Essen/Dortmund | Die Pläne sind ambitioniert: Für rund 110 Millionen Euro soll im Ruhrgebiet der „Radschnellweg Ruhr“ entstehen. Die „Fahrradautobahn“ quer durchs Revier soll etwa 85 Kilometern lang und sechs Meter breit werden. Genutzt werden soll der Weg vor allem von Pendlern und weniger von Freizeitradlern. Der Regionalverband Ruhr (RVR) will so den Autoverkehr entlasten und die Region für Zweiradfahrer besser erschließen. Doch die Planungen sind umstritten, vor allem aus Dortmund gab es zuletzt massive Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projekts.

RVR-Planungsdezernent Martin Tönnes (Grüne) dagegen ist von dem Konzept überzeugt: „Das Ruhrgebiet könnte mit dem Radschnellweg Ruhr eine Vorreiterrolle in Deutschland spielen und neue Wege in der Mobilitätsdiskussion eröffnen.“ Tönnes sieht den Radschnellweg vor allem als einen wichtigen Schritt in Richtung E-Mobility. „Wir erleben seit Jahren einen Boom der E-Bikes. Sie schaffen locker Geschwindigkeiten von 20 Stundenkilometern. Ein Radschnellweg könnte helfen, E-Bikes im Berufsverkehr zu etablieren.“

Eine erste Konzeptstudie beschreibt detailliert die Vorteile des Radschnellwegs. In einem Einzugsgebiet von zwei Kilometern neben der Strecke wohnen danach mehr als eine Million Menschen, knapp jeder Zweite von ihnen, so die Studie, ist erwerbstätig. Um mehr als die Hälfte, rechnet Tönnes vor, könnten sich für diese Menschen durch den Radschnellweg die Fahrtzeiten zum Arbeitsplatz verkürzen.

Widerstand gegen das Projekt

Bezahlt werden soll die „Radautobahn“ aus den Mitteln der Städte, des Landes, des Bundes und der Europäischen Union. Doch in den vergangenen Wochen ist der Widerstand gegen das Projekt gewachsen. In Dortmund, der größten Stadt des Ruhrgebiets, haben sich SPD und CDU gegen das Projekt ausgesprochen und auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD), ursprünglich ein Befürworter des Radweges, ist auf Distanz zu dem Projekt gegangen. Er will erst einmal die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie abwarten und mehr über das Verhältnis von Kosten und Nutzen erfahren. Wann die Ergebnisse vorliegen, ist derzeit noch unklar.

Der Verkehrsexperte der Dortmunder CDU, Thomas Pisula, will darauf nicht warten: „110 Millionen Euro, davon allein auf Dortmunder Stadtgebiet 37 Millionen“ seien verplant. „Wenn man Geld in den Radverkehr stecken will, kann man mehr erreichen, wenn man den Radverkehr zwischen den Stadtteilen verbessert.“ Allein für eine neue Brücke über die Emscher sollen acht Millionen Euro ausgegeben werden. Für Pisula ist das teurer Unfug: „Dort wurde gerade eine Autobahnbrücke mit Radweg an der Seite gebaut.“

Auch was die E-Bikes anbetrifft, ist der Christdemokrat skeptisch: „Die schnellen E-Bikes dürften den Radschnellweg gar nicht benutzten. Die haben ein Versicherungskennzeichen und müssen auf der Straße fahren.“

Bereits jetzt ist das Ruhrgebiet ein Eldorado für Radfahrer. Mit dem Ruhrtalradweg führt einer der schönsten Fernradwege Deutschlands durch die Region. Zahlreiche ehemalige Bahnstrecken wurden in den vergangenen Jahrzehnten zu Radwegen umgebaut und verbinden Ausflugsziele wie die Zeche Zollverein oder die Haldenlandschaften des nördlichen Reviers mit den mehr als 50 Städten des Ruhrgebiets. Rund 700 Kilometer Radwege gibt es bislang, sie sollen in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf etwa 850 Kilometer ausgebaut werden.

Autor: Stefan Laurin, dapd
Foto: Symbolfoto