Berlin | aktualisiert | Spitzenpolitiker der schwarz-gelben Koalition haben unterschiedlich auf die Kritik der Bundesbank an der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert. Dagegen greift die SPD die Bundesbank nach deren Kritik an der EZB an.

Koalition uneins

„Ich sehe keinen Anlass zu bezweifeln, dass die EZB im Rahmen ihres Mandats handelt, wenn sie Maßnahmen zur Euro-Stabilisierung ergreift“, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) „Handelsblatt-Online“. „Dass es intern dazu unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen gibt, ist eine Angelegenheit, die die EZB ohne Einmischung von außen regeln muss.“

Der CDU-Chefhaushälter Norbert Barthle betonte, dass die EZB alle ihre Entscheidungen in „absoluter Unabhängigkeit“ treffe. Im Übrigen habe EZB-Präsident Mario Draghi im vergangenen Jahr im Bundestag „ausdrücklich bekräftigt, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank durch Anleihekäufe am Sekundärmarkt nicht gefährdet ist“, sagte Barthle „Handelsblatt-Online“. Für mögliche Käufe im Rahmen des OMT-Programms gelte zudem „unmissverständlich die Voraussetzung, dass das Land vorher ein Hilfsprogramm des ESM bekommt und sich im Gegenzug zu Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen verpflichtet“.

Die FDP begrüßte die kritischen Anmerkungen der Bundesbank. „Die grundsätzliche Sorge vor einer expansiven Geldpolitik à la Fed und japanischer Notenbank teile ich“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Birgit Reinemund (FDP). Die Ankündigung der EZB, unbegrenzt Anleihen aufzukaufen, habe indes „glücklicherweise“ die Finanzmärkte so beruhigt, dass es bisher bei der Ankündigung geblieben sei.

„Es ist entscheidend, nach einer Krise den richtigen Zeitpunkt zu finden, um die Geldmenge wieder zurückzuführen“, betonte die FDP-Politikerin. „Das ist eine der zentralen Aufgaben der unabhängigen Notenbanken.“ Die EZB sei zwar ebenso unabhängig wie die Bundesbank, und die Bundesregierung respektiere diese Unabhängigkeit, unterstrich der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, „Handelsblatt-Online“.

Wissing sagte aber auch, dass es daher umso wichtiger sei, „dass sich die Bundesbank als deutsche Interessenvertretung innerhalb der Europäischen Zentralbank Gehör verschafft“.

SPD greift Bundesbank an

In ungewöhnlich scharfem Ton hat der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Sieling, auf die Kritik der Bundesbank an der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert. Die Stellungnahme der deutschen Notenbank für das Bundesverfassungsgericht, in der insbesondere mögliche Staatsanleihenkäufe durch die EZB kritisiert werden, sei „ein weiterer Beleg dafür, dass die Bundesbank die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat“, sagte Sieling „Handelsblatt-Online“.

„Ihre Aussagen grenzen teils an geldpolitisches Harakiri. Das ist rückwärtsgewandte Blockadepolitik, die nur Stoppschilder kennt, ohne einen einzigen konstruktiven Beitrag zur Krisenbewältigung zu leisten.“ Die Bundesbank bringt in ihrem Papier, über das das „Handelsblatt“ in seiner Freitagausgabe berichtet, die Sorge zum Ausdruck, dass die Staatsanleihenkäufe die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährden könnten. Diese sei aber eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Erfüllung ihrer Hauptaufgabe, der Wahrung eines stabilen Preisniveaus, heißt es in der 29-seitigen Stellungnahme zur Verhandlung über die Klagen gegen den Euro-Rettungsfonds ESM im Juni in Karlsruhe.

Gerade mit dem unbegrenzten Anleihenkaufprogramm OMT und dem Versprechen, alles für die Rettung der Einheitswährung zu tun, mache sich die EZB gegenüber Regierungen erpressbar, argumentiert die Bundesbank. Sieling sagte dazu, die Bundesbank konterkariere damit nicht nur die vielfältigen Anstrengungen in den Krisenstaaten. Die EZB habe zum Instrument des unbegrenzten Anleihenkaufs (OMT – Outright Monetary Purchases) greifen müssen, weil insbesondere die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jegliche durchgreifende Stabilisierung des Euro durch ihre „verantwortungslose“ Austeritätspolitik verhindert habe und damit viele Staaten gefährde.

Der jetzige Präsident der Bundesbank, Jens Weidmann, sei einer der Chefberater für diesen falschen Weg gewesen. „Wie so viele Gestrige versucht er nun über die Bundesbank seine vergangenen Fehler zu rechtfertigen“, sagte der Vize-Vorsitzende der SPD-Linken im Bundestag.

Autor: dts