Köln | Kommentar | Die Teilinbetriebnahme der Nord-Südstadtbahn kommt. Das ist gut für Köln. In Köln, für den ÖPNV in dieser Stadt, ohne den die Stadt im Verkehrschaos versinken würde, den Wirtschaftsstandort und auch für die Umweltzone. Außerhalb von Köln für das Image der Stadt, denn dann fährt die U-Bahn fast auf allen Streckenabschnitten und am Ende wahrscheinlich auch gut für die Fördermillionen. Das Chaos um die Entscheidung heute im Kölner Rat. Ein Kommentar.

Unverständlich, wie man bei so viel positiven Momenten auch nur einen Augenblick zögern kann, vor allem vor dem Hintergrund der unkalkulierbaren Risiken einer Rückzahlung von Fördergeldern und des vielen verbauten Geldes. Zunächst entschieden sich SPD und CDU gegen die Inbetriebnahme. Das war gegen 12:30 Uhr bei den Haushaltsplanberatungen. Grund: Die CDU erwartete nach einer Zusage der SPD mehr Geld für die Sanierung von Straßen für den Individualverkehr. Dem war aber gar nicht so. Also zog die CDU wenige Stunden später zurück und stimmte mit FDP und Grünen für die Inbetriebnahme des südlichen Abschnittes der Nord-Südstadtbahn. Offensichtlich ist, die Koalitionäre von SPD und Grünen stimmten in dieser Frage nicht überein. Denn die Grünen hielten an ihrer seit Monaten vorgebrachten Argumentation fest und stimmten am Morgen, gemeinsam mit der FDP für die Inbetriebnahme.

Es offenbarte sich aber noch ein weiterer Fakt. Der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters blieb bei dieser symbolträchtigen, oder wie Möhring von der CDU sagte, „psychologisch wichtigen Frage“, stumm. Statt dessen sah er dem politischen Hacken einfach zu. Aber hätte nicht gerade der Oberbürgermeister, gestellt von der SPD, eingreifen müssen und dem unwürdigen Schauspiel ein Ende setzen? Mit kräftigen Argumenten für das Projekt der Linie 7 in Porz und der Südstadt werben und die Fakten präsentieren müssen? Jörg Frank von den Grünen war es dann, der mit Fakten den hitzigen Debatten ein Ende setzte, und endlich Zahlen auf den Tisch legte und erläuterte.

Die Debatte hat viele Verlierer, denn die kommunalpolitischen Eliten Kölns haben sich blamiert. In erster Linie der Vorsitzende des Finanzausschusses und Fraktionsvorsitzende der SPD Martin Börschel, der im Hintergrund taktiert hatte, aber auch der Fraktionsvorsitzende der Kölner CDU Winrich Granitzka und der CDU Verkehrsexperte Carsten Möhring, die mitgespielt haben. Möglich wurde dies aber auch erst dadurch, dass es um Roters, selbst in so wichtigen Fragen, ein Machtvakuum zu geben scheint. Ein Mann mit Initiative und Liebe zu dieser Stadt hätte vermittelt und sich für die Menschen in der Südstadt eingesetzt. Für den Einsturz am Waidmarkt, die zwei toten jungen Männer und deren Folgen trägt auch heute noch die kommunalpolitische Elite Verantwortung und sie kann die Wunden nur heilen, wenn sie glaubwürdig argumentiert und verlässlich agiert. Dies ist heute verspielt worden von Oberbürgermeister, CDU und SPD, die mal eben die Inbetriebnahme der südlichen Strecke, dem Stopfen von Löchern in Straßen vorziehen wollten. Köln fehlt eine Frau oder ein Mann mit Liebe zur Stadt, einem festen Willen, analytischem Verstand und überzeugender Argumentationskraft, die oder der über Parteigrenzen hinweg agiert. Dies wurde heute besonders deutlich.

Autor: Andi Goral