Berlin | Der Philosoph Richard David Precht hat den aktuellen Kurs der Grünen scharf kritisiert und ihnen in der Coronakrise ein „großes historisches Versagen“ vorgeworfen. „Die Grünen treiben unmotiviert durch die Coronakrise. Diese Krise hat den Menschen eine biologische Verletzlichkeit aufgezeigt, sie hat den Menschen verdeutlicht, dass sie ein Teil der Natur sind, dass sie von der Natur abhängen, dass sie nicht immun sind gegen die Einflüsse der Natur“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben).

Sie seien gegen das Virus genauso wenig immun wie gegen die Folgen des Klimawandels, so Precht. „Und das ist etwas, was die Grünen hätten nutzen können, um eine Verschärfung der Nachhaltigkeitsdebatte einzufordern. Aber sie haben es unterlassen.“

Als Begründung nannte Precht, dass „den meisten Spitzenpolitikern der Grünen die Posten, die nur noch ein Jahr entfernt sind, wichtiger sind als die Grundlinien ihrer Politik“. In dem Moment, in dem für die Grünen die reale Chance bestehe, tatsächlich mitzuregieren, „werden die Forderungen zahnlos und die Grundsätze der grünen Politik enorm aufgeweicht“. Der Philosoph prognostiziert, dass sich die junge Generation von der Partei abkehren werde.

„Das könnte sehr schnell passieren, weil sie als Juniorpartner einer schwarz-grünen Bundesregierung, die wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekommen werden, versagen werden, wenn sie weiter machen wie bisher. Sie werden dann massiv Wähler verlieren“, sagte Precht dem RND. Die Folge wäre, dass sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine konsequentere ökologische Partei gründen wird. „Es wird eine Abspaltung derjenigen geben, die Ökologie ernster nehmen als die Grünen.“

Autor: dts