Dessau | Deutschlands wichtigste Umweltbehörde schaltet sich mit einer Warnung in den Streit um zu hohe Schadstoffbelastungen in der Luft ein. Ihre Behörde halte eine „Diskussion über schärfere Grenzwerte“ für Feinstaub für „erforderlich“, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstagsausgabe). Aus gesundheitlicher Sicht empfehle die Weltgesundheitsorganisation (WHO) deutlich strengere Grenzwerte als derzeit gültig, sagte Krautzberger.

„Auch wir im Umweltbundesamt sehen die Risiken durch zu hohe Feinstaubkonzentrationen.“ Nach Angaben vom Freitag überarbeitet die WHO derzeit sogar ihre eigenen Leitlinien. Sie prüft dabei eine weitere Verschärfung.

Es gebe Hinweise auf Gesundheitseffekte bei noch geringeren Konzentrationen als bisher gedacht, teilte die Behörde mit. Führende deutsche Forscher hatten der Bundesregierung diese Woche „nachdrücklich“ empfohlen, die Belastung der Menschen zu reduzieren. Feinstaub sei gefährlicher als Stickoxide, die derzeit für Fahrverbote sorgen, urteilte die Nationale Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) in einer Stellungnahme.

Er verursache Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Lungenkrebs, Diabetes. Die Grenzwerte der EU für Feinstaub hält Deutschland in der Regel ein. Allerdings liegen sie schon jetzt etwa doppelt so hoch, wie von der WHO empfohlen.

Eine lange und hohe Feinstaubbelastung hat Forschern zufolge massive Folgen für die Bevölkerung. In Europa steigt die Sterblichkeit durch viel Feinstaub laut Leopoldina um sieben Prozent. Der Forscher Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, hat berechnet, was die Gefahr aus der Luft für den Einzelnen bedeutet. „Wir schätzen die Verringerung der Lebenszeit durch Luftschadstoffe in Deutschland auf 2,4 Lebensjahre“, sagt er. Davon gingen 20 Prozent auf das Konto des Verkehrs. Feinstaub entsteht bei Verbrennungsprozessen in Kraftwerken, Autos oder Holzkaminen, aber auch auf Baustellen oder durch den Abrieb von Reifen und Bremsen. Jährlich werden in Deutschland rund 100.000 Tonnen Feinstaub ausgestoßen.

Autor: dts