Berlin/Köln | Das geplante Extremismus-Abwehrzentrum sorgt für Streit zwischen Bund und Ländern. Mehrere Landesinnenminister monierten am Samstag, nicht ausreichend informiert gewesen zu sein, auch Innenpolitiker der Union in Berlin waren von der Ankündigung des Bundesinnenministeriums angeblich überrascht. Das Ministerium wies die Kritik zurück.

Das „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ (GETZ) soll am Donnerstag (15. November) mit den Standorten Köln und Meckenheim bei Bonn eröffnet werden. Die Federführung sollen das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) innehaben. Auch Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD), die Bundespolizei, die Bundesanwaltschaft und das Zollkriminalamt sollen einbezogen werden. Die Landeskriminalämter und Landesämter für Verfassungsschutz sind zur Mitwirkung eingeladen.

Das bisherige Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus (GAR) soll darin aufgehen. Daneben soll das neue Zentrum auch die Bereiche Linksextremismus, Ausländerextremismus und Spionage abdecken. Das bereits in Berlin bestehende Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) mit Schwerpunkt islamistischer Terrorismus soll parallel bestehen bleiben.

Von den Plänen nichts gewusst

Die Pläne für das GETZ waren am Freitag bekannt geworden. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem „Affront“ gegenüber den Ländern vor. In einem Brief beklagt Jäger einen „Alleingang“ von Friedrich, wie die Zeitungen der WAZ-Mediengruppe am Samstag berichteten. Nach Jägers Darstellung sind auch die Länder für einen engeren Informationsaustausch. Doch müssten die Aufgaben des neuen Zentrums „von allen Beteiligten gemeinsam und auf Augenhöhe entwickelt und im Konsens beschlossen werden“, forderte der Düsseldorfer Innenminister. Er habe Friedrich schriftlich gebeten, „von dem geplanten Schnellschuss Abstand zu nehmen“, erklärte Jäger weiter. Der Zeitdruck sei „unnötig“. Schließlich sei für Anfang Dezember ohnehin schon eine Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern geplant, sagte Jäger mit Blick auf das Treffen vom 5. bis 7. Dezember in Warnemünde.

Auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kritisierte das Vorhaben von Friedrich. „Ich bin überrascht“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Ob sein Land mitmachen werde, ließ Stahlknecht offen. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), und der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), wussten bis Freitag von den Plänen nichts, wie sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagten.

Neues „Superzentrum“

Ein Sprecher des Innenministeriums entgegnete, das Konzept sei nicht neu, sondern vom Minister bereits im September vorgeschlagen worden. Es werde jetzt umgesetzt, um eine bessere Vernetzung der Behörden zur Bekämpfung des Extremismus zu erreichen. In erster Linie handele es sich um ein Abwehrzentrum des Bundes, bei dem die Länder eingeladen seien, mitzuwirken. Auf der Innenministerkonferenz werde der Minister seinen Länderkollegen die Details noch einmal darlegen.

SPD und Linke zweifeln derweil am Sinn des neuen Zentrums. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, warf Friedrich einen „Profilierungsversuch zur Unzeit“ vor. „Ich warne davor, das alles zusammen zu binden“, sagte Hartmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Linke-Innenexpertin Petra Pau sieht ebenfalls keinen Sinn in dem „Superzentrum gegen Allroundextremismen“. „Es wird zusammengeführt, was nicht zusammengehört“, kommentierte Pau das geplante Zentrum.

Autor: Stefan Uhlmann, dapd