Berlin | SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Nominierung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten begrüßt. „Olaf Scholz hat mit seinen großen politischen Erfahrungen in Regierung und Parlament sowie als Länderregierungschef bewiesen, dass er unser Land auch in schwierigen Zeiten führen kann“, sagte Mützenich am Montag. Mit „großer Konzentration und Reformwillen“ habe der Vizekanzler die richtigen Schwerpunkte gesetzt, damit Deutschland „sozial gerecht und wirtschaftlich stark“ bleibe.

Die SPD-Fraktion werde ihn „mit aller Kraft und Überzeugung unterstützen“, so Mützenich weiter. Der SPD-Fraktionschef war in den vergangenen Wochen auch selbst als potentieller Kanzlerkandidat gehandelt worden. Die SPD-Spitze hatte sich allerdings am Montag auf Scholz festgelegt. Nach Angaben des Finanzministers erfolgte die Nominierung durch Präsidium und Vorstand einstimmig. Er freue sich auf einen „tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team“, schrieb Scholz bei Twitter.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten der SPD nicht sofort in einen Wahlkampfmodus übergehen. „Wir regieren und das werden wir auch weiter tun“, sagte Scholz am Montagnachmittag in Berlin. „Der Wahlkampf beginnt nicht heute.“

Dennoch bereite man sich bereits gut auf die Wahlauseinandersetzung des nächsten Jahres vor. Bis dahin habe man aber noch viel zu tun, auch in der gemeinsamen Regierung mit der Union. Dieser Verpflichtung gegenüber den Bürgern stelle man sich, so Scholz.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zeigte sich erfreut darüber, dass die SPD-Gremien dem Vorschlag gefolgt sind. Die Abstimmung sei „einstimmig und ohne jede Enthaltung“ abgelaufen, sagte er. „Olaf Scholz genießt hohes Ansehen in der Bevölkerung und der Partei“, so Walter-Borjans.

Er habe maßgeblich dazu beigetragen, Deutschland gut durch die Coronakrise zu führen. Krisen meistern zu können, sei ein wichtiges Kriterium für einen Kanzlerkandidaten. „Wir sind sicher, dieses Qualitätskriterium erfüllt Olaf Scholz“, sagte der SPD-Chef.

Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken zeigte unterdessen Verständnis dafür, dass die Entscheidung pro Scholz für viele überraschend komme. Dennoch bitte man um Vertrauen, so Esken.

Altkanzler Schröder unterstützt Scholz-Kandidatur

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erhält Rückendeckung für die SPD-Kanzlerkandidatur vom früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder. „Die Nominierung von Olaf Scholz ist eine gute Entscheidung zur richtigen Zeit“, sagte Schröder dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). „Ich bin sicher, dass er ein gutes Team um sich herum bilden wird“, ergänzte Schröder, der von 1998 bis 2005 das Amt des Bundeskanzlers sowie von 1999 bis 2004 das Amt des SPD-Vorsitzenden innehatte.

Damals hatte Schröder bereits mit Scholz zusammengearbeitet, der von Oktober 2002 bis März 2004 Generalsekretär der SPD war. Die SPD-Spitze hatte sich am Montag auf Scholz als Kanzlerkandidat festgelegt. Nach Angaben des Finanzministers erfolgte die Nominierung durch Präsidium und Vorstand einstimmig.

Mattheis kritisiert Kanzlerkandidatur von Scholz

Die SPD-Politikerin Hilde Mattheis hat die Nominierung von Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD kritisiert. „Das ist kein Aufbruch in die Zukunft für die SPD, sondern eher die Reset-Taste“, sagte Mattheis dem Nachrichtenportal T-Online. „Personen sollten Inhalten folgen. Und wenn wir Rot-Rot-Grün anstreben, wie jetzt wieder betont wurde, ist Olaf Scholz nicht der erste Kandidat, der mir einfällt.“ Mit Kandidaten vom eher konservativen SPD-Flügel habe es schon bei den vergangenen Wahlen nicht funktioniert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir mit der immer gleichen Methode diesmal ein besseres Ergebnis erzielen“, sagte Mattheis, die dem Forum Demokratische Linke 21 in der SPD vorsitzt.

„Die Partei hat bei der Vorsitzwahl gegen ein Weiter-so gestimmt, und Scholz steht für die alte SPD-Politik“, kritisierte sie. Bei der anstehenden Aufgabe, ein passendes Wahlprogramm für die SPD mit einem Kandidaten Scholz zu erarbeiten, rechnet Mattheis mit Schwierigkeiten. „Als linke SPD-Politikerin wünsche ich mir natürlich linke Inhalte für das Wahlprogramm. Aber wir sind jetzt in einer Zwickmühle, weil Scholz bisher für andere Inhalte steht.“

FDP-Chef nennt SPD-Strategie „rätselhaft“

FDP-Chef Christian Lindner hat nach der Nominierung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat Zweifel an den Plänen der Sozialdemokraten geäußert. „Die SPD macht es spannend“, schrieb Lindner am Montag bei Twitter. „Gestern Koalitionsangebot an die Linke und grünes Licht für Kanzler Habeck – heute wird mit Olaf Scholz ein Kanzlerkandidat aus dem eher rechten Spektrum der Partei benannt.“

Auch wenn der Vizekanzler ein „respektabler“ Kandidat sei, erscheine die Strategie der SPD noch „rätselhaft“, so der FDP-Chef. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil antwortete direkt auf den Tweet von Lindner: „Hauptstrategie der Sozialdemokratie ist folgende: Nie weglaufen, nie vor Verantwortung drücken. Immer erst das Land. Dann die Partei.“

Autor: dts