Köln | aktualisiert 15:41 Uhr, 17:17 Uhr | Die Bundesregierung stoppt die geplante Einführung eines Nachtflugverbots für Passagierflüge am Flughafen Köln/Bonn. Dies sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. NRW-Verkehrsminister Groschek will das Nachtflugverbot langfristig dennoch nicht aufgeben. Geprüft werden soll auch, welche Klagemöglichkeiten das Land habe.

„Schlag ins Gesicht der Anwohner“

Das Vorgehen der Landesregierung sei „rechtswidrig“. Deshalb könne das Bundesministerium der geplanten Betriebsbeschränkung des Flughafens „nicht zustimmen“, heißt in einem Schreiben des Bundes an das Düsseldorfer Ministerium. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek informierte heute das nordrhein-westfälische Kabinett über die Entscheidung des Bundesministers. „„Wir haben gekämpft und verloren; Bundesrecht bricht Landesrecht. Das heißt nicht, dass wir das Ziel ‚Nachtflugverbot für Passagierflüge’ langfristig aufgeben. Vorerst versuchen wir in enger Zusammenarbeit mit dem Flughafen, den nächtlichen Lärm zu reduzieren““, sagte Minister Groschek.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Landesumweltministerium, Horst Becker, erklärte, die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sei ein „Schlag ins Gesicht der Anwohner“ des Flughafens. „Die Behauptung, das Land habe sich nicht ausreichend mit den Argumenten des Bundes oder gar des Flughafens auseinandergesetzt, ist absurd“, betonte Becker. Nun werde geprüft, welche Klagemöglichkeiten das Land in dieser Angelegenheit habe.

Stimmen aus Köln

Jochen Ott, Vorsitzender der Kölner SPD: „Die Kölner SPD hat die Frage der Zuständigkeiten und der damit verbundenen fehlenden Rechtssicherheit für alle Akteure immer kritisch gesehen und daher von Anfang an gefordert, dass das Bundesverkehrsministerium seiner Aufsichtspflicht nachkommen sollte, da dies eigentlich der rechtlich richtige Weg gewesen ist. Hätte das Ministerium früher auf unsere Bedenken reagiert und nicht versucht, uns in Wahlkampfzeiten den schwarzen Peter zuzuschieben, hätten wir bereits früher Klarheit für die Anwohner auf der einen und die Beschäftigten des Flughafens auf der anderen Seite erwirken können. Wir können uns eine langwierige Rechtsdebatte nicht leisten, fondern müssen versuchen konkrete Verbesserungen für beide Seiten zu erreichen. Die Mitarbeiter des Flughafens müssen Klarheit über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze erhalten, denn der Flughafen ist ein wichtiger Arbeitgeber für die gesamte Region. Zum anderen müssen wir Schritt für Schritt auch die Lärmbelastung für die Anwohner reduzieren, indem durch wirtschaftliche Anreize an die Fluggesellschaften modernere Maschinen für den Köln/Bonner Frachtflugverkehr eingesetzt werden. Hierzu müssen beide Seiten an einem Tisch bleiben!“

Arndt Klocke, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW: „Das Berliner Verkehrsministerium berücksichtigt in seiner schriftlichen Begründung nicht die aktuelle Rechtsprechung des EuGH, die festgestellt, dass die zuständigen Behörden diese rechtlichen Rahmenbedingungen festsetzen können. Minister Ramsauer, der noch zu Jahresbeginn erklärt hatte, „dass es richtig sei, dass die Bundesländer vor Ort festlegen, welche Betriebszeiten an Flughäfen zulässig sind“, hält seine Ankündigung nicht ein, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger wirksam vor nächtlicher Lärmbelastung zu schützen. Damit trifft die von uns im Frühjahr geäußerte Vermutung ein, dass die Bundesregierung dieses Thema bewusst hinter die NRW-Landtagswahl ziehen will, um es dann abschlägig zu entscheiden. Damit wird dieses Thema zu einer der wichtigen politischen Auseinandersetzung für die Region im Bundestagswahlkampf 2013. Über ein Passagier-Nachtflugverbot am Köln/Bonner Flughafen entscheiden nun die Wählerinnen und Wähler im September 2013.“

Ursula Heinen-Esser, MdB und Parlamentarische Staatssekretärin beim Umwelt-Bundesminister, Elisabeth Winkelmeier-Becker, MdB, Norbert Röttgen, MdB, der CDU: „Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass sich der Bundesverkehrsminister gegen das Nachtflugverbot für Passagiermaschinen stellt. Das ändert nichts daran, dass die Landesregierung, nicht die Bundesregierung, für den Erlass des Nachtflugverbots zuständig ist. Wir fordern die Landesregierung auf, das Nachtflugverbot zu erlassen, die rechtlichen Bedenken auszuräumen und gegebenenfalls die Rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen. Wir wissen, dass rot-grün mit gespaltener Zunge spricht. Denn die Diskussion über Rechtsauslegungen wäre überflüssig, wenn die rot-grüne Mehrheit in den Gremien des Flughafens die entsprechenden Entscheidungen für das Nachtflugverbot getroffen hätte.“

Der Flughafen Köln/ Bonn begrüßte die Entscheidung. Die Rechtsauffassung des Airports in der Frage sei bestätigt worden. Die bis 2030 geltende Nachtflugregelung für den Flughafen lasse ein solches Verbot nicht zu. Man werde sich aber „weiterhin intensiv um den Lärmschutz in der Nachbarschaft des Flughafens kümmern“.

Wolfgang Reß, Geschäftsführer Arbeitgeber Köln: „Das ist ein guter Tag für den Wirtschaftsstandort Köln und für die Unternehmen unserer Region. Ein Nachtflugverbot im Passagierbereich hätte über kurz oder lang auch die Diskussion über ein generelles Nachtflugverbot eröffnet.“

Die rot-grüne Landesregierung hatte im Mai 2012 ein Nachtflugverbot für Passagierflüge zwischen 0.00 und 5.00 Uhr morgens beschlossen. Das Bundesministerium kann als Fach- und Rechtsaufsicht prüfen, ob das Vorgehen des Landes rechtskonform ist.

Autor: dapd, cs