Düsseldorf | Reiche und Vermögende sollen nach dem Willen der SPD wieder stärker zur Kasse gebeten werden. Über den Bundesrat wollen die SPD-geführten Bundesländer nach der Sommerpause eine Initiative zur Wiedereinführung der Vermögensteuer starten. Doch wie reich sind die Deutschen überhaupt nd wie werden sie derzeit besteuert? Sieben Fragen und Antworten zu Deutschland und seinen Reichen.

Im Auftrag der SPD-geführten Bundesländer haben NRW, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hamburg erste Eckpunkte für die Wiedereinführung der seit 1997 ausgesetzten Vermögensteuer erarbeitet. Ab einem Reichtum von zwei Millionen Euro soll der Fiskus demnach einen Beitrag von einem Prozent pro Jahr einziehen – bei Ehepaaren liegt die Grenze bei vier Millionen Euro. Dies gab NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) heute bekannt. Laut ihm ist der Freibetrag bewusst hoch angesetzt. „Es geht ausdrücklich nicht um Omas Häuschen und das Sparbuch der Enkel“, sagte der SPD-Politiker. Nur wirkliche Großvermögen sollten angezapft werden. Deutschlandweit wären rund 140.000 Menschen von der Vermögensteuer betroffen.

Was die Steuer dem Fiskus an Extraeinnahmen bringen könnte, haben die SPD-Länder vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung errechnen lassen. Vorsichtige Prognosen gehen demnach von 11,5 Milliarden Euro aus, die jährlich in die Kassen der Länder flössen. Laut Walter-Borjans sind dabei schon etwaige Abwanderungen von Reichen ins Ausland eingerechnet. Allein Nordrhein-Westfalen könnte sich über 3,5 Milliarden Euro zusätzlich freuen. Auch wenn nach dem Länderfinanzausgleich nur noch 2,5 Milliarden Euro übrig blieben, könnte das hoch verschuldete Land seine jährliche Neuverschuldung damit deutlich senken und einem ausgeglichenen Haushalt einen großen Schritt näherkommen.

Überbelastung von Reichen ein „schiefes Bild“

Dass die Reichen im Land stärker an der Haushaltskonsolidierung beteiligt werden, hält Walter-Borjans für gerecht. „Ein überschuldeter Staat wird nicht nur seiner sozialen Verantwortung nicht gerecht, er erschwert auf Dauer auch die Bildung und den Erhalt von privaten Vermögenswerten“, sagte der Sozialdemokrat. Allein das private Geldvermögen sei in Deutschland zwischen 2001 und 2011 über 30 Prozent angewachsen und liege bei 4,7 Billionen Euro. Und das Reiche schon jetzt übermäßig viele Steuern zahlten, sei ein „schiefes Bild“. Zwar sei es richtig, dass zehn Prozent der Bevölkerung die Hälfte der Steuern zahlten. Dieses obere Zehntel erziele aber auch 40 Prozent der Einkommen, rechnete der NRW-Finanzminister vor und fügte hinzu: „Wir sind kein Hochsteuerland, das war mal so.“

Auf dem Papier gibt es die Vermögensteuer zwar noch, sie ist jedoch seit 1997 ausgesetzt, da das Bundesverfassungsgericht sie in ihrer damaligen Form für verfassungswidrig erklärte. Erst in der vergangenen Woche hatte ein Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und weiteren Organisationen eine deutlich stärkere Steuerbelastung für Reiche und Vermögende verlangt. In den Reihen der schwarz-gelben Regierungskoalition war der Vorstoß auf schroffe Ablehnung gestoßen.

7 Fragen und Antworten

Wie reich sind die Deutschen?
Das Geldvermögen der privaten Haushalte lag im Jahr 2011 bei gut 4,5 Billionen Euro – etwa 150 Milliarden mehr als im Vorjahr. Gewachsen ist allerdings auch der Schuldenberg der Privatleute: Sie standen 2011 mit gut 1,5 Billionen Euro in der Kreide. Das ergaben Berechnungen der Bundesbank. Zum Vergleich: Der Staat nahm 2011 insgesamt 527 Milliarden Euro an Steuern ein, der Bund brauchte im gleichen Zeitraum 17,3 Milliarden Euro an frischen Krediten.

Wie viele Top-Verdiener gibt es hierzulande?
Die neueste Zahl des Statistischen Bundesamtes beschreibt das Jahr 2007. Damals lebten in Deutschland 16.846 Einkommensmillionäre. Das heißt, sie hatten als Einzelperson oder als Ehepaar mindestens eine Million Euro an steuerpflichtigem Einkommen innerhalb eines Kalenderjahres. Im Durchschnitt verdienten sie jeweils 3,1 Millionen Euro und mussten 1,1 Millionen Euro Einkommensteuer zahlen.

Wie werden die Reichen besteuert?
Der Höchstsatz in der Einkommensteuer wurde seit den 1990er-Jahren mehrmals gesenkt und liegt heute bei 42 Prozent. Er wird fällig, sobald ein Alleinstehender 52.882 Euro im Jahr verdient, bei Ehepaaren liegt die Schwelle bei einem gemeinsamen Einkommen von mindestens 105.764 Euro. Über dem eigentlichen Spitzensteuersatz gibt es noch eine weitere Stufe, die sogenannte Reichensteuer. Sie wird fällig, wenn jemand mehr als 250.730 Euro im Jahr verdient, bei Ehepaaren gilt entsprechend der doppelte Betrag. Die Einkommensteuer beträgt dann 45 Prozent.

Wie viele Menschen verdienen denn so viel?
Im Jahr 2007 gab es knapp 35.000 Alleinstehende, die mindestens 250.002 Euro versteuern mussten. Zudem gab es knapp 34.000 Ehepaare, die mindestens 500.004 Euro steuerpflichtiges Einkommen hatten.

Und was ist mit der Vermögensteuer?
Die gibt es auf dem Papier zwar noch, sie ist jedoch seit 1997 ausgesetzt, da das Bundesverfassungsgericht sie in ihrer damaligen Form für verfassungswidrig erklärte. Vorher mussten Privatleute jedes Jahr ein Prozent ihres Vermögens abgeben. Dabei galt ein Freibetrag von 120.000 D-Mark (gut 61.000 Euro) für Alleinstehende und 240.000 D-Mark (knapp 123.000 Euro) für Ehepaare. Zusätzlich gab es Kinderfreibeträge. Die Einnahmen gingen an die Bundesländer.

Ist eine Wiedereinführung geplant?
Zumindest nicht von der Bundesregierung. Schwarz-Gelb weist Forderungen nach einer stärkeren Belastung von Reichen und Top-Verdienern grundsätzlich zurück.

Und was will die Opposition?
SPD, Linke und Grüne wollen wohlhabende Bürger stärker zur Kasse bitten. Alle drei Parteien wollen die Vermögensteuer zurückbringen oder zumindest eine Abgabe auf hohe Vermögen für einen vorher festgelegten Zeitraum erheben. Außerdem will die Opposition den Spitzensteuersatz heraufsetzen. Im Linke-Parteiprogramm etwa wird eine „kräftige Anhebung“ verlangt. Die Sozialdemokraten wollen den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent erhöhen. Den gleichen Plan verfolgen die Grünen, allerdings soll bei ihnen der Höchstsatz etwas früher greifen als im SPD-Konzept.

Autor: Christian Wolf/ dapd