Köln | Am gestrigen Abend wählte Nordrhein-Westfalen (NRW) einen neuen Landtag. Die CDU hat die Landtagswahl in NRW überraschend deutlich gewonnen. Dennoch bleibt die SPD in Köln stärkste Kraft. Erste statistische Auswertungen der Ergebnisse aus Kölner Sicht liegen dem Amt für Stadtentwicklung und Statistik nun vor. Was aus den Zahlen geschlossen werden kann, erzählen Jacqueline Berg, Sachgebietsleiterin Analysen und Umfragen und Hermann Breuer, Abteilungsleiter Statistik, im Interview mit report-K.

report-K berichtete am Wahlsonntag Live aus dem Kölner Rathaus

Landtagswahl NRW 2017 – Das sagt die Kölner Politik – Zusammenschnitt der Stimmen

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Zweitstimmen – Parteiereignisse im Überblick

Mit der zweiten Stimme wählen Bürger eine Partei und deren Landesliste. Die SPD liegt in Köln mit 28,1 Prozent nur noch 1,5 Prozent vor der CDU. Laut aktueller Erstanalyse, vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik, haben die Kölner Sozialdemokraten rund 17.000 oder 11,4 Prozent ihrer Stimmen von 2012 verloren. 2012 konnte die SPD in Köln noch alle Landtagswahlkreise für sich gewinnen. Am gestrigen Abend verloren die Kölner Sozialdemokraten allerdings drei Wahlkreise: Ingrid Hack, Lisa Steinmann und Jochen Ott mussten ihre Wahlkreise an Oliver Kehrl, Bernd Petelkau und Florian Braun abgeben.

Nach dem wohl schlechtesten Wert der vergangenen Landtagswahlen in NRW konnte die CDU in Köln 7,3 Prozentpunkte gewinnen. Die Kölner CDU liegt damit bei 26,6 Prozent – knapp hinter der SPD. Im Vergleich zu 2012 hat die CDU rund 43.600 hinzugewonnen.

Umschwung bei der Parteineigung bereits 2016 klar

Wie auch im Land zeigt auch das gestrige Kölner Wahlergebnis deutliche Umschwünge in der Parteizustimmung.

Im Herbst letzten Jahres führte das Amt für Stadtentwicklung und Statistik die „Leben in Köln“-Umfrage durch. Diese diene der Stadt dazu, Meinungen und Einstellungen zu verschiedenen städtischen Themen wie auch Informationen zu den Lebensverhältnissen der Kölner Bevölkerung zu erhalten. Im vergangenen Jahr soll die Umfrage allerdings um eine weitere Frage erweitert worden sein. In dieser Frage gehe es um die politische Einordnung der Person beziehungsweise um die Parteineigung, also nicht direkt um die Partei, der man bei einer Wahl auch seine Stimme geben würde. Die Umfrageergebnisse der 14.400 Befragten liege seit der Stadt seit vergangener Woche vor. Sie würden zeigen, dass sich die Stimmungslage der Wähler seit dem Befragungszeitraum zum Teil grundlegend verändert habe, erklärt Hermann Breuer, Abteilungsleiter Statistik.

Vergangenen Herbst sollen 28,3 Prozent der Befragten ihre Parteineigung zur CDU erklärt haben. Laut Umfrage seien es bei der SPD 29,2 Prozent gewesen. Die CDU beendete die gestrige Landtagswahl 2017 mit 26,6 Prozent und die SPD mit 28,1 Prozent. Keine großen Abweichungen, wie Breuer analysiert.

Auffällig sei jedoch, dass bei der Herbstumfrage 2016 lediglich 6,4 Prozent als Parteineigung FDP angegeben haben sollen. Das gestrige Landtagswahlergebnis hat sich, zu Gunsten der FDP, verdoppelt. Die Freie Demokratische Partei schlossen den Wahlabend mit 13,8 Prozent der Stimmen in Köln ab.

Die Parteineigung für die Grünen lag im Herbst 2016, laut Umfrage, mit 20,5 Prozent noch auf dem Niveau der Landtagswahl 2012 (19,6 Prozent). Im gestrigen Wahlergebnis von 11,8 Prozent liegt hingegen erheblich unter dem Stimmungswert aus dem Herbst im letzten Jahres.

Auch das Landtagswahlergebnis der Partei Die Linke liegt mit 8,4 Prozent höher als zu den letzten Landtagswahl 2012 (3,4 Prozent) und der Herbstumfrage (5,9 Prozent).

Insgesamt zeige dieser Vergleich mit den Umfrageergebnissen der „Leben in Köln“-Umfrage, dass bei den Kölner Wählberechtigten der tiefgreifende Wechsel – vor allem in der Zustimmung zur FDP und auch der Partei Die Linke – erst nach dem Herbst vergangenen Jahres stattgefunden haben muss, erklärt Breuer.

Wahlbeteiligung in Köln

Von rund 730.000 Wahlberechtigten Kölner haben bei den diesjährigen Landtagswahlen in NRW rund 474.000 ihre Stimmen abgegeben. Damit liege die Wahlbeteiligung in Köln nun bei 64,9 Prozent. Bei den vergangenen Landtagswahlen lag diese bei 59,6 Prozent. Zum Vergleich:

[infobox]Köln – 64,9 Prozent Wahlbeteiligung 2017 – 59,3 Prozent Wahlbeteiligung 2012 – +5,6 Prozent

NRW – 65,2 Prozent Wahlbeteiligung 2017 – 59,6 Prozent Wahlbeteiligung 2012 – + 5,6 Prozent

[/infobox]

Der Anstieg der Wahlübereilung in Köln entspreche mit einem Plus von 5,6 Prozent dem Anstieg in NRW insgesamt. Der Anstieg der Wahlbeteiligung variiere deutlich über die Kölner Stadtteile und reiche von 31,9 Prozent bis 82,1 Prozent.

Beteiligungsstärksten und -schwächsten Stadtteile

Die fünf beteiligungsstärksten Stadtteile in Köln seien Hahnwald mit 82,1 Prozent, Klettenberg mit 78,8 Prozent, Lövenich mit 77,4 Prozent, Lindenthal mit 77,3 Prozent und Sülz mit 76,2 Prozent.

Die schwächste Beteiligungsquote weise – wie auch in den vergangenen Wahlen – der Stadtteil Chorweiler aus. Hier sollen mit 31,9 Prozent nur mehr jede/r dritte Wahlberechtigte an der Wahl teilgenommen haben. Die nächstschwächere Wahlbeteiligung liegt annähernd zehn Prozentpunkten in Vingst darüber: 41,1 Prozent.

Stärkster und geringster Zuwachs

Besonders starke Zuwächse finden sich mit einem Plus von jeweils mehr als acht Prozent in Libur (+ 11,7 Prozent), Fühlingen (+8,8 Prozent) und Raderberg (+8,6 Prozent). Besonders gering sollen die Zuwächse in Neubrück (+0,8 PP), Lindweiler (+1,1 PP), Seeberg (+2,3 PP), Marienburg (+2,5 PP) Vingst und Chorweiler (beide 2,9 PP) ausgefallen sein. In Gemberghoven sei die Wahlbeteiligung mit 45,0 Prozent sogar leicht rückläufig, erklärt Jacqueline Berg, Sachgebietsleiterin Analysen und Umfragen.

Wählerwanderungsanalyse

Trotz hoher Verluste ist die SPD weiterhin stärkste Kraft in Köln. Die weitaus größte Abwanderungen von Wählern der SPD gehen, laut Wählerwanderungsanalyse des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik, an die CDU und FDP (zusammengerechnet rund 33.000). In deutlich geringerem Umfang ging sie an die Linke ab (weniegr als 2.000 Stimmen). Die AfD erhalte von den Sozialdemokraten rund 4.000 Stimmen. Gleichzeitig soll aber die SPD ehemalige Wähler der Grünen und der Piraten (jeweils über 7.000 Stimmen) für sich gewinnen.

In Köln ist die CDU einer der größten Gewinner der gestrigen Landtagswahl. Sie gewinnt, laut dem Amt, aus allen politischen Lagern – mit Ausnahme der AfD. Ihre weitaus größten Zuströme verzeichnet die CDU aus der ehemaligen SPD-Wählerschaft (rund 25.000 Stimmen).

Die Grünen müssen in Köln den stärksten Verlust hinnehmen. Den größten Profit aus den abwandernden Grünen-Wählern kann die Linke ziehen, erklärt Berg. Sie könne etwa ein Drittel der Grünen-Abwanderer an sich binden (rund 10.000 Stimmen). Ein ähnlich großer Anteil der ehemaligen Wählerschaft der Grünen vollziehe hingegen einen Lagerwechsel: CDU und FDP erhalten zusammen mehr als 12.000 Stimmen von ehemaligen Grünen-Wähler. Einzig von den Piraten erhalten aber die Grünen Stimmen (etwa 3.000),

Genau wie auf Landeseben lege die FDP auch in Köln vier Prozentpunkte zu und ist damit die drittstärkste Partei in Köln. Das Gros der Stimmwechsel vollziehe sich zwischen Grünen (8.700) und SPD (7.600) hin zur FDP, erklärt Berg.

Die Linke hat ebenfalls erheblich Stimmenzuwächse zu verzeichnen. Sie rühren mehrheitlich von ehemaligen Wählern der Grünen (10.000) sowie den Piraten (7.000). Einzig zwischen Die Linke und FDP gibt es keinen Wähleraustausch, sagt Berg.

Die Piraten verlieren die meisten ihrer Wähler, laut Statistik, an alle Parteien und auch an die Nichtwähler. Vor allem aber an die SPD (rund 7.300) und die Linke (7.000).

Die AfD gewinne, so das Amt für Stadtentwicklung und Statistik, aus allen Lagern. Die größten Stimmenzuwächse habe sie aus dem Lager der Nichtwähler bezogen. Von dort erhalten sie zwei Drittel ihrer Stimmen (18.400). Sie profitieren somit am stärksten von der gestiegenen Wahlbeteiligung, sagt das Amt.

Report-K berichtete gestern im Livestream aus dem Kölner Rathaus – hier der Zusammenschnitt der Stimmen der Kölner Politik zur Landtagswahl NRW

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Autor: Irem Barlin