Köln | aktualisiert | Die grüne Ratsfraktion habe sich nach intensiver Debatte zu dem in der jüngeren Geschichte des Kölner Stadtrates außergewöhnlichen Schritt entschlossen: die Abwahl der Beigeordneten Susanne Laugwitz-Aulbach zu befürworten. Auch die Kölner FDP unterstütze den Abwahlantrag von Susanne Laugwitz-Aulbach. Eine Abwahl hatte es in Köln noch nie gegeben.

Seit April 2013 ist Laugwitz-Aulbach Beigeordnete für Kunst und Kultur

Gewählt wurde Laugwitz-Aulbach zur Beigeordneten für Kunst und Kultur am 30. April 2013 für eine Dauer von acht Jahren. Aus einem gemeinsam geführten Auswahlverfahren von SPD, CDU, Grüne und FDP ging Laugwitz-Aulbach hervor. Die Empfehlung der Auswahlkommission für sie fiel damals einvernehmlich.

Laugwitz-Aulbach wurde durch ihre Wahl die Verantwortung für folgende Geschäftskreise übertragen: Planungsreferat Kulturbauten, Archäologische Zone/Jüdisches Museum, Referat für Museumsangelegenheiten, Kulturamt, Puppenspiele, Stadtbibliothek, Historisches Archiv, Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud, Museum Ludwig, Römisch-Germanisches-Museum, Rautenstrauch-Joest-Museum, Museum für Angewandte Kunst, Museum für Ostasiatische Kunst, Museum Schnütgen, Kölnisches Stadtmuseum, NS-Dokumentationszentrum, Museumsdienst, Kunst- und Museumsbibliothek, Bühnen, Gürzenich-Orchester, Denkmalschutz.

Vertrauen sei nicht mehr da

Zu dieser Fraktionsentscheidung erklären Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn, Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank und die kulturpolitische Sprecherin Brigitta von Bülow: „Frau Laugwitz-Aulbach wird ihrer organisatorischen Verantwortung als städtische Kulturmanagerin in eklatanter Weise nicht gerecht. Missmanagement und Organisationsversagen in den wesentlichen Handlungsfeldern des Kulturdezernats nehmen immer größere Ausmaße an. Kritik und konstruktive Hinweise aus der Politik werden ignoriert. Intransparenz und fehlende Kommunikation prägen in erschreckender Weise ihr Handeln. Dieses Versagen nimmt in den letzten Monaten katastrophale Ausmaße an. Dies betrifft die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums, die Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museum und insbesondere auch das Projekt MiQua. Auch das für Kölns Kulturpolitik so wichtige Handlungsfeld ‚freie Kulturszene‘ leidet unter Ideenlosigkeit und mangelhaftem Verwaltungshandeln.

Das Vertrauen in sie als Führungskraft ist nicht mehr vorhanden. Die grüne Ratsfraktion sieht sich aus Verantwortung für die Kulturstadt Köln verpflichtet, nun zu handeln und die Reißleine zu ziehen. Die Stadt Köln braucht dringend einen Neuanfang, um die komplexen und anspruchsvollen kulturellen Ziele und Vorhaben zum Erfolg zu führen. Dafür ist ein gemeinsames Handeln aller demokratischen Kräfte im Rat dringend notwendig. Parteipolitische Interessen müssen in der entstandenen dramatischen Situation zurückstehen. Daher appellieren wir insbesondere an die SPD-Fraktion, mit der wir 2013 zusammen Frau Laugwitz-Aulbach gewählt haben, nun ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und mit uns zusammen die Abwahl einzuleiten.“

FDP-Fraktion unterstütze Abwahlantrag von Laugwitz-Aulbach

Die FDP-Fraktion hat zusammen mit den Fraktionen von CDU und Grünen beschlossen, einen Antrag auf Abwahl von Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach in die Wege zu leiten.

Zu den Gründen erklärt FDP-Fraktionsvorsitzende Ralph Sterck: „Die Entscheidung für einen Antrag auf Abwahl der Beigeordneten für Kunst und Kultur ist ein außergewöhnlicher Schritt, den wir uns nicht leicht gemacht haben. In zunehmender Sorge um die Entwicklung der Kultur in Köln halten wir ihn aber für unausweichlich. Zu viele Enttäuschungen in den letzten Jahren haben uns zu dem Schluss kommen lassen, dass sie weder der Führung und Kontrolle der ihr unterstellten Verwaltung, noch den vielfältigen Herausforderungen einer kommunikativen Anregung und Vermittlung kultureller Impulse in die Stadtgesellschaft gewachsen ist.

Drängende Herausforderungen wurden entweder gar nicht verfolgt (Neuorganisation Museen) oder liefen nur schleppend und ohne das notwendige Engagement der Dezernentin an (Kulturentwicklungsplan). Drohende Fehlentscheidungen mussten von der Politik verhindert werden (Abriss Hallen Kalk), Fehlentwicklungen wurden entweder nicht erkannt (Bühnen) oder nicht ausreichend kommuniziert (Erweiterung WRM).

Zuletzt machten die Vorlagen zum Römisch-Germanischen Museum die systematischen Unzulänglichkeiten deutlich: fehlendes politisches Management durch die (wiederholte) Präsentation einer Tischvorlage zu einem solch wesentlichen Projekt; unzureichende Verwaltungsführung durch das Eingeständnis des Fehlens jeglicher Planung und durch die eklatanten Widersprüche zu vorangegangenen Verwaltungsvorlagen (Haus Sauer); mangelnde Sensibilität für die Konsequenzen eines mehrjährigen Museumsleerstandes am Roncalliplatz für die gesamtstädtische Entwicklung.

Zahlreiche Rückmeldungen zu diesen und weiteren Themen aus betroffenen Szenen und Institutionen und der Stadtgesellschaft veranlassen uns nun, eine Trennung von Frau Laugwitz-Aulbach als Beigeordneter für Kunst und Kultur anzustreben. Wir bedauern, dass die Zerrüttung des Verhältnisses nun auf diesem Wege überdeutlich wird. Zuletzt erinnerte sie daran, dass sie sich nicht auf diese Stelle beworben habe, sondern gerufen worden sei. Wir hätten uns gewünscht, dass sie die gegenteiligen Warnsignale wahrgenommen und uns diesen Schritt erspart hätte.

Die SPD-Fraktion muss sich nun ihrer Verantwortung stellen. Immerhin hat sie als damalige Mehrheitsfraktion die Dezernentin in der Findungskommission entscheidend mit ausgesucht. Ich rufe die SPD dazu auf, diesen Fehler mit uns zu korrigieren und den Abwahlantrag zu unterstützen. Ein „weiter so“ darf es nicht geben. Das würde unserer Verpflichtung als Ratsmitglieder, Schaden von der Stadt abzuwenden, nicht gerecht. Köln braucht jetzt einen Neuanfang im Kulturbereich.“

CDU-Fraktion: Das Vertrauen in die Kulturdezernentin ist fundamental erschüttert

„Wir haben uns die Entscheidung in der Tat nicht leicht gemacht. Aber das Vertrauen in die Arbeit von Susanne Laugwitz-Aulbach ist fundamental erschüttert“, sagt Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Fraktion: „Daher unterstützen die Mitglieder der CDU-Fraktion den Antrag auf Abberufung der Kulturdezernentin. Wir benötigen im Kulturbereich – vor allem bei den Bauten – einen Neustart. Der ist nach unserer Auffassung nur mit einer personellen Veränderung an der Spitze des Kulturdezernats möglich. Es geht hier auch darum, dass jemand Verantwortung für die desaströsen Zustände in diesem Bereich übernehmen muss.“

„Das alles lässt sich nur mit einem eklatanten Management-Versagen der Dezernentin erklären. Belege dafür sind vielfältig: Ich denke dabei an das chaotische Verfahren zum Kulturentwicklungsplan, bei dem die Kölner Kulturschaffenden immer wieder vor den Kopf gestoßen wurden, anstatt mit ihnen zusammenzuarbeiten. Das Versagen wird auch im Missmanagement beim Jüdischen Museum deutlich. Das wird nicht nur erheblich teurer als geplant, hier fehlt es vor allem an einem transpare nten Verfahren gegenüber Politik und LVR als unserem Partner. Nicht zuletzt ist auch der unerträgliche Stillstand beim Erweiterungsbau für das Wallraf-Richartz-Museum ein Ausdruck der mangelhaften Führung“, sagt Petelkau.

„Mit dem Planungsdebakel um das Römisch-Germanische Museum hat die Dezernentin das Fass nun endgültig zum Überlaufen gebracht“, stelle Petelkau fest: „Da sie offenbar selbst keine Konsequenzen aus diesen Misserfolgen zieht, sehen wir uns dazu gezwungen, den Antrag auf Abberufung voranzutreiben. Für die CDU sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Susanne Laugwitz-Aulbach nicht mehr möglich.

Wie funktioniert die Abwahl?

Eine Abwahl muss von mehr als der Hälfte der Ratsmitglieder beantragt werden. Frühestens sechs Wochen danach wird im Stadtrat abgestimmt. Mit einer Zweidrittel-Mehrheit kann ein Dezernent abberufen werden. Das schwarz-grüne Bündnis ist somit auf die Stimmen der SPD angewiesen.

Autor: ib