Köln | CDU-Chef Bernd Petelkau weicht keinen Millimeter von seiner Haltung in der Debatte um Dezernat IX und die personelle Besetzung zurück. Es ist diese störrische und konservative Basta-Politik, mit der er bisher im Kölner Stadtrat sehr erfolgreich für sich selbst, seine CDU und die Oberbürgermeisterin agierte. Es funktioniert, weil seine Partner im Rat und die Opposition schwach ist. Eine kommentierte Analyse von Andi Goral.

Es ist faszinierend wie Bernd Petelkau, CDU-Potentat von Köln, agiert. Auf den ersten Blick sieht es so aus als tropfe, wie bei einem Lotus-Effekt, alles an dem Mann und seiner CDU ab. Dies wäre aber eine falsche Einschätzung, weil dieses Abtropfen einen passiven Vorgang beschreibt. Kam Petelkau selbst, ein Partner oder die Oberbürgermeisterin im Rat, in Bedrängnis so entwickelt der CDU-Chef eine smarte und überhaupt nicht aggressive Vorwärtsstrategie. Und es gab und gibt viele Beispiele, wie die Stadtwerkeaffäre, in die Petelkau selbst involviert ist und aus der er nahezu unbeschadet herauskam. Als das Schuldezernat besetzt wurde, half Petelkau der OB und auch bei mehreren anderen heiklen Themen aus der Patsche. In Treue fest und immer nach dem gleichen Schema agiert Petelkau.

Petelkau wankt und geht keinen Milimeter zurück, selbst wenn es heikel wird, bleibt er konservativ störrisch, lehnt offen ausgetragenen Streit ab. Er bleibt bei dem einmal Gesagten, er begründet nicht lange, sondern stellt sich selbst, seine Haltung und die seiner CDU als Pragmatismus dar und schützt so vor allem das Eigene. Petelkau reagiert schon im Vorfeld auf Krisen, fährt auf Sicht und moderiert, so dass alles halbwegs in Ordnung bleibt vor allem mit seinen Partnern im Ratsbündnis. Das ist das Prinzip von Angela Merkels Politikstil.

Petelkau nutzt die Schwächen der anderen

Im Kölner Rat gelingt Petelkau dies so hervorragend, weil er die Schwächen seiner Bündnispartner und der Opposition genau kennt. Sein größter Bündnispartner die Grünen tauschten fast ihr komplettes stadtpolitisches Personal im Rat aus und sind, obwohl sie stärkste Fraktion im Kölner Rat sind, führungsschwach. Zudem setzen die Grünen im Stadtrat und Kreisverband vor allem auf die Karte der Oberbürgermeisterin und besetzen Dezernentenstellen mit parteilosen Kandidaten. Dass dies ein Fehler ist, können die Grünen jetzt in den Ausführungen der CDU zur Besetzung des Dezernats IX nachlesen. (https://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-Koeln/CDU-Koeln-und-das-Dezernat-IX-Bernd-Petelkau-bezieht-Stellung-147824) Verwaltung ist für die Grünen eine Organisation, die politische Beschlüsse umsetzen soll, ohne dass sie Schlüsselpositionen in der Verwaltung mit Grünen besetzen. Das ist ein weiterer Fehler und schwächt ihre Position massiv, denn so sind sie alleine auf die Oberbürgermeisterin angewiesen und haben keine Kanäle und Rückkanäle in die städtische Verwaltung. Genau der politische Pragmatismus, den Petelkau an den Tag legt, fehlt der grünen Führungsspitze im Rat und Kreisverband, sonst hätte sie niemals die Position der Stadtdirektorin der CDU überlassen. Ein gewaltiger Sieg von CDU-Mann Petelkau, der damit auch seine Position in der eigenen Partei festigen kann.

Ein Zeichen der Schwäche

Und die Opposition? Die bellt ab und an, beißt aber nicht, sondern kneift juristisch. Petelkau weiß das und argumentiert oft juristisch in Form einer Schwarz-Weiß-Diktion, die es aber im Rechtsgeschäft, das immer auch grau oder unbestimmt interpretationsfähig ist, gar nicht gibt. Das gilt vor allem für die Kölner SPD, die sich dann auch noch in Scharmützeln mit den Grünen verliert. In den Kölner Ratssitzungen, schon in der vergangenen Wahlperiode, befehden und zanken sich Grüne und SPD. Petelkau saß nebenan und konnte gemütlich das Geschehen beobachten – kommentiert hat er das selten. Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers formulierte dies in einem Aufsatz einmal so: „Da wird übersehen, dass Konservativsein vor allen Dingen eine Haltung ist. Denn ‚Le style c’est l’homme‘“.

In der vergangenen Wahlperiode mag das für die Grünen noch eine gute Strategie gewesen sein, als sie Juniorpartner im nicht besonders visionären CDU-Grünen-Bündnis waren. Aber jetzt sind sie stärkste Fraktion. Ist es eine gute politische Strategie, den Juniorpartner CDU die dominante Rolle spielen und Themen moderieren zu lassen? Oder wäre es nicht besser, sich an die Spitze des Rates zu setzen und den politischen Rahmen abzustecken und im Sinne der eigenen Wähler*innen zu agieren und die Prozesse im grünen Sinn zu moderieren? Es muss auch nicht bei allen Themen immer der große Konsens gefunden werden, sondern vielleicht auch einmal mit wechselnden Partnern. Denn der Rat ist keine Legislative, sondern soll gemeinsam mit der Verwaltung zum Wohl der Stadt agieren. Auch dies kann allzu machtverliebten und -bewussten Partnern Grenzen setzen.

Das Wohl der Stadt

Das Wohl der Stadt. Die CDU stellt die These auf, das Dezernat IX in dem so gewählten Zuschnitt, Stadtentwicklung, Digitales, Wirtschaft und Regionale Zusammenarbeit sei zum Wohl der Stadt und wäre am besten mit CDU Mann Kienitz besetzt worden. Auf öffentliche Kritik, dass die Themen überhaupt nicht zusammenpassen, die Frage warum die CDU einen Wirtschaftsdezernenten will, nachdem auf ihr Betreiben hin die Wirtschaft in eine städtische GmbH ausgegliedert wurde, geht die CDU nicht ein. Die CDU und ihr Chef Petelkau beharren störrisch auf das Dezernat IX und stellen damit die Machtfrage im Ratsbündnis. Dabei ist er in seiner eigenen Partei nicht mehr der unumstrittene Alpha-Löwe, muss er sich doch den Parteivorsitz verteidigen.

Die SPD ist mit einem Vorschlag vorangegangen. Hätte dieser nicht von den Grünen kommen müssen? Wie wird die stärkste Fraktion im Kölner Rat aber reagieren: Gibt sie Petelkau nach? Oder handelt sie machtbewusst und setzt der CDU im Ratsbündnis Grenzen und findet so in die Rolle des Stärkeren? Der Verzicht auf das Dezernat IX – den Verwaltungsgemischtwarenladen – würde die Stadt Geld sparen, Doppelfunktionen vermeiden und die Effizienz steigern lassen. Und wie passt das Dezernat IX eigentlich überhaupt zur Verwaltungsreform der Oberbürgermeisterin? Eine weitere offene Frage. Es bleibt spannend.

Autor: Andi Goral
Foto: Die Zeichnung zeigt Bernd Petelkau