnte darauf hindeuten, dass die NSA womöglich das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin längere Zeit ausspionierte. Zu diesem Schluss kommen die Experten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Bundesnachrichtendienstes (BND). Beweise für eine solche Abhöraktion liegen deutschen Behörden jedoch bislang nicht vor.

Die Rede ist lediglich von einem „verdichtetem Verdacht“. Bei dem betroffenen Handy handelt es sich nach Informationen der „Welt“ allerdings nicht um das aktuelle Modell, eine abgewandelte Version des Blackberry Z10, sondern um das Vorgängermodell des finnischen Herstellers Nokia. Letztes nutzte die Kanzlerin von Oktober 2009 bis Juli 2013.

„Merkelphone“-Hersteller: Verschlüsselung hat funktioniert

Nun hat sich auch der Chef des Handy-Sicherheitsausstatters Secusmart, Hans-Christoph Quelle, zu Wort gemeldet: Er ist überzeugt, dass die Verschlüsselung von Angela Merkels Telefon nicht von der NSA geknackt worden ist. „Wir gehen davon aus, dass die verschlüsselten Gespräche nicht mitgehört werden konnten“, sagte Quelle der „Welt“. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass unverschlüsselte Gespräche von dem Gerät mitgehört worden seien.

Das Düsseldorfer IT-Unternehmen Secusmart stellt Krypto-Chips und Software zur Verschlüsselung von Kommunikations- und Datenverkehr her. Die Technik wird unter anderem von Merkel und weiteren Regierungsmitarbeitern auf ihren Mobiltelefonen genutzt. Der Krypto-Chip ähnelt einer SD-Karte, die in das Smartphone gesteckt wird.

„Die Verschlüsselung geschieht in der SD-Karte, die ist sicherlich nicht gehackt worden“, sagte Quelle. Zwischen den Geräten sichere dann ein sogenannter VPN-Tunnel den Informationsaustausch gegen Angriffe ab. Quelle sagte, er vertraue auch deshalb der Secusmart-Technik, weil die benutzten Verschlüsselungsalgorithmen, sogenannte „elliptische Kurven“, aus Deutschland stammten.

Merkel nutzt seit einigen Wochen ein Blackberry Z10, das von Secusmart modifiziert wurde. Auf dem Gerät findet eine strikte Trennung zwischen einem offenen Bereich für private Anwendungen und einem geschlossenen Bereich für berufliche Daten und Anwendungen statt. Zuvor hatte Merkel Telefone von Nokia der 60er-Baureihe, die ebenfalls von Secusmart ausgestattet wurden.

Schutzmechanismen greifen nur, wenn beide Gesprächspartner ein entsprechend ausgestattetes Telefon verwenden. Daher kann es möglicherweise sein, dass die NSA Privatgespräche von Merkel oder Telefonate mit Parteifreunden belauscht hat. Ohnehin dürften Regierungsmitarbeiter über ihre Smartphones nur Informationen der niedrigsten Geheimhaltungsstufe („VS-nur für den Dienstgebrauch“) austauschen. Das hat das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) festgelegt. Informationen der übrigen Klassen („Streng geheim“, „Geheim“, „VS-Vertraulich“) dürften gar nicht über die Telefone kommuniziert werden.

Autor: dts