Berlin | Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) fordert angesichts von Angriffen auf die offene Gesellschaft „verantwortliche politische Führung“. „Heute wird die liberale und offene Gesellschaft in einer Weise herausgefordert, die wohl vor 20 Jahren keiner so vorausgesehen hätte“, sagte Schäuble der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). Die Gründe dafür seien vielfältig.

„Eine Ursache mag in den neuen Kommunikationsmöglichkeiten und ihren Auswirkungen auf das repräsentative System liegen. Heute gibt es kaum eine Entscheidung mehr, die nicht auf eine breite und laute Gegnerschaft stößt, die es schwer macht, Mehrheiten für diese Entscheidungen zu finden“, so der Bundestagspräsident weiter. Es brauche „gerade heute verantwortliche politische Führung“, und diese Führung brauche „auch die Gabe zur Distanz“.

Der Parlamentspräsident sieht die Einrichtung von Newsrooms bei Parteien wie CDU, CSU und SPD sowie bei Verbänden und Unternehmen zur Verbreitung eigener Nachrichten kritisch: „Ich bin deswegen skeptisch, wenn Parteien, Ministerien, Verbände oder Unternehmen Nachrichten selbst produzieren wollen, das ist Aufgabe der Medien. Übrigens auch, die Nachrichten einzuordnen.“ In einer Welt, in der man „an der Überfülle von Informationen fast schon leidet“, sei das Gesetz der Knappheit ein hohes Gut.

„Gilt es nicht, beginnt ein Wettbewerb um Informationen, die sensationell sein müssen, damit sie überhaupt noch zur Kenntnis genommen werden“, sagte Schäuble der „Welt“. Am Ende werde es „immer aufgeregter und zugleich monotoner zugehen. Gucken Sie sich doch an, was den lieben lang Tag in den sozialen Netzwerken läuft, dort wird noch die unsinnigste Meinungsäußerung über die Maßen verstärkt“, so der CDU-Politiker weiter.

Autor: dts