Köln | Im Mai 2012 wählte der Kölner Stadtrat Franz-Josef Höing zum neuen Verkehrs-Dezernenten. Die Kölner SPD appellierte heute an Höing mehr Einsatz für den Erhalt und die Sanierung der Kölner Infrastruktur zu leisten als sein Vorgänger Bernd Streitberger. Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte habe sich ein Investitionsstau von fast 500 Millionen Euro angesammelt, nun sei die Situation der Brücken, Tunnel und Straßen in Köln „sehr dramatisch“, so SPD-Parteichef Jochen Ott.

Laut der Stadtverwaltung wären fast 500 Millionen Euro in den kommenden Jahren nötig, um nur die wichtigsten Tunnel, Brücken und Straßen zu sanieren. So wird allein die Sanierung der Zoobrücke mit etwa 47 Millionen Euro veranschlagt, die Mülheimer Brücke mit 40 Millionen Euro und die Deutzer Brücke mit 21 Millionen Euro. In der mittelfristigen Finanzplanung habe die Stadt für die Brücken bis 2015 nur 100 Millionen Euro veranschlagt. „Schon jetzt ist jedoch klar, dass weitere 160 Millionen Euro benötigt werden“, betonte Susana dos Santos Herrmann, verkehrspolitische Sprecherin der SPD und stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Auch für die Straßensanierung fehle Geld. Dem Straßenamt stünde jährlich ein Etat von 34 Millionen Euro zur Verfügung. Allein um den jetzigen Zustand der Straßen zu erhalten, wären jedoch jährlich 48 Millionen Euro nötig, rechnete dos Santos Herrmann heute vor. Wolle man den Investitionsstau in Höhe von 200 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren abbauen, müsste Köln pro Jahr 68 Millionen Euro dem Straßenamt zur Verfügung stellen.

SPD fordert mehr Transparenz von der Verwaltung

Die Schuld an dem gewachsenen Unterhaltungsstau sieht die Kölner SPD vor allem bei der Stadtverwaltung. So habe es Kölns ehemaliger Verkehrs-Dezernent Bernd Streitberger versäumt, auf die notwendigen Sanierungen aufmerksam zu machen. In diesem Jahr habe er sogar vorgeschlagen, die Sanierung der Brücken zu verschieben, um die Konsolidierung des Kölner Haushalts zu ermöglichen. „Das haben wir aber nicht mitgemacht“, betonte heute SPD-Parteichef Jochen Ott. Schließlich sei die Sanierung der Brücken unerlässlich – auch für die Sicherheit der Bevölkerung. Würden sie nicht bald saniert, müssten sie in einigen Jahren vielleicht für den Verkehr gesperrt werden.

„Wir hatten in den letzten acht Jahren keinen klassischen Verkehrsdezernenten“, sagte Ott heute. Hoffnung setzt die Kölner SPD nun in den neuen Dezernenten Franz-Josef Höing. Seine Aufgabe sei es nun, eine transparente Priorisierung vorzulegen, welche Infrastruktur-Maßnahmen in den kommenden Jahren unerlässlich seien und auf welche die Stadt verzichten könne. Diskutiert werden müsse etwa auch die vorzeitige Teilinbetriebnahme der südlichen Strecke der Nord-Süd-Stadtbahn. Die Kosten dafür betrügen rund 30 Millionen Euro. Mit diesem Etat könnten etwa auch 350 Kilometer Radwege in Köln oder 70 Kilometer Fahrbahn generalsaniert werden, so dos Santos Herrmann. „Entscheidet sich die Politik für eine Maßnahme, entscheidet sich sie künftig zugleich gegen andere Projekte“, so Ott. Ob die SPD-Fraktion die Inbetriebnahme der Bahn unterstützen will, stehe derzeit daher noch nicht fest.

Bund soll helfen

Darüber hinaus fordert die SPD von Höing mehr öffentlichen Einsatz für die Erhaltung der Infrastruktur – auch gegenüber den anderen Dezernaten im Rahmen der Haushaltsberatungen. Schließlich sei eine gute Infrastruktur für den Verkehrsknotenpunkt Köln nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, sondern bedeute auch für die Bürger Lebensqualität. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Erhaltung der Straßen, Schienen und Brücken jedoch häufig zu kurz gekommen. Weil sich ein so großer Sanierungsstau gebildet hätte, müsse nun auch der Bund finanzielle Hilfe leisten, sagte Ott. „Die Kommunen und das Land allein können das nicht stemmen“, so der Kölner Parteichef. Er forderte heute darum ein weiteres Konjunkturpaket. Das vergangene Programm habe allein Mittel für Neubauten ermöglicht, nun sei ein weiteres für den Erhalt der Brücken und Tunnel nötig.

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Zoobrücke in Köln