Köln | In den Umfragen enteilen die Grünen auf Bundesebene auf die Top-Plätze. Auch in Köln errangen die Grünen den 1. Platz auf dem Treppchen und stellen seitdem die stärkste Ratsfraktion und mit der von ihnen unterstützen parteilosen Politikerin Henriette Reker auch die Oberbürgermeisterin. Ideale Voraussetzungen also grüne Politik umzusetzen. Aber in Köln gibt es Enttäuschungen am neu geschmiedeten Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt und die Rolle der Kölner Grünen wird zunehmend hinterfragt. Bürger Boris Sieverts fragt: „Ist in Köln noch eine „Stadtentwicklung von unten“ möglich?“ und auch „Köln kann auch anders“ stellt Fragen und hat eine Petition gestartet.

Grüne, CDU und Volt versprechen in ihrer Bündnisvereinbarung bis 2025 eine „zukunftsgewandte und verlässliche Stadtpolitik“. Schon bei den ersten Bewährungsproben allerdings scheinen die Köln führenden Parteien allen voran die Grünen an diesem Anspruch zu scheitern. Dies macht das Bündnis „Köln kann auch anders“ in seinem aktuellen Newsletter deutlich. Es geht konkret um das Otto-Langen-Quartier und den „Raum 13“. Die Macher*innen von „Raum 13″ müssen nach eigener Aussage am 29. April um 8:30 Uhr das Gelände räumen. Dabei heißt es in der Bündnisvereinbarung von Grünen, CDU und Volt: „Das Otto-Langen-Quartier und Raum 13 werden wir erhalten.“ Jetzt forderten die Macher*innen von „Raum 13“, dass nebenan ein Ausweichquartier auf dem Gelände von NRW.Urban ermöglicht wird.

Das ist die Selbstbeschreibung von NRW.Urban das sich als Partner der Kommunen bei der Stadtentwicklung darstellt: „NRW.Urban ist ein erfahrener und zuverlässiger Partner in der Stadtentwicklung. Als hundertprozentiges Beteiligungsunternehmen des Landes Nordrhein-Westfalen setzt NRW.Urban Arbeitsschwerpunkte in der Flächenentwicklung für Wohnen, Industrie und Gewerbe sowie für komplexe städtebauliche Vorhaben.“ Die Frage: Setzt sich das neue Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt für „Raum 13“ ein? Öffentlich war bisher dazu nichts zu hören. Das „Raum 13“-Team schreibt dazu: „Aus dem digitalen ‚Rathaus-Flurfunk‘ erreichten uns Bemerkungen, wonach der Eigentümer NRW.Urban, ein hundertprozentiges Beteiligungsunternehmen des Landes Nordrhein-Westfalen, angeblich nicht bereit wäre, das besagte Grundstück an die Stadt Köln zu vermieten, weil auf der ausgesuchten Freifläche angeblich Gefahr für Leib und Leben drohe und dies ebenso eine ungebührliche Belastung für einen kaufwilligen Privatinvestor sei. Die Stadt Köln als kommunaler Träger der Planungshoheit für die Stadtentwicklung genügend Hebel in der Hand dem ebenfalls öffentlichen Eigentümer NRW die Notwendigkeit einer solchen Anmietung durch die Stadt zu verdeutlichen.“

„Köln kann auch anders“ hat eine Petition gestartet und fordert „An die Spitze des Dezernats Kunst und Kultur gehört einE leidenschaftlicheR Kultur-ErmöglicherIN!“ Diese Petition ist hier angelegt: https://www.openpetition.de/petition/online/an-die-spitze-des-dezernats-kunst-und-kultur-gehoert-ein-e-leidenschaftliche-r-kultur-ermoeglicher-i

Die Initiative fordert dies jetzt, da die Stadt die Stelle der oder des Kulturdezernent*in neu ausschreibt.

Ist in Köln noch eine „Stadtentwicklung von unten“ möglich?

Boris Sieverts, ein Aktivist, der sich nicht nur leidenschaftlich am Kalkberg engagierte, sondern auch für die Hallen Kalk, hat sich aus der Projektarbeit dort zurückgezogen. Er schreibt, dass er es nicht mehr ertrage „aus Rücksicht auf laufende Gespräche zu dem haarsträubenden Gebaren einiger Akteure aus Politik und Verwaltung zu schweigen“. Gleichwohl attestiert er einigen Gesprächspartner*innen im Rahmen der Kalker Hallen fair und ergebnisorientiert zu handeln. „Stadtentwicklung von unten“ werde in Köln torpediert sagt Sieverts und nennt vor allem das Liegenschaftsamt und das Dezernat für Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Wirtschaft. Er kritisiert, dass Bürgerbeteiligung nur im erfüllten vom Gesetzgeber erfüllten Mindestmaß ermöglicht werde oder bürgerschaftliches Engagement als „Störfeuer“ bezeichnet werde, wie es in einer städtischen Ausschreibung für eine Kommunikations-Dienstleistung im Rahmen der Ost-West-Achse genannt wurde.

Sieverts schreibt: „Statt inhaltlicher Auseinandersetzung, in welcher Stadt wir leben wollen, wird Stadtplanung wieder in erster Linie als Vorbereitung für die Immobilienwirtschaft betrachtet und betrieben. Der inhaltlichen Auseinandersetzung weicht man aus, indem man die Akteure hinhält, jaja sagt, an vertrauensvollen Umgang appelliert und hintenrum Fakten schafft bzw., wie im Fall von ‚Raum 13‘, lieber nicht schafft. Die Politik schaut derweil zu, wie ihre Beschlüsse Mal um Mal ignoriert, umgangen, aufgeschoben oder sogar sabotiert werden (z.B. indem Gebäude grob fahrlässig, wenn nicht absichtlich dem Verfall preisgegeben werden, wie gerade in Kalk), oder sie beteiligt sich sogar noch aktiv an der Verhinderung zivilgesellschaftlicher Stadtentwicklung. Eine erstaunliche Rolle spielt dabei in letzter Zeit die Grüne Ratsfraktion, die auch wegweisenden Projekten wie den Hallen Kalk oder den Initiativen am Ebertplatz eine Stolperfalle nach der anderen stellt (vorneweg die Grüne Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Sabine Pakulat), oder so erschreckende ‚Störfeuer‘-Äußerungen als ‚unglückliche Formulierung‘ verharmlost, statt sich dem deutlichen Protest dagegen anzuschließen. Man muss sich wirklich fragen, für wen und was die Kölner Grünen stehen…“ Sieverts will wissen: „Ist in Köln noch eine ‚Stadtentwicklung von unten‘ möglich?“ Eine berechtigte Frage.

Autor: red