Berlin | aktualisiert | Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat bei den vertraulichen Haushaltsverhandlungen mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen Mehrbedarf von zwölf Milliarden Euro für die gesamte Wahlperiode angemeldet. Für das Jahr 2019 forderte von der Leyen drei Milliarden Euro zusätzlich für Rüstungsprojekte und Investitionen, schreibt die „Bild am Sonntag“. In den Eckpunkten für 2019 hat Scholz aber lediglich 1,7 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung und Investitionen bewilligt.

Für 2020 meldete das Verteidigungsministerium einen Mehrbedarf von vier Milliarden Euro an, für 2021 von fünf Milliarden. Der Finanzplan von Scholz sieht bis 2021 lediglich eine Steigerung des Wehretats von 5,5 Milliarden Euro vor. Von der Leyen will bei den anstehenden Haushaltsberatungen mit dem Stopp eines internationalen Rüstungsprojektes drohen, falls die Verteidigungsausgaben nicht signifikant aufgestockt werden.

Aus Ministeriumskreisen wird die Summe von einer Milliarde Euro für 2019 genannt. Das Verteidigungsministerium hat eine Streichliste von Rüstungsprojekten erarbeitet. Auf Platz 1 steht nach Informationen der „Bild am Sonntag“ die U-Boot-Kooperation.

Norwegen will im nächsten Jahr vier deutsche U-Boote für 4,3 Milliarden Euro bei ThyssenKrupp kaufen. Im Gegenzug ordert die deutsche Marine zwei baugleiche Schiffe und bestellt die dafür benötigten Lenkflugkörper bei den Norwegern. Ein mögliches Aus dieses Projektes soll die Chefhaushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), und der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs, unter Druck setzen.

Beide Politiker haben ihre Wahlkreise in Norddeutschland, sind Unterstützer der deutschen Werften. Auf Platz zwei der Streichliste steht der Kauf von sechs Transportflugzeugen C-130 Hercules. Sie sollen mit vier französischen Maschinen auf dem Fligerhorst in der Normandie stationiert werden und eine gemeinsame Fliegerstaffel bilden.

Linke kritisiert Milliardenforderung für Rüstungsvorhaben

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gesine Lötzsch, hat die am Sonntag bekannt gewordenen Forderungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für zusätzliche Milliarden für die Bundeswehr scharf kritisiert. „Die Forderungen von Ursula von der Leyen sind ein peinlicher Kniefall vor Donald Trump und ein Anbiedern bei der Rüstungsindustrie“, sagte Lötzsch dem „Kölner Stadtanzeiger“ (Montagsausgabe). „Dabei ist die Rüstungsindustrie seit Jahren eine der größten Geldvernichtungsmaschinen. Man denke nur an Flugzeuge, die nicht fliegen“, so Lötzsch weiter. „Statt Aufrüstung brauchen wir mehr Diplomatie“, forderte die Linken-Politikerin.

SPD-Chefhaushälter weist von der Leyens Nachforderungen zurück

Der Chefhaushälter der SPD im Bundestag, Johannes Kahrs, hat Forderungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach deutlich mehr Geld für die Bundeswehr zurückgewiesen. Das von der Union geführte Ministerium sei aufgrund struktureller Mängel seit Jahren nicht in der Lage, die zur Verfügung stehenden Gelder überhaupt auszugeben, sagte Kahrs den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). So habe das Verteidigungsministerium eine Milliarde Euro aus dem Haushalt 2017 zurückgegeben: „Das Kernproblem ist, dass das Ministerium große Probleme hat, irgendetwas über die Rampe zu bekommen. Das zeigt sich leider am schlechten Zustand der Bundeswehr.“ Von der Leyen habe trotz gegenteiliger Ankündigungen die Beschaffungsmängel nicht abstellen können. „Das soll sie erst einmal in den Griff bekommen. Dann können wir über mehr Geld reden“, sagte Kahrs. „Die Bundeswehr hat kein Finanzierungsproblem, sondern ein gravierendes Strukturproblem.“ Im zuständigen Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz seien viele Stellen nicht besetzt, die Hoffnungen, mit externen Unternehmensberatern die Probleme rasch zu lösen, hätten sich nicht erfüllt, die organisatorische Trennung der Bereiche Haushalt und Rüstung im Ministerium sei ein Fehler gewesen.

„Das ist alles hausgemachtes Elend“, kritisierte Kahrs. „Ich wäre der glücklichste Mensch der Welt, wenn die U-Boote, die Kampfpanzer und die Flugzeuge wieder voll einsatzbereit wären. Dafür muss sich im Hause von der Leyen aber viel ändern.“

Nach dem Entwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für den Haushalt 2018 und die mittelfristige Finanzplanung soll der Verteidigungsetat von derzeit 36,93 Milliarden Euro (2017) bis 2021 auf 43,87 Milliarden Euro aufgestockt werden. Von der Leyen pocht auf weitere Milliarden. Eine von US-Präsident Donald Trump geforderte Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben auf das von den Nato-Staaten bis 2024 angestrebte Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung hält Kahrs für unbezahlbar. „Um das zu erreichen, müsste in wenigen Jahren der Verteidigungsetat von 38 Milliarden Euro auf 76 bis 78 Milliarden Euro erhöht werden. Das wären fast 40 Milliarden Euro mehr, jedes Jahr.“ Kein künftiger Haushalt würde das verkraften, ohne bei Bildung, Infrastruktur oder Entwicklungshilfe massiv den Rotstift anzusetzen. Das sei mit der SPD nicht zu machen. „Die schwarze Null im Haushalt und das Zwei-Prozent-Ziel schließen sich praktisch aus. Das ist eine Lebenslüge der Union.“ Deutschland erreicht beim Nato-Ziel knapp 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Autor: dts
Foto: Symbolbild U-Boot