Köln | Mehr als 300 Menschen haben am Samstagnachmittag in Chorweiler gegen Rassismus und die Verstrickung von staatlichen Behörden in die rechte Szene demonstriert. Hauptforderung der Demonstranten war die Auflösung des Verfassungsschutzes wegen seiner Rolle bei der der NSU-Mordserie. Die Behörde habe wie andere deutsche Sicherheitsorgane mit dafür gesorgt, dass die rechten Terroristen zehn Jahre lang unerkannt Menschen ermorden und Bomben zünden konnten, sagt eine Sprecherin des „Bündnisses Verfassungsschutz auflösen“.

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„Das ist ein konkrete Forderung, was diese Demo von der von Arsch huh deutlich unterscheidet. Dort geht es mir zu oberflächlich zu. Jeder ist gegen Nazis und jeder will keine Teilung der Stadt. Dem kann doch jeder zustimmen. Gegen oder für was haben die eigentlich demonstriert“, erklärt Kabarettist Jürgen Becker warum er in Chorweiler auf der Bühne steht, jedoch auf seinen Auftritt am Freitagabend an der Deutzer Werft verzichtet hat.

Es sei richtig den Verfassungsschutz in Frage zu stellen, auch wenn eine kurzfristig Abschaffung der Behörde eher unrealistisch sei, sagt Becker. Auf der Kundgebung auf dem Pariser Platz werden andere Redner noch deutlicher und kritisieren, dass es seit Entdeckung der Terrorakte der rechtsradikalen NSU nur eine Politik der Verschleierung und des Aktenschredderns gegeben hätte. Es sei wohl unwahrscheinlich, dass die ganze Wahrheit je ans Licht komme, vermutet eine Rednerin, bevor die Demonstranten in Richtung der Zentrale des Verfassungsschutzes ziehen.  

In der Mülheimer Keupstraße, wo eine Nagelbombe der NSU viele Menschen verletzt hat, kann man das Vorgehen des Staates und seiner Behörden nicht nachvollziehen: „Die Opfer sind verzweifelt und haben ein Gefühl der Ohnmacht. Die Entäuschung und Empörung sitzt unheimlich tief“, sagt der Vorsitzende der IG Keupstraße Mitat Özdemir.

Die Anwohner hätten immer vermutet, dass der Terrorakt etwas mit der rechten Szene zu tun gehabt hat und fühlen sich jetzt umso mehr bestätigt. „Die Leute haben aber Angst, dass jetzt alles unter den Teppich gekehrt wird und dass solche Anschläge weiter möglich sind“, erklärt Özdemir. Auch die schnelle Geldhilfe nach acht Jahren lässt Fragen offen. „Es wurden Beträge zwischen 2000 und 5000 Euro gezahlt, wie diese vergeben wurden wissen wir nicht“, sagt Özdemir. Die vielen Politiker, die inzwischen die Keupstraße besucht hätten, würden die meisten Anwohner nur als Störfaktor empfinden.

Für den Anwalt der Opfer in der Keupstraße, Alexander Hoffmann, steht fest, wenn wegen der NSU-Terrorserie in München Anklage erhoben wird, werden seine Mandanten als Nebenkläger vor Gericht ziehen. „Die Menschen dort wollen nur als Bürger erster Klasse und nicht wie geschehen als Kriminelle behandelt werden. Die Anklge ist für viele der letzte Hoffnungsschimmer“, sagt Hoffmann, der endlich eine richtige Betreuung der Opfer vor Ort fordert. „Die sollen das, was da passiert ist, alleine bewältigen und sie mit ein paar 1000 Euro abspeißen lassen“, empört sich der Jurist.

Autor: Stephan Eppinger