Düsseldorf | Marita Hetmeier ist Nichtraucherin und trotzdem wütend. „Im Ruhrgebiet leben nicht nur Körner pickende Müslimanen und rauchfreie Rohköstler, sondern auch Malocher, die abends gemütlich in ihrer Kneipe zum Bier eine Zigarette rauchen wollen“, sagt die 54-Jährige. Sie ist SPD-Vorsitzende in der Dortmunder Nordstadt und trotzdem eine leidenschaftliche Gegnerin des von der rot-grünen Landesregierung auf den Weg gebrachten Nichtraucherschutzgesetzes. Morgen ist der Gesetzentwurf in erster Lesung Thema im Düsseldorfer Landtag. Und weil SPD und Grüne die Mehrheit haben, zweifelt niemand daran, dass es in absehbarer Zeit vorbei sein wird mit den zahlreichen Ausnahmeregeln und Schlupflöchern beim Rauchverbot.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in NRW befürchtet dramatische Auswirkungen und rechnet mit einem „Kneipensterben“. Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig sagt: „Wir gehen davon aus, dass 3.000 Betriebe nicht mehr durchkommen.“ Dem widerspricht die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne): „Ob es einen Nichtraucherschutz gibt oder nicht: Das Freizeitverhalten ist überwiegend gerade bei der jüngeren Generation nicht mehr so, dass man sich abends nach Feierabend in eine kleine verqualmte Eckkneipe setzt und da die Zeit verbringt, bis man ins Bett geht, sondern das Freizeitverhalten der Menschen hat sich verändert – deswegen ist das Modell Eckkneipe in vielen Fällen ein Auslaufmodell.“

Wirte befürchten Umsatzeinbußen und haben Existenzangst

Auch in der Düsseldorfer Altstadt stößt der geplante strikte Nichtraucherschutz auf wenig Gegenliebe. „Das ist eine Katastrophe“, kritisiert Wirt Heinz-Gerd Steiner, der das Lokal „Zum Franz“ betreibt. Die rot-grüne Gesetzesinitiative gehe an seine Existenz, denn wenn nur 20 seiner Stammgäste wegblieben, müsse er schließen. Auch in der Kneipe „Till’s Eleven“ blickt das Wirtsehepaar Annette und Willi Helmus besorgt in die Zukunft. Sie hält die Verschärfung des Gesetzes für „Schwachsinn“. Sie hätten in ihrem Lokal das Rauchverbot für eine Woche probeweise eingeführt und das habe verheerende Folgen gehabt: „Wir hatten Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent. Das würde unser Lokal ein halbes Jahr lang überleben, dann wäre Schluss“, ist sie überzeugt.

Negativ ist auch die Prognose von Hans Georg Bruckschlegel, der in Oberhausen das Hotel Residenz und das Best Western Parkhotel mit den angeschlossenen Restaurants leitet. „Für Restaurants ist es angenehm“, räumt er ein, für klassische Eckkneipen hingegen seien die Pläne „tödlich“. Er befürchtet: „Die Leute werden sich einen Kasten Bier kaufen und in ihren Garten setzen, anstatt in die Kneipe zu gehen.“ Existenzangst hat auch Reinhard Schlingmann, der in Bielefeld in der Gaststätte „Zum Bären“ arbeitet: „Wir halten von der Gesetzesvorlage gar nichts. Rund 50 bis 60 Gaststätten in Bielefeld könnten dann dichtmachen. Und 90 Prozent der Kunden unserer kleinen Eckkneipe würden wegbleiben, wenn dieses Gesetz wirklich umgesetzt wird.“

NRW-Gesundheitsministerin hat selbst früher geraucht

Gesundheitsministerin Steffens entgegnet: „Der Gesundheitsschutz ist die Triebfeder für dieses Gesetz, der Motor.“ Und die Politikerin ergänzt: „Niemand darf in der Kneipe hingehen und ihnen in ihr Wasser einen Schnaps reinkippen, aber in vielen Kneipen darf man Ihnen den Qualm ins Gesicht blasen, das kann so nicht sein.“

Die 50-Jährige ist selbst früher Raucherin gewesen. Und teilt die Einschätzung von Marita Hetmeier aus Dortmund nicht. „Weil die Menschen im Ruhrgebiet nicht rücksichtslos sind und unsolidarisch, sondern es sind genauso Menschen, die sagen: Wir wollen zwar unsere Zigarette rauchen, aber dazu können wir auch rausgehen“, ist Steffens überzeugt.

Autor: Herbert Spies und Lukas Zdrzalek | dapd
Foto: Symbolfoto