Köln | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat trotz harscher Kritik das neue Abwehrzentrum gegen Extremismus und Terrorismus in Köln eröffnet. „Es ist wichtig, dass wir dieses Zentrum jetzt anstoßen“, sagte Friedrich am Donnerstag. Mehrere Länder werfen Friedrich einen überstürzten Alleingang und ein fehlendes Konzept vor. Der CSU-Politiker verteidigte das Vorhaben: „Wir werden auf Augenhöhe, wie es zurecht gefordert wird, mit den Ländern dieses Zentrum weiterentwickeln.“

In der Einrichtung beim Verfassungsschutz sollen 40 Sicherheits- und Polizeibehörden von Bund und Ländern ihre Kräfte bündeln. Im Visier stehen Rechts- und Linksterrorismus, Ausländerextremismus, Spionageabwehr und Waffenschmuggel.

Die Linke will eine verfassungsrechtliche Klage gegen die umstrittene Einrichtung prüfen. Es müsse geklärt werden, ob das Zentrum mit dem Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz vereinbar sei, sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) der Nachrichtenagentur dapd. Ein „Allround-Zentrum“ sei nicht zielführend. „Es lassen sich nicht einfach alle denkbaren Extremismusformen mit demselben Rezept bekämpfen“, sagte Pau. Es werde zusammengeführt, was nicht zusammengehört, nicht thematisch und auch behördlich nicht.

Länder lassen Friedrich auflaufen

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem „PR-Gag“. Insgesamt haben sechs Länder ihre Mitarbeit vorerst abgesagt. Dabei sollte mit der neuen Einrichtung gerade die Kooperation zwischen Bund und Ländern gestärkt werden. Friedrich wies die Kritik von sich. „Ich habe im August angekündigt, noch in diesem Jahr werden wir beginnen. Insofern kann ich nicht verstehen, wieso sich jemand überrumpelt fühlt.“

Es sei immer klar und von allen gewollt gewesen, dass das Zentrum gegründet werde. „Ich bin sicher, dass die Länder auch dazu kommen werden“, sagte der CSU-Politiker. „Wir sind selbstverständlich bereit, auf Wünsche und Vorstellungen der Länder einzugehen.“

Die Federführung für das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) in Köln und Meckenheim haben das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA). Unter dem Dach sollen sich neben allen Landeskriminalämtern und Landesverfassungsschutzbehörden Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, Bundespolizei, Zollkriminalamt, Bundesanwaltschaft und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einfinden.

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bezeichnete das Zentrum als eine Kommunikationsplattform, „die sicherstellt, dass Informationen die bei dem einen ankommen auch zu dem anderen gelangen.“ Konkrete Themen der Arbeitsgruppen sind etwa Gefahren durch Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK und Verbotsverfahren von rechtsextremen Gruppierungen. Maaßen sagte: „Wir haben hier keine neue Behörde geschaffen.“ Die Rechtsgrundlage sei nicht neu. BKA-Präsident Jörg Ziercke sagte, dass Gefährdungslagen nun besser entdeckt und im übergreifenden Expertenkreis eingeschätzt werden könnten.

Vorsitzender der Landesinnenminister fehlt

Neben der neuen Einrichtung gibt es noch das vor acht Jahren in Berlin gegründete Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, das sich allein mit der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus befasst. Das vor einem Jahr als Konsequenz auf die offengelegte NSU-Mordserie aus der Taufe gehobene Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus (GAR) wird in die neue Dachorganisation eingegliedert.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), blieb der Eröffnungsveranstaltung in Köln trotz Ankündigung überraschend fern. Er hatte seinem Unionskollegen Friedrich einen „Fehlstart“ attestiert und den Zeitplan für das Vorhaben infrage gestellt. Das Thema ist noch nicht vom Tisch: Caffier will das Abwehrzentrum noch einmal auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz Anfang Dezember setzen.

Autor: Fabian Wahl und Johann Tischewski, dapd