Ankara | aktualisiert | Die Bundesregierung und die Türkei verhandeln über ein Abkommen, das der Türkei die Gründung von Schulen in Deutschland ermöglichen soll. Das schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitagsausgabe) unter Berufung auf das Auswärtige Amt. Das Abkommen soll den rechtlichen Rahmen für die Einrichtung von drei Schulen regeln – analog zu den drei deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir.

Als Standorte für die türkischen Schulen sind Berlin, Köln und Frankfurt am Main im Gespräch, wo jeweils viele türkische und türkeistämmige Menschen leben. Die Türkei – ebenso wie andere Staaten – darf nicht selbst als Schulträger in Erscheinung treten. Diese Rolle müssten private Vereine übernehmen.

Die Verhandlungen, an denen neben der Bundesregierung auch die für Schulen zuständigen Bundesländer beteiligt sind, laufen seit Sommer 2019. Ausgelöst wurden sie nach SZ-Informationen durch die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden ein Jahr zuvor. Das türkische Erziehungsministerium hatte diese damit begründet, dass der Schule die rechtliche Grundlage fehle. Das geplante Abkommen mit der Türkei zielt nun dem Auswärtigem Amt zufolge darauf ab, „die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir abzusichern“.

Wann die Gespräche abgeschlossen sein werden, ist noch offen. Ein Entwurf für ein Abkommen liegt den Bundesländern derzeit zur Prüfung vor. Die türkischen Schulen in Deutschland sollen dem Vernehmen nach als sogenannte Ersatzschulen betrieben werden.

So bezeichnet man Privatschulen, die zwar selbst Lehrmethoden wählen und Personal einstellen dürfen, aber Lerninhalte vermitteln, die denen in öffentlichen Schulen gleichwertig sind. Sie benötigen eine staatliche Genehmigung und unterstehen den jeweiligen Landesgesetzen. Kinder und Jugendliche können dort – anders als auf sogenannten Ergänzungsschulen – die Schulpflicht erfüllen. Ersatzschulen werden zum Großteil öffentlich finanziert. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, diese Rechtsform sei geeignet, möglichen Bedenken entgegenzuwirken, wonach die Schulen der türkischen Regierung eine Möglichkeit zur Einflussnahme auf türkische und türkeistämmige Schüler in Deutschland eröffneten. So fordert der Bundestagsabgeordnete Peter Heidt, FDP-Obmann im Ausschuss für Menschenrechte, das Auswärtige Amt müsse „sicherstellen, dass die türkischen Schulen in Deutschland nicht zum Einfallstor für Erdoðans Ideologien werden“. An den türkischen Schulen in Deutschland, sagte Heidt der „Süddeutschen Zeitung“, dürfe nichts vermittelt werden, „was unseren Interessen und freiheitlichen Werten widerspricht“. Bereits jetzt ist es der Türkei möglich, Privatschulen in Deutschland über deren Träger zu unterstützen. Das neue Abkommen, heißt es aus dem Auswärtigen Amt, solle für beide Seiten Klarheit über die Bedingungen herstellen, unter denen Privatschulen im jeweils anderen Land betrieben werden können.

Widmann-Mauz will Einhaltung kultureller Werte

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), hat mit Blick auf die Pläne zur Gründung türkischer Schulen in Deutschland die Einhaltung kultureller Werte gefordert. „Klar muss sein: Was an Schulen in Deutschland gelehrt wird, muss mit unseren Grundwerten und Gesetzen übereinstimmen“, sagte Widmann-Mauz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagsausgaben). Die Lerninhalte müssten dem entsprechen, was in öffentlichen deutschen Schulen gelehrt werde.

Auch die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) und rheinland-pfälzische Bildungsministerin, Stefanie Hubig (SPD), mahnte klare Bedingungen für die Schulgründung an. „Auch für diese Schulen muss das Recht der jeweiligen Länder gelten und die staatliche Schulaufsicht muss zuständig sein“, sagte Hubig den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Bedingungen für eine Schulgründung müssten klar formuliert sein, so die SPD-Politikerin weiter.

NRW-Bildungsministerin will klare Regeln für türkische Schulen

Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin, Yvonne Gebauer (FDP), hat klare Regeln für die Gründung türkischer Schulen in Deutschland gefordert. „Wer in Nordrhein-Westfalen Schule machen will, muss sich an die Spielregeln des NRW-Schulgesetzes halten“, sagte Gebauer der „Bild-Zeitung“. Als Land gebe man „den Rahmen und die Grenzen vor und unsere Schulaufsichtsbehörden wachen über die Einhaltung aller schulrechtlichen Standards“, so die FDP-Politikerin weiter.

Berlin und Ankara verhandelten über ein bilaterales Abkommen, das der Türkei die Gründung von Schulen in Deutschland erlauben soll, bestätigte das Auswärtige Amt. Als Standorte seien Berlin, Köln und Frankfurt am Main im Gespräch. Kritiker befürchten einen Einfluss der Erdogan-Regierung in Ankara auf die Lehrpläne der Schüler in Deutschland.

Es gebe keinen „diplomatischen Rabatt“, sagte Gebauer. Für eine mögliche türkische Schule in Köln stellte Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin klar: „Für alle Schulen – egal ob öffentlich oder privat- gilt das Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen uneingeschränkt.“ Nichts Anderes sei daher Verhandlungsgrundlage mit der Türkei.

Grundsätzlich sehe sich Nordrhein-Westfalen aber in einer „Vorreiterrolle“, Menschen gerade auch mit türkischer Herkunft bei der Pflege ihrer kulturellen Wurzeln zu unterstützen, so die FDP-Politikerin weiter. „An vielen öffentlichen Schulen des Landes wird herkunftssprachlicher Unterricht (HSU) durch landesbedienstete Lehrkräfte angeboten“, sagte Gebauer der „Bild-Zeitung“.

Autor: dts