Köln | Silvester 2015/16 eskalierte die Lage um den Kölner Hauptbahnhof und es kam zum Behördenversagen der Kölner Polizei. Köln und die Kölner Polizei erreichte damit weltweite Berühmtheit. 2016/17 schaffte Köln Schutzzonen und eine Lichtinstallation die zwar medial, aber von den Bürgern wenig beachtet wurde und die Gesellschaft entzweite sich in der Debatte, ob „Racial Profiling“ am Kölner Hauptbahnhof durch die Kölner Polizei stattfand. Die Polizei Köln veranstaltete das Symposium „Zurückschauen – nach vorne denken“ und musste Fehler eingestehen. Dies spricht für ihre Offenheit. Sie ist in der Exekutive das repressive Element, nicht das Gestaltende, dennoch scheint sie mehr voranbringen zu wollen als Stadtgesellschaft, Oberbürgermeisterin und Teile der Kölner Kommunalpolitik, allen voran das Rekerbündnis aus CDU, Grünen und FDP, die sich ihrer Rolle und Verantwortung als gestaltendes Element immer noch nicht bewußt zu sein scheinen. Dabei mahnt die Opposition im Kölner Rat aus Linke, SPD und Piraten und Teilen der Stadtgesellschaft schon länger eine aktive Rolle der Politik und der Kölner Oberbürgermeisterin an.

Nur ein Zaun reicht nicht

Es ist mehr als bemerkenswert, dass der Impuls für die Gestaltung der Silvesterfeierlichkeiten ausgerechnet aus dem Teil der Exekutive erfolgt, der für Repression verantwortlich zeichnet, wenn etwas schief läuft. Zweimal hintereinander hat die Kölner Polizei Silvester in Köln keine gute Rolle eingenommen, dies steht außer Zweifel und wurde in der Aufarbeitung deutlich. Dabei bleibt Polizeipräsident Uwe Jacob, der auf Jürgen Mathies folgte, der Silvester 2016/17 keine Traumfigur, gerade durch seine polarisierende Kommunikation abgab und heute Staatssekretär im NRW-Innenministerium ist, nun die Rolle des Aufarbeitenden. Es gilt nach vorne zu schauen und die Kölner Polizei tut dies, erstaunlicherweise. Wer sich um die Diskussionen zu den Silvesterfeiern 2016/17 in den Kölner Kommunalgremien erinnert, der weiß, dass es zunächst nur die Idee gab den Dom mit einem Zaun zu schützen. Die Opposition opponierte, eine Lichtinstallation folgte, die vor allem für schöne Bilder sorgte rund um Oberbürgermeisterin und Kardinal, und ein Gospelchor. Die Bürger fehlten. Die, die nach Köln, wie heute wissenschaftlich bewiesen, zum ersten Mal nach Köln kamen, wurden am Abend und Tage danach kriminalisiert und hatten mit den Straftätern von 2015 nichts zu tun. Wer die Einhaltung des rechtsstaatlichen Kompasses einforderte, wurde als Nestbeschmutzer beschimpft und wer erinnert sich nicht an die Beschimpfungen von Simone Peter von den Grünen die das Wort „Racial Profiling“ richtigerweise nutzte.

Aufarbeitung im Bürgerfunk

Franco Clemens im Bürgerfunk nahm sich am 7. Oktober im Radioclub Böcklerplatz im Nachgang zum Symposium der Kölner Polizei „Zurückschauen – nach vorne denken“ des Themas noch einmal an. Polizeipräsident Uwe Jacob zeigte sich offen, sprach von weiterdenken und ein Zugehen auf Menschen aus einem anderen Kulturkreis. Jacob: „Wir brauchen viel mehr gegenseitiges Verständnis“ und weiter: „Es gibt zum ersten Mal valide Daten, wir wissen wer 2016 bei uns in Köln war. Wir haben Hinweise bekommen, wie wir dort kommunizieren können und wir haben neue Ideen gehört und sei es, dass wir ein multikulturelles Fest 2017 auf dem Bahnhofsvorplatz organisieren, mit vielen Streetworkern, mit vielen Sprachmittlern, mit der Polizei und den Gästen, die zu uns kommen.“ Worte, die man sich aus dem Mund einer gestaltenden Oberbürgermeisterin wünscht und nicht dem Chef einer Ordnungsbehörde.

Wolfgang Uellenberg van Dawen Sprecher des runden Tisches für Migration in Köln erklärte in der Sendung des Radioclub Böcklerplatz zum Symposium der Polizei: „Es wurde deutlich klar auf Fehler der Polizei in der Silvesternacht 2016/17 hingewiesen. Es kommt jetzt darauf an, in der Einsatzplanung der Silvesternacht 2017/18 und bei anderen Ereignissen in das praktische Handeln der Polizeibeamten runterzubrechen, also auch den Polizistinnen und Polizisten in den Wachen sowie den Bereitschaften Handlungssicherheit zu geben, der mehr auf Dialog und auf Offenheit ausgerichtet ist und mehr auf genaues Hinsehen auf die Situation, als auf unmittelbaren Zwang. Hier braucht man einen kulturellen Wechsel, eine Strategie. Mich hat es sehr gefreut, dass Herr Jacob auch viele gesellschaftliche Gruppen eingeladen hat, wie schon bei Herrn Steffenhagen und wenn wir diese Tradition wieder aufnehmen könnten, so dass man hier einen engen Dialog hat, bei respektieren der jeweiligen Rolle und Aufgaben und auch die Fähigkeit hat kritisch und offen miteinander zu reden, kann die Stadtgesellschaft sicherer leben und die Polizei kannn in einer multikutlurellen Stadt Sicherheit herzustellen, Verbrechen aufzuklären, als wenn sie sich im Polizeipräsidium einigeln würde.“

Moderator Franco Clemens, beklagte das mangelnde Interesse der überregionalen Medien an dem Symposium der Polizei, nachdem diese das Thema „Nafri“ zwei Jahre lang als „kulturrassischte Verhetzung“ in der Öffentlichkeit zu diskutieren und jeden kleinen Anlass nutzten, um darauf zu polarisieren. Dies habe nicht stattgefunden.“

Wer gestaltet Köln?

Die Frage, die sich stellt ist, wer gestaltet und redet nicht nur vom multikulturellen Köln? Jetzt Silvester 2017/18, in einem Jahr in dem keine Wahlen anstehen, hat die Politik die Chance, echte Integration zwischen den Menschen herzustellen, der Welt zu zeigen, wie friedlich Köln feiert. Dies gelingt aber nicht durch Metallzäune und Lichtinstallationen, die keinen Menschen an einem Tag an dem man mit Freunden oder netten Menschen feiern will, interessieren. Silvester ist ein Tag an dem wir Menschen es gewohnt sind, aufeinander konzentriert zu sein und nicht auf Kultur. Die Kölner Stadtgesellschaft hat ein Recht darauf, dass die, die gewählt wurden zu gestalten, dieser Aufgabe gerecht werden, allen voran die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und ihr Gestaltungsbündnis und nicht das Organ der Exekutive, das zwar am präsentesten in der Öffentlichkeit ist, aber keine Gestaltungsfunktion hat, wie die Polizei. Man darf gespannt sein, wie die Gremien der Stadt Köln, allen voran der Rat der Stadt Köln, sich progressiv, nachhaltig und integrativ an die Spitze der Debatte stellt. Zeit wäre es.

Autor: Andi Goral
Foto: Diese Bilder von Menschen mit ausländischem Aussehen, die willkürlich kontrolliert und mit dem Begriff „Nafri“ noch 2016 belegt wurden, will die Kölner Polizei wohl vermeiden.