Erfurt | aktualisiert | Mit gerade fünf Stimmen mehr als nötig hat sich die FDP in den Thüringer Landtag gezittert. Laut vorläufigem amtlichem Endergebnis kommen die Liberalen auf 5,0005 Prozent und nehmen fünf Sitze im Landesparlament ein. Stärkste Kraft wird die Linke mit 31,0 Prozent und 29 Sitzen. Der Tag nach der Wahl mit Stimmen aus Thüringen und der Bundespolitik.

Zweitstärkste Kraft in Thüringen wird die AfD, die auf 23,4 Prozent und 22 Sitze kommt. Erst dahinter kommt die CDU mit 21,8 Prozent und 21 Sitzen. Die SPD erreicht in Thüringen 8,2 Prozent und acht Sitze, die Grünen 5,2 Prozent und fünf Sitze.

Die Ergebnisse der kleineren Parteien: PARTEI 1,1 Prozent, Tierschutz hier 1,1 Prozent, NPD 0,5 Prozent, Graue Panther 0,5 Prozent, Gesundheitsforschung 0,5 Prozent, Piraten 0,4 Prozent, ÖDP 0,4 Prozent, MLPD 0,3 Prozent, BGE 0,2 Prozent, Direkte 0,2 Prozent, Blaue 0,1 Prozent, KPD 0,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 64,9 Prozent.

Mohring: Ergebnis der Thüringen-Wahl „nicht einfach abschütteln“

Nach dem für eine Regierungsbildung schwierigen Landtagswahlergebnis in Thüringen hat CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring eine Reaktion der Parteien in Berlin angemahnt. „Dass die politische Mitte verloren hat, gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Mohring am Montag vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Das Wahlergebnis könne niemand „einfach abschütteln“.

Die fehlende Mehrheit für die politische Mitte sei ein „bisher nie dagewesener Zustand“. Der CDU-Politiker warnte vor einem „Weiter so“. Er fügte hinzu: „Wir können nicht zulassen, dass die Spaltung dieses Landes weiter sozusagen über Thüringen hinaus geht.“

Man brauche „Verantwortung, Mut zur Entscheidung, Klarheit in den Positionen und Diskursfähigkeit“, so Mohring. „All das vermissen die Leute hier in Berlin und das spiegelt sich in den Ländern wieder.“ Ihn ärgere, dass Berlin „alles überlagert“ habe und man die eigene „gute Arbeit“ deswegen nicht umsetzen könne, sagte der CDU-Politiker weiter.

Thüringer CDU-Vize wirft Mohring Alleingang vor

Der Thüringer CDU-Chef und Spitzenkandidat Mike Mohring stößt mit seiner vorsichtigen Öffnung in Richtung Linkspartei auf massive Kritik im eigenen Landesverband. „Ich bin irritiert über die öffentlichen Gesprächsangebote in Richtung Linkspartei“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der Thüringer CDU, Mario Voigt, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben). „Ich erwarte, dass der künftige Kurs der CDU zunächst in Partei und Fraktion diskutiert wird und es keine Alleingänge gibt.“

Es sei klar, dass die CDU zu ihrer vor der Wahl vertretenen Position stehe: „Es gibt keine Koalitionen mit der Linkspartei oder der AfD. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Es darf keinen Wortbruch geben.“ Statt als Wahlverlierer Gesprächsangebote zu machen, müsse man erst „den Scherbenhaufen in der CDU aufkehren“, sagte Voigt.

Die Gründe für die Wahlniederlage lägen auch im Landesverband. „Es ist zu einfach, das Richtung Berlin zu schieben“, sagte er. Die CDU in Thüringen habe deutlich unter dem Bundestrend gelegen.

Thüringer FDP-Chef lehnt Kooperation mit Linken ab

Nach dem für eine Regierungsbildung schwierigen Landtagswahlergebnis in Thüringen hat die FDP eine Regierungskooperation mit der Linkspartei abgelehnt. „Wir sind angetreten, das rot-rot-grüne Bündnis in Thüringen zu beenden. Insofern stehen wir nicht zur Verfügung für eine wie auch immer geartete Beteiligung an dieser Regierung“, sagte FDP-Landeschef Thomas Kemmerich am Montag in Berlin.

Auch eine „Tolerierung oder andere Unterstürzung“ sehe er nicht. FDP-Bundeschef Christian Lindner sprach unterdessen von „konstruktiver Opposition“. Die FDP hatte sich am Sonntag mit gerade fünf Stimmen mehr als nötig in den Thüringer Landtag gezittert.

Laut vorläufigem amtlichem Endergebnis kommen die Liberalen auf 5,0005 Prozent und nehmen fünf Sitze im Landesparlament ein. Lindner sagte dazu: „Jede Stimme zählt. Nie war dieser Satz weiser als heute.“

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Den Livebericht von der Thüringen-Wahl 2019 am gestrigen Sonntag finden Sie hier >

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Stimmen am Montag nach der Thüringen-Wahl aus der Bundespolitik

Grünen-Fraktionschef Hofreiter wirbt für Zusammenarbeit mit Linken

Nach der Thüringen-Wahl hat der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter, an alle demokratischen Parteien appelliert, eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei nicht auszuschließen. „Es wird jetzt schwierig. Aber am Ende sind jetzt alle Demokraten gefordert, das Votum der Wählerinnen und Wähler anzunehmen“, sagte Hofreiter den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben).

„Und da kann man den Wahlsieger Bodo Ramelow nicht mit der rechtsextremen AfD gleichsetzen.“ Über das Abschneiden seiner eigenen Partei zeigte sich Hofreiter enttäuscht. „Wir haben es nicht geschafft, in die Breite der Gesellschaft vorzudringen“, sagte er. „Mich bedrückt aber noch mehr das Abschneiden der AfD mit dem Faschisten Höcke an der Spitze.“

Scharf kritisierte der Grünen-Fraktionschef die große Koalition, die „nur noch ein Trauerspiel“ biete. In der Außenpolitik hätten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Außenminister Heiko Maas die Deutschen „vor den Augen der Welt blamiert“, sagte Hofreiter mit Blick auf die Syrien-Politik. „Wir Grüne werden zu diesem Gehabe weiterhin eine optimistische und verantwortungsvolle Alternative bieten.“

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CDU-Vize Bouffier: „Keine Koalition mit den Linken“

Nach der Thüringen-Wahl hat der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier ein Bündnis mit der Linkspartei strikt abgelehnt. „Ich bleibe bei meiner Haltung: Keine Koalition mit den Linken“, sagte Hessens Ministerpräsident, der in Wiesbaden mit den Grünen regiert, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben). Die Linke war bei den Wahlen in Thüringen mit 31 Prozent stärkste Kraft geworden, kann alleine mit SPD und Grünen aber nicht noch einmal eine stabile Mehrheitsregierung bilden.

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Klingbeil: Regierungsbildung in Thüringen möglich

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil geht trotz der komplizierten Ausgangssituation nach der Landtagswahl in Thüringen davon aus, dass der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) eine Regierung bilden kann. „Es ist möglich, dort Regierungen zu bilden“, sagte Klingbeil am Montag im ARD-Morgenmagazin. Der Regierungsauftrag liege erst mal bei Ramelow.

Er glaube auch, dass Thüringen eine stabile Regierung brauche. Der SPD-Generalsekretär forderte die anderen Parteien auf, eine Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen. Darüber hinaus müssten sich „alle an einen Tisch setzen“.

Dabei müsse man dann auch „Ideologie wegwerfen“. Dies gelte vor allem für die Union und die FDP, so Klingbeil. Zum Abschneiden seiner Partei sagte er: „Ich wünsche mir natürlich andere Ergebnisse. Das war ein bitterer Abend gestern.“ Am Ende habe man aber das erlebt, was man auch in Sachsen und Brandenburg gesehen habe: „Es gibt eine enorme Polarisierung zwischen dem amtierenden Ministerpräsidenten auf der einen Seite und den Rechtsextremen von der AfD auf der anderen Seite.“ Die Menschen stellten sich dann hinter den Ministerpräsidenten, so der SPD-Politiker.

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Linken-Chef sieht nach Thüringen-Wahl „Ball bei CDU“

Nach dem für eine Regierungsbildung schwierigen Landtagswahlergebnis in Thüringen hat der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger die CDU in die Pflicht genommen. „Der Ball liegt jetzt erst einmal bei der CDU“, sagte Riexinger am Montag in der Sendung „Frühstart“ der RTL/n-tv-Redaktion. Diese habe bisher jegliche Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen, sagte Riexinger unter Verweis auf Äußerungen des CDU-Generalsekretärs Paul Ziemiak.

„Solange die CDU erklärt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken für sie gar nicht infrage kommt, müssen wir uns da ja gar keine Gedanken machen.“ Zudem sei die Linke „inhaltlich meilenweit von der CDU entfernt“. Der Bundesvorsitzende der Linken geht nicht davon aus, dass es zwingend zur einer Regierungskoalition mit eigener Parlamentsmehrheit kommt.

„Die Option einer Minderheitsregierung, wo sich Bodo Ramelow die Mehrheit jeweils vom Parlament holt, würde ich jetzt nicht einfach vom Tisch wischen“, sagte Riexinger. Das sei in anderen Ländern ein normales Modell. „In Deutschland ist das ungewohnt, aber wir erleben ja gerade in Deutschland, dass sich die Parteienlandschaft verschiebt.“

Riexinger erwartet, dass Ramelow vorerst geschäftsführend im Amt bleibt, da auch keine Mehrheit gegen den amtierenden Ministerpräsidenten absehbar sei. „Er hat zumindest mal jetzt keine Eile und muss keine Hektik verbreiten und kann zunächst einmal weitermachen“, sagte Riexinger. Für die Bundespartei seien der Zusammenhalt von Partei und Fraktion in Thüringen vorbildhaft. „Man merkt sofort, dass es, wenn wir nicht mit uns selbst beschäftigt sind, wieder aufwärts geht“, sagte Riexinger.

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Kubicki ermuntert CDU zu Bündnis mit Linken in Thüringen

Nach dem für eine Regierungsbildung schwierigen Landtagswahlergebnis in Thüringen hat FDP-Vize Wolfgang Kubicki die CDU ermuntert, ein Bündnis mit den Linken in dem Bundesland einzugehen. „Vielleicht erinnert sich die CDU in Thüringen an die Empfehlung des CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther, eine Koalition aus Linkspartei und CDU in Betracht zu ziehen“, sagte Kubicki der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe). Die FDP habe lange vor der Wahl ausgeschlossen, die Politik von Ramelow fortzusetzen.

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Ziemiak: Koalition mit Linken wäre „Gipfel der Beliebigkeit“

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat sich nach dem schwachen Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen klar gegen eine Koalition mit der Linkspartei ausgesprochen. „Es geht nicht nur um stabile Mehrheiten, sondern es geht ja auch um Überzeugungen, um Grundwerte“, sagte der CDU-Politiker am Montag der RTL/n-tv-Redaktion. „Das, was man vor der Wahl verspricht, das muss man auch nach der Wahl halten.“

Man habe es immer klar ausgeschlossen, mit den Linken zu koalieren. „Da geht es auch um Grundüberzeugung, nicht nur parlamentarische Mehrheiten und daran hat sich aus meiner Sicht nichts geändert“, so Ziemiak. Es gehe auch um Glaubwürdigkeit, es gehe um Profil und es gehe um Überzeugungen.

„Wenn wir am Ende eine Koalition machen würden mit den Linken, dann wäre das wirklich der Gipfel der Beliebigkeit“, fügte der CDU-Generalsekretär hinzu.

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CSU gegen Koalition mit Linkspartei

Die CSU hat sich in der Debatte nach der Landtagswahl in Thüringen gegen eine Koalition mit der Linkspartei ausgesprochen. „Es war richtig, dass Mike Mohring eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen hat. Wer mit Linkspartei oder AfD koaliert, begeht einen schweren Fehler“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Da dürfe es kein Wackeln geben. „Der Sündenfall war vor fünf Jahren, als SPD und Grüne sich zum Steigbügelhalter für Ramelow und die SED-Nachfolger gemacht haben – obwohl ein Bündnis der Mitte möglich war.“ Davon hätten nur „die extremen Ränder“ des Parteienspektrums profitiert.

„Es sollte jedem eine Warnung sein: Wer mit den Rändern koaliert, verliert“, so Blume. „Die Linkspartei möchte eine andere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland. Das muss aus der Mitte der Gesellschaft heraus bekämpft werden.“

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CDU-Wirtschaftsrat: Pakt mit Linken wäre „falsches Signal“

Der CDU-Wirtschaftsrat hat die Union nach dem Wahldebakel in Thüringen vor einem Pakt mit der Linkspartei gewarnt. „In Thüringen und bundesweit wäre eine Koalition mit der Linken eine grundsätzlich falsche Schlussfolgerung aus dem Wahlergebnis“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die „herbe Niederlage in Thüringen“ habe „fast ausschließlich bundespolitische Gründe“, kritisierte Steiger.

Jetzt gehe es darum, dass die CDU „keinesfalls die falschen Signale an ihre verbliebenen Wähler sendet“. Klar sei auch, dass „ein `Weiter so` in Berlin nicht möglich ist“, und zwar für keinen Partner der Großen Koalition und kein Mitglied der Bundesregierung, sagte er weiter. Schon durch die Fehlentscheidungen der Vergangenheit habe das Profil der CDU schwer gelitten, wovon die AfD profitiert habe.

„Eine Koalition mit der Linken wäre nun ein bundesweites Förderprogramm sondergleichen für Höcke & Co“, warnte Steiger. Außerdem könne die Union dann im Bundestagswahlkampf, der sehr schnell kommen könne, kaum mehr vor Rot-Rot-Grün warnen, so der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats.

Autor: dts