Köln | aktualisiert | Die Kölner AfD hat einen Antrag (AN/1433/2019 ) für die Ratssitzung am 7. November eingebracht. Sie will, dass die Stadt Köln ein Karl Küpper Denkmal errichtet und einen Karl Küpper Preis auslobt. Karl Küpper war der Büttenredner „Dr Verdötschte“ und einer der wenigen deutschen Karnevalisten, der sich offen gegen den Nationalsozialismus positionierte. Um den Antrag zu verstehen, muss die Methodik, mit der die neuen Rechten die Debatte beeinflussen, verstanden werden. Das Bündnis Köln stellt sich quer spricht von einem „Verlogenen Antrag an den Kölner Rat“. 

Wer war Karl Küpper?

Karl Küpper betrat in den 1930er Jahren die Kölner Bühnen mit dem zum Nazigruß ausgestreckten Arm und sagte: „Su huh litt bei uns dr Dreck em Keller!“ – „So hoch liegt bei uns der Dreck im Keller!“. Oder er fragte, die Hand erhebend, ob es gerade regnet: „Es et am rähne?“ 1939 wurde er allerdings mit einem lebenslangen Redeverbot belegt. Rechtliche Basis war das Heimtückegesetz unter anderem wegen der Verächtlichmachung des Deutschen Grußes. Küpper ging zur Wehrmacht, sicher auch zu seinem Schutz, trat in Fronttheatern auf und die Nazis hoben sein Redeverbot auf. Nach dem Krieg stieg Küpper wieder in die Bütt und zeigte wieder den Hitlergruß, allerdings mit einem leicht abgewandelten Satz: „Et eß ald widder am rähne!“. Er spielte auf die Nationalsozialisten an, die auch in der Nachkriegszeit wieder in Amt und Würden gelangten. So auch Thomas Liessem, 1929 Präsident der Prinzengarde Köln, der 1932 der NSDAP beitrat und dem heutige Historiker nachwiesen, dass es ihm zwar formal gelang dem Kölner Karneval die Selbstverwaltung zu bewahren, aber inhaltlich eine NSDP parteikonforme Linie umsetzte. Liessem war es auch der als Vorsitzender des Bürgerausschusses Kölner Karneval nach 1952 faktisch das zweite Auftrittsverbot Küppers durchsetzte, nachdem dieser in einer Rede im Kölner Sartory die Wiedergutmachungsanträge deutscher Vertriebener aufs Korn genommen hatte. Er riet den Mitgliedsgesellschaften davon ab Küpper als Redner zu verpflichten. Erst 2011 benannte die Stadt Köln an der Ecke Salomonsgasse/Marspfortengasse einen Platz nach ihm.

Der AfD-Antrag

Die Kölner AfD-Fraktion will mit ihrem Antrag erreichen, dass die Stadt die Errichtung eines Karl Küpper Denkmals prüft. Zudem fordert sie die Auslobung eines Karl-Küpper-Preises in Höhe von 11.111 Euro, der immer im Rahmen einer der Fernsehsitzungen vergeben werden soll. Die AfD-Fraktion begründet: „Karl Küpper stand mit seiner karnevalistischen Unterhaltungskunst wie kein zweiter Kölner Karnevalist gegen die Nationalsozialisten ein. Sein aufrechtes und gradliniges Wirken hat die Stadt Köln bereits mit einem Platz und einer Gedenktafel in Kalk gewürdigt.“ Im zweiten Teil der Begründung stellt sich die Kölner AfD – ohne sich selbst zu nennen – in eine Reihe mit Karl Küpper. So schreiben die Rechtspopulisten: „In einer Zeit, in welcher politisch Andersdenkende zunehmend ausgegrenzt werden und der politische Diskurs scheinbar nur noch eine Meinung kennt, sollten wir uns solche Kölner ins Gedächtnis rufen.“

Die „FAZ“ zitiert den Sohn Gerhard von Karl Küpper, der den AfD-Antrag so bewertet: „Er ist obendrein hinterhältig“. Gerhard Küpper, so die Zeitung sieht darin einen Umdeutung und Propaganda-Aktion der AfD. Die Idee stammt auch gar nicht von der AfD, sondern Dr. Fritz Bilz aus Köln Kalk, wo Karl Küpper eine Gaststätte betrieb, fordert im März im Kölner Boulevardblatt „Express“ ein Denkmal und einen Preis. Nach dem Artikel in der „FAZ“ schreibt die Kölner AfD in einer Pressemitteilung: „Es ist extrem unfair in unsere Anträge etwas hineinzuinterpretieren, was nicht der Wahrheit entspricht. Wir wollen einen Widerständler ehren und keine Propaganda oder Umdeutung, wie es Gerhard Küpper behauptet. Wir geben Herrn Küpper die Möglichkeit uns kennen zu lernen und freuen uns auf eine Kontaktaufnahme“, sagt Stephan Boyens, Fraktionsvorsitzender der AfD Fraktion Köln.

Die Strategie der Neuen Rechten

Es ist die Strategie der Neuen Rechten, zu denen die AfD als parteipolitisches Angebot zählt, sich scharf von der Zeit des Nationalsozialismus abzugrenzen und gleichzeitig permanent auszuloten wie weit in der Öffentlichkeit Tabubrüche möglich sind. Erinnert sei in diesem Zusammenhang, an den „Vogelschiss“-Ausspruch des Parteivorsitzenden Alexander Gauland oder Höckes „Denkmal der Schande“. Die Neuen Rechten und ihre Chefstrategen der AfD haben sehr früh erkannt, dass die alten Nazis in der Bundesrepublik gesellschaftlich isoliert sind. Die alten Nazis, häufig der NPD nahe stehend haben sich mit einem Platz am Rand der Gesellschaft abgefunden. Nicht so die AfD, sie strebt in die Mitte der Gesellschaft, nicht zuletzt sichtbar, als deren Parteivorsitzender Alexander Gauland nicht müde wurde zu betonen, dass die AfD eine bürgerliche Partei sei. Das ist der Grund warum sich die Kölner AfD plötzlich für den Widerständler Karl Küpper stark macht. So kann sie sich zum einen von den alten Nazis abgrenzen und die bürgerliche Mitte Kölns, die besonders karnevalsaffin ist, erreichen und dieser signalisieren: Schaut her, wir sind doch keine Nazis sondern setzen uns für den Widerständler gegen die Nationalsozialisten Karl Küpper ein.

Das sich ausgerechnet die Kölner AfD für Karl Küpper einsetzt, ist ein Tabubruch und sollte vor allem den Kölner Karneval aber auch die Stadtgesellschaft hellhörig werden lassen. Besonders perfide ist zudem, dass die AfD in ihrer Begründung des Ratsantrags den Eindruck entstehen lassen will, dass sie mit einem Rede- und Meinungsäußerungsverbot belegt sei, was mitnichten der Fall ist. Nur ein Beispiel: Die AfD-Bundestagsfraktion lud ihr zugetane Medien zu einem Kongress mit dem Titel „1. Konferenz der Freien Medien ein. Es gibt einen Kanon an Medien, die der AfD nahe stehen. Und wer etwa die AfD vor Wahlen, wie diese Internetzeitung zur Europawahl, zu Interviews einlädt, erhält Absagen.

Auf welch hohem Ross die Kölner AfD reitet, zeigt auch die nach der „FAZ“-Veröffentlichung verschickte Pressemitteilung. Dort lädt die Kölner AfD den Sohn von Karl Küpper nach ihrem Antrag ein, das Gespräch zu suchen. Wer einen solchen Antrag als politische Partei formuliert, sollte von sich aus vor seiner eigenen Initiative, dass Gespräch suchen, ob dies der Intention der Angehörigen entspricht. Alleine der Respekt gebietet das vor dem, den die Partei ehren will. Dass sie dies vermissen läßt zeigt, dass Gerhard Küpper, mit seiner Einschätzung in der „FAZ“ wohl nicht ganz falsch liegen kann. 

Köln stellt sich quer zum Antrag der Kölner AfD

Köln stellt sich quer schreibt: „Ausgerechnet die AfD will den Karnevalisten Karl Küpper durch einen Preis der Stadt Köln ehren lassen! Ausgerechnet die Partei, für die die Ermordung von sechs Millionen Juden ein Vogelschiss der Geschichte ist. – Karl Küpper dagegen hatte die Nazis verhöhnt. Ausgerechnet die Partei, für die die Ermordung von hunderttausenden Sinti und Roma ein Vogelschiss der Geschichte ist. – Karl Küpper dagegen wurde von Nazis zusammengeschlagen und kam in Gestapohaft. Ausgerechnet die Partei, für die die Ermordung zehntausender Nazigegner ein Vogelschiss der Geschichte ist. – Karl Küpper dagegen hatte den Nazigruß lächerlich gemacht. Ausgerechnet die Partei, für die die Kriegsverbrechen der Wehrmacht in ganz Europa mit über 25 Millionen toter Zivilisten ein Vogelschiss ist. – Karl Küpper dagegen hatte die Nazis faschistische Vagabunden genannt.“

Das die Stadt Köln die Idee von Fritz Bilz einen Karl-Küpper-Preis für kritischste Büttenrede auszuloben nicht umsetzte falle ihr nun auf die Füße, stellt Köln stellt sich quer fest und weiter: „Völlig zu Recht hat der Sohn Gerhard A. Küpper die Instrumentalisierung Karl Küppers durch die AfD nachdrücklich abgelehnt. Er will sich den Namen seines Vaters nicht beschmutzen lassen. Wir unterstützen ihn dabei!“

Autor: Andi Goral
Foto: Zusammengesetzter Screenshot aus dem Antrag der Kölner AfD-Fraktion