Berlin | Im Plagiatsstreit mit der Universität Düsseldorf erhält Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) Unterstützung aus den eigenen Reihen. Sie selbst wies die Vorwürfe am Wochenende erneut zurück. Eine Mehrheit der Deutschen wäre im Fall einer Aberkennung des Doktortitels für einen Rücktritt Schavans als Ministerin.

Schavan steht wegen ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit „Person und Gewissen“ in der Kritik. Ein anonymer Blogger hatte ihr im Frühjahr 2012 vorgeworfen, an mehreren Stellen der Doktorarbeit abgeschrieben und Quellen nicht genannt zu haben. Am vergangenen Dienstag leitete der Rat der Philosophischen Fakultät an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein förmliches Prüfverfahren ein. An dessen Ende könnte die Aberkennung des Doktortitels stehen.

Die 57-jährige Ministerin bestreitet vehement, abgeschrieben oder Quellen nicht korrekt zitiert zu haben. Am 5. Februar tritt der Fakultätsrat der Universität Düsseldorf erneut zusammen.

Schavan kämpft

Schavan selbst äußerte sich am Wochenende in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“: „Selbstverständlich habe ich weder getäuscht noch abgeschrieben.“ Zu ihrer Gemütslage sagte sie, es gehe ihr „sehr gut. Klar ist, dass mich das Thema seit acht Monaten beschäftigt. Ich bin innerlich ganz fest“.

Gegenüber der „Bild am Sonntag“ sagte sie bei ihrer Wiederaufstellung als Bundestagskandidatin des Alb-Ulm-Donaukreises am Freitagabend in Ulm: „Der Vorwurf der Täuschung trifft mich ins Mark.“ Ihr Kreisverband gab ihr Rückhalt und nominierte sie mit 96 Prozent der Stimmen. Einen Gegenkandidaten gab es nicht, nach ihrer Wahl gab es stehende Ovationen. Vor vier Jahren musste sich Schavan noch gegen vier Gegenkandidaten durchsetzen, mit knappen 57 Prozent.

CSU-Chef Horst Seehofer kritisierte das Verfahren der Universität Düsseldorf am Wochenende scharf. Der bayerische Ministerpräsident sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich halte das Verfahren der Universität Düsseldorf gegen Frau Schavan für in hohem Maße unfair. Die Universität muss es jetzt schnell abschließen.“

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) stärkte seiner Parteifreundin den Rücken. „Annette Schavan hat unser volles Vertrauen“, sagte Kauder der „Welt am Sonntag“ und betonte, es sei keine abschließende Entscheidung gefallen. Kritikern aus der CSU hielt der CDU-Politiker entgegen: „In der Union sollten wir stets miteinander wie Freunde und nicht wie Gegner umgehen.“

Kauder sagte weiter, er unterstütze die Forderung, dass die Universität ein externes Gutachten einholen sollte. „Die Universität würde sich selbst den Gefallen tun, externen Sachverstand einzubeziehen.“ Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält bislang zu ihrer Vertrauten. Merkel habe weiter „volles Vertrauen“ in Schavans Arbeit als Ministerin, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert am vergangenen Mittwoch gesagt.

Mehrheit für Rücktritt bei Aberkennung des Doktortitels

62 Prozent der Bundesbürger sprechen sich für einen Rücktritt der Bildungsministerin bei einer Aberkennung ihres Doktortitels aus. Das ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus“. 34 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, die CDU-Politikerin kann auch dann im Amt bleiben, wenn sich die Vorwürfe wegen ihrer Doktorarbeit bestätigen sollten.

39 Prozent der Bundesbürger sind der Ansicht, dass Schavan schon jetzt ihr Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen lassen sollte. Eine deutliche Mehrheit von 56 Prozent hält dies nicht für notwendig. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid befragte rund 1.000 Personen.

Der emeritierte Juraprofessor George Turner ergriff Partei für Schavan. „Nicht nur die Doktorandin, sondern auch der Doktorvater war überfordert“, betont der ehemalige Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz in einem Kommentar für den „Spiegel“. Laut Turner lenkt die Prominenz der Autorin vom wahren Missstand ab, nämlich der „Wissenschaftsaufblähung“ an Universitäten in den 60er und 70er Jahren.

Turner wirft der Universität Düsseldorf vor, sie habe damals Professoren „hochbefördert“, die mit der Betreuung von Doktoranden „überfordert“ gewesen seien. An Schavans mangelhaftem Zitierstil seien sowohl ihr Doktorvater als auch die Universität Düsseldorf schuld.

Autor: Kerstin Münstermann, dapd