Köln | Nicht nur Studenten, die im Herbst nach dem Doppelabitur-Jahrgang eine Bleibe suchen, merken, wie schwer es ist, bezahlbaren Wohnraum in Köln zu finden. Auch für Familien und ältere Menschen wird es in der Großstadt immer teurer ein Dach über dem Kopf zu haben. Besonders deutlich wird dies bei Sozialwohnungen: „In Köln sind im vergangenen Jahr statt wie geplant 1000 nur 210 neue Sozialwohnungen gebaut worden. Um die Situation langfristig zu stabilisieren, bräuchte es 1300 pro Jahr.“,, sagt Michael Weisenstein, Ratsmitglied der Linken, die am Samstag zu einer Wohnungskonferenz ins Bürgerzentrum nach Chorweiler eingeladen hatte. In unmittelbarer Nähe sind die 1200 Wohnungen, die zwangsversteigert werden sollten. Sie waren am Mittag Ziel einer Exkursion der 50 Teilnehmer.

Zu den Gästen der Konferenz zählte neben Ratsmitgliedern der Linken aus Köln, Düsseldorf und Bonn auch Heike Sudmann, die als wohnungspolitische Sprecherin ihrer Partei in der Hamburger Bürgerschaft über die Wohnungssituation ihre Stadt und mögliche Lösungsansätze berichtete. „Das Thema Wohnen hat sich in den vergangenen Jahren zugespitzt und wird den Bundestagswahlkampf bestimmen“, sagt die Politikerin voraus. Es gebe zwar keine flächendeckende Wohnungsnot, aber gerade an der Rheinschiene sei es in den Städten sehr schwer, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. So sind in Köln die Mieten um zwölf Prozent gestiegen und die Kaufpreise für Wohnungen gingen um 16 Prozent in die Höhe.

„In Deutschland fehlen derzeit etwa 250.000 Mietwohnungen. In einigen Jahren wird sich diese Zahl mehr als verdreifachen“, sagt Sudmann. In Hamburg seien im vergangenen Jahr unter der SDP-Regierung 6000 neue Wohnungen entstanden, davon nur ein Drittel gefördert als Sozialwohnungen. „Unter Schwarz-Grün wurden überhaupt keine Sozialwohnungen gebaut, aber auch jetzt sind es viel zu wenige.“

Als Ursachen für die Wohnungsnot erkennt Sudmann sowohl an der Elbe als auch am Rhein verschiedene Entwicklungen wie die wachsende Zuwanderung in die Ballungsräume, die wachsende Zahl der Single-Haushalte und ältere Bürger, die gerne ihre große Wohnung im Alter gegen eine kleinere tauschen würden, die in diesem Bereich aber nichts zum gleichen Preis finden. „Der soziale Wohnungsbau wurde deutlich heruntergefahren. In NRW waren es 2002 noch 840.000 Wohnungen, 2012 waren es schon 300.000 weniger, die gefördert wurden“, sagt Sudmann. Kritisch sieht die Hamburgerin auch das Mietrecht, das Preissteigerungen leicht macht, und die Finanzkrise, die Spekulanten am Wohnungsmarkt anlockt.

Sudmann fordert zur Lösung des Problems mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau zu investieren und insgesamt mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Sozialwohnungen müssen auch in reicheren Vierteln entstehen, wo es entsprechende Flächen gibt. Außerdem müssen die Bindungsfristen verlängert werden, die Wohnraum als Sozialwohnungen ausweisen.“ Ihre Partei fordert außerdem, Mieterhöhungen zu erschweren und Zwangsumzüge bei Hartz IV abzuschaffen. „Wir müssen ein Bewusstsein für das Thema Wohnungsnot schaffen und diese immer wieder öffentlich anprangern“, fordert Sudmann zum Handeln auf.

Auf dem Abschlussplenum der Konferenz wurden Bund und Land dazu aufgefordert, sogenannte Heuschrecken als Spekulanten abzuwehren. Die Stadt Köln müsse zudem alles tun, um die bedrohten Wohnungen in Chorweiler in verantwortungsvolle Hände zu geben, und um künftig Vorkaufsrechte für die öffentliche Hand zu verwirklichen. „Es wäre wünschenswert, wenn bei solchen Objekten wie in Chorweiler eine Sanierungsrücklage zur Pflicht würde, die im Bedarfsfall abgerufen werden kann“, sagt Weisenstein. Die Konferenz soll in Form einer Broschüre dokumentiert werden, das Datum der Veröffentlichung steht aber noch nicht fest. 

Autor: Stephan Eppinger