Köln | Es ist ein Samstag Morgen auf der riesigen Platzfläche des Autokinos in Köln-Porz-Eil. Es ist Markttag. Viele Stände mit Trödelwaren von alten Bohrmaschinen, Herden bis Flachbildfernsehern oder Batterien, Smartphoneschutzhüllen, einer sogar mit Messern, Kleidung und Stände mit Lebensmitteln, vorrangig Obst und Gemüse. Mit letzterem Angebot soll nun bald Schluss sein, wenn es nach der Porzer Bezirksvertretung und der Verwaltungsvorlage im Stadtentwicklungsausschuss geht, denn dort befürchtet die Politik einen Kannibalisierungseffekt für die neue Porzer Mitte, wenn dort nach Abriss des Hertie-Kaufhauses die Neubelebung erfolgen soll. Ein Grund den Markt genauer zu betrachten und dies hat report-K heute Morgen getan.


Mehr Trödel als Lebensmittelmarkt

Ein riesiger Trödelmarkt von A-Z

Das Angebot ist bunt gemischt, dabei überwiegen die Trödelangebote mit einem sehr breiten Angebot. Es gibt vom gebrauchten Elektroherd, bis zur Bohrmaschine, Autoreifen, Kinderspielzeug fast Alles. Manches ist in einem erbärmlichen Zustand, andere Dinge wiederum, etwa Flachbildfernseher, werden an den Verkaufsständen noch auf Hochglanz poliert. Wieder andere bieten Neuware an, vor allem im Bekleidungsbereich. Da gibt es Boxershorts für den Herrn ab einem Euro, günstige BH´s für die Dame, ein Paar Strümpfe für 0,50 Euro. Batterien und vor allem Smartphonehüllen in Hülle und Fülle. Ein Stand bietet sogar Militaria an und auch Kinderspielzeug ist breit vertreten. Wer sich an die Boomphase der Ein-Euro-Läden erinnert, der fühlt sich an die Sortimente erinnert. Kurzum man bekommt viel, für wenig Geld. An einigen wenigen Ständen gibt es auch Dinge des alltäglichen Bedarfs wie No-Name-Putzmittel bis zur Klobürste für weniger als einen Euro. Und auch Schuhe gibt es von Second Hand Glitzerpumps bis günstige Kinderschuhe.


Vor allem Obst und Gemüse bestimmen das Lebensmittelangebot auf dem Wochenmarkt des Autokinos

Kein Lebensmittelvollsortiment

Und es gibt Lebensmittel. Darüber gibt es in der Kölner Politik Streit und der Stadtrat will den Verkauf von Lebensmitteln untersagen. Aber was gibt es für Lebensmittel dort? Es gibt sehr viel Obst und Gemüse. Bergeweise Orangen, Äpfel, Brokkoli, Blumenkohl, Tomaten, Mandarinen, Paprika oder Gurken um einige zu nennen. Die Preise sind sehr niedrig, ein Kilo Bananen oder Tomaten etwa kosteten heute ein Euro, um nur zwei Beispiele zu nennen. Daneben gibt es Fleisch- und Wurstprodukte, an einem Stand türkisches Fladenbrot. Trockenfrüchte, Nüsse oder Süssigkeiten runden das Angebot ab. Auch hier findet man nur sehr selten Markenprodukte.

Es gibt keine Frischeprodukte wie Milch, Öle oder Fette, Mehl, Zucker und auch Getränke sind nicht auf den ersten Blick im Angebot. Es gibt also kein Vollsortiment. Wer mit Händler spricht und deren Vorbereitungen beobachtet dem ist klar, dass es sich hier um Waren handelt, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums liegen. Da werden an den Ständen noch Orangen aussortiert, die nicht mehr gut sind.

Wer kauft dort ein?

Die Menschen die den Markt besuchen, haben nicht besonders viel Geld, viele leben von Hartz IV oder haben große Familien. Das hört, wer nachfragt. Sie kommen mit Trollies, es sind Senioren, es sind große Familien. Natürlich gilt das nicht für alle die dort einkaufen, es gibt auch die Centfuchser, also die Schnäppchenjäger. Die KVB-Busse spucken immer wieder Menschen aus dem gesamten Rechtsrheinischen aus, viele kommen auch aus angrenzenden Stadtteilen.

Darüber diskutiert die Politik

Am 15. März wird der Markt Thema im Kölner Stadtentwicklungsausschuss. Die städtische Verwaltung will den Bebauungsplan so ändern, dass „nahversorgende und zentrenlevante Handelsnutzungen“, also der Handel mit Lebensmitteln unterbunden wird. Der Stadtentwicklungsausschuss berät das Thema, weil die Bezirksvertretung Porz am 26. September 2017 beschloss, den Lebensmittelhandel auf dem Gelände des Porzer Autokinos zu unterbinden. Dieser Beschluss wurde auf Antrag der CDU in der Bezirksvertretung herbeigeführt, SPD und Linke enthielten sich damals. Die Politik will damit das seit 2013 geltende Einzelhandels- und Zentrenkonzept umsetzen und vor allem das in der Entwicklung befindliche Zentrum Porz-Mitte stärken. Die Vorlage zur Beschlussfassung ist aus Sicht der Stadtentwicklung sicher schlüssig, allerdings beschäftigt sie sich nicht mit den sozialen Auswirkungen eines Verbots. Hier springt die Vorlage zu kurz. 115.000 Menschen lebten 2015 in Köln von Hartz IV. Menschen die wenig Geld für Einkäufe haben und für die formuliert der Markt ein Angebot.

Soziale Auswirkungen müssten untersucht werden

„Das Sortiment umfasst in weiten Teilen nahversorgungs- und zentrenrelevante Waren, die den Steuerungsregeln des am 17.12.2013 beschlossenen Einzelhandels- und Zentrenkonzepts widersprechen. Ziel ist es, die Nahversorgungsfunktion im Bezirkszentrum Porz zu stärken und den zentralen Versorgungsbereich in seiner Leistungsfähigkeit zu unterstützen“, heißt es in der Begründung der Verwaltung. Ist der Käufer eines Kilos Bananen, mit leichten braunen Flecken, die in einem schnieken Einzelhandelsmarkt aussortiert werden, wirklich eine Konkurrenz für das Shopping-Erlebnis in der neuen Porzer Mitte? Zu den sozialen Auswirkungen steht in der Beschlussvorlage der Kölner Stadtverwaltung nichts, sie werden auch erst gar nicht untersucht. Dabei wäre dies ein klassisches Querschnittsthema.

Auch das Thema Lebensmittelverschwendung sollte bedacht werden

Supermärkte entsorgen tonnenweise Lebensmittel in Deutschland. Noch 2011 schätzten Experten, dass in Deuschland rund 20 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden und Supermärkte sind daran nicht unbeteiligt. Und 2015 stellte eine WWF-Studie fest, dass sich die Situation nicht geändert hat, weil der Verbraucher sein Verhalten nicht ändert. 2015 waren es nach dem WWF noch 18,4 Millionen Tonnen Lebensmittel, die im Müll landeten. Der Porzer Autokinomarkt reduziert die Mengen, denn er verkauft zum Teil die Lebensmittel, die in den glitzernden Innenstadtshoppingmalls oder Erlebnissupermärkten mit Kühlbedampfung nicht mehr verkäuflich sind, glaubt man den Aussagen der Händler.

Sollen die Menschen zur Tafel, wenn der Markt geschlossen wird?

Der Markt in Porz ist für Menschen mit wenig Geld, eine Möglichkeit sich mit einigen Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken. Nicht jeder, der auf den Autokinomarkt kommt, wird in Porz-Mitte einkaufen und sich dort Gemüse und Obst kaufen und leisten können. Für die wird dann der Gang zur Tafel zur Qual der Wahl, anstatt frei bestimmt einkaufen zu können. Dazu kommt, dass der Betreiber des Marktes und des Autokinos Medien gegenüber zu erkennen gegeben hat, dass ohne die Märkte auch das Autokino in seiner Existenz gefährdet sei. Das Autokino in Köln Porz gibt es seit 1967. Den höchsten Stand an Autokinos gab es in Deutschland 1971 mit 40 Angeboten. Heute gibt es in Gesamtdeutschland noch 21 Autokinos.

Bei der Entscheidung am 15. März durch den Stadtentwicklungsausschuss, der diese schon einmal vertagte, geht es neben Stadtentwicklungskonzepten auch um soziale und wenn man so will beim Autokino auch um kulturelle Fragen, die wenigstens die Politik analysieren, einordnen und bewerten sollte, bevor es zu einer Entscheidung kommt.

Autor: Andi Goral
Foto: Günstiges Gemüse ist ein Angebot auf dem Markt in Porz Eil