Köln | Der rund 14.000 Einwohner fassende traditionelle Arbeiter-Stadtteil Kalk Nord genießt nach Einschätzung der sozial Engagierten vor Ort nicht den besten Ruf. Hohe Arbeitslosenquote, viele Neuzuwanderungen und mangelnde Bildungsangebote seien nur ein Teil der Probleme, die angegangen werden müssen. Um die Situation in Kalk Nord zu verbessern, hat das Projekt „Kalkschmiede“ in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten vor Ort ein Programm erarbeitet, das konkrete Maßnahmen vorschlägt. Heute wurde das „Integrierte Handlungsprogramm Kalk Nord 2012+“ vorgestellt und an Oberbürgermeister Jürgen Roters übergeben. Dieser sagte zu, das Projekt in die Politik einzubringen. Die Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen ist allerdings noch unklar.

Als entscheidend für den Erfolg der weiteren Entwicklung sehen die Verantwortlichen eine kontinuierliche Kinder- und Jugendarbeit. „Die Kinder und Jugendlichen brauchen eine Anlaufstelle, wo sie beispielsweise Informationen über Ausbildung und Berufseinstieg erhalten können. Oder auch ein Vorbild, an dem sie sich orientieren können.“ so Michael Janas, Leiter eines Projekts für Jugendarbeit in Kalk. Ohne Kontinuität, auch in Sachen Personal, sei dies jedoch nur schwer zu erreichen. Vorübergehende Projekte müssten zu ständigen Einrichtungen erweitert werden, so Janas.

Ein weiteres Ziel des Programms ist die Einrichtung einer Stadtteilschule, die in den benachbarten Gebäuden der Adolph-Kolping-Hauptschule und der aufgelösten Max-Albermann-Schule entstehen soll. „Wir haben derzeit 512 Schüler, obwohl die Schule eigentlich für höchstens 400 Schüler ausgelegt ist.“, betonte Ronald Lappert, Leiter der Adolph-Kolping-Schule, den Bedarf an zusätzlichen Räumlichkeiten. Kalk Nord leidet den Verantwortlichen zufolge zudem an einer hohen Schulabbrecherquote.

Kalk Nord als „Durchlauferhitzer“

Zudem plädiert das Handlungsprogramm für einen Ausbau des Angebots an günstigem und familiengerechtem Wohnraum in Kalk Nord. Zu diesem Zweck wurde bereits ein „Wohndialog“ eingerichtet, bei dem sich die drei größten Wohnungsanbieter in Kalk Nord sowie der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein und die „Kalkschmiede“ über Wohnbedarf und Verbesserungsmöglichkeiten vor Ort austauschen. Langfristig sollen Familien an Kalk Nord gebunden werden. „Kalk Nord gleicht einem Durchlauferhitzer. Die Leute kommen hier an und wollen möglichst schnell wieder weg. Das wollen wir ändern.“, erklärte Kathrin Möller von der GAG Immobilien AG. Auch die Nachbarschaften leiden darunter, wenn die Mieterschaft einem permanenten Wechsel unterliegt, so Möller. Als erstes Ergebnis des Wohndialogs wurde ein „Veedels-Hausmeister“ einberufen, der als Ansprechpartner für die Bewohner fungieren und Hilfestellungen im Alltag geben soll. Für die Zukunft nannte Kathrin Möller keine weiteren konkreten Vorhaben. Wohndialog und „Veedels-Hausmeister“ sollen jedoch erhalten bleiben.

Darüber hinaus fordern die Verantwortlichen eine hauptamtliche Stelle für Gemeinwesensarbeit in Kalk Nord und die Schaffung von öffentlichen Freiräumen. „Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass sich die Bürger Kalks durchaus mobilisieren lassen. Aber sie brauchen eben eine Anleitung.“, erklärte Heinz-Hubert Specks von der Sozialraumkoordination Humboldt-Gremberg/Kalk.

Finanzierung noch unklar

Oberbürgermeister Jürgen Roters zeigte sich vom Programm überzeugt und sicherte zu, das Projekt in die Politik zu tragen. Auch beim Land Nordrhein-Westfalen will Roters um Unterstützung werben. „Natürlich können nicht alle Wünsche erfüllt werden. Aber soweit es möglich ist, werde ich mich für die Umsetzung einsetzen.“, so OB Roters. Die Finanzierung des Integrierten Handlungsprogramms wollen die Verantwortlichen auf viele Schultern verteilen. „Rund 60.000 Euro sind pro Jahr nötig, um gute Arbeit im Gemeinwesen leisten zu können.“, erklärte Frauke Burgdorff, von der Montag Stiftung, die das Projekt „Kalkschmiede“ maßgeblich unterstützt. Bis Mitte Januar haben nun alle Beteiligten und die Bürger Kalks die Möglichkeit, das Handlungsprogramm zu überarbeiten. Daraus soll bis Februar 2013 eine Fassung 2.0 entstehen, die die als Grundlage für weitere Debatten dienen soll.

Autor: Christian Bauer
Foto: Kalks Bezirksbürgermeister Markus Thiele (rechts) überreicht das Integrierte Handlungsprogramm an Oberbürgermeister Jürgen Roters.