Köln | Atempause in der Diskussion um das Mahnmal zur Erinnerung an den Genozid der osmanischen Türkei an den Armeniern: Die Stadt will die Skulptur so lange an der Hohenzollernbrücke stehen lassen, bis ein Gericht entschieden hat. Einem Dringlichkeitsantrag der Linken, nach dem sich der Kulturausschuss in seiner Sitzung am Dienstag damit befassen sollte, war damit fürs Erste die Brisanz genommen.

Das Mahnmal – eine Vierkant-Pyramide aus Stahl, auf deren Spitze ein angeritzter Granatapfel sitzt – war am vergangenen Sonntag ohne Erlaubnis der Stadt auf der südwestlichen Aussichtsplattform der Hohenzollernbrücke verankert worden. Verantwortlich dafür ist die Initiative „Völkermord erinnern“.

Zunächst wollte die Stadt die Skulptur sofort entfernen lassen. Die Initiative legte dagegen Einspruch beim Verwaltungsgericht ein, das will nun bis nächste Woche entscheiden. Der Vorstand des Fördervereins „EL-DE-Haus“ fordert die Stadt zum Dialog mit den Initiatoren auf und verweist auf die „seit mehreren Jahren geübte Tradition, Denkmäler, die durch bürgerschaftliches Engagement in der Kölner Stadtgesellschaft errichtet wurden, um an die Verbrechen des Nationalsozialismus oder an Verbrechen gegen die Menschlichkeit erinnern sollen, nicht zu entfernen und im Dialog mit den Initiatorinnen und Initiatoren Lösungen zu finden, die dem Wert dieser Mahnmale und dem Anliegen der Initiatoren gerecht werden.“. Ohne dieses Engagement gäbe es weder die Stolpersteine noch das Denkmal für die hingerichteten Jugendlichen und Zwangsarbeiter in Ehrenfeld.

Standort der Stahlskulptur in der Politik umstritten

Gisela Stahlhofen, kulturpolitische Sprecherin der Linken, schlägt eine Sondergenehmigung vor, nach der das Mahnmal zumindest bis zum Jahrestag zur Vertreibung und Vernichtung des Armenischen Volkes am 24. April 2018 stehen bleiben könne. Der Platz in Sichtweite des preußischen Kaiserdenkmals sei „klug gewählt“. Außerdem passe das Mahnmal zur Arbeit Dani Karavans (er hat diesen Platz gestaltet), der damit an die Menschenrechte erinnere.

Ob der Platz der geeignete sei, ist vor allem bei CDU und SPD im Kulturausschuss umstritten. FDP-Mitglied Ulrich Wackerhagen wies auf das schlechte Image hin, dass Köln durch einen „gewaltsamen Abbau“ entstünde. Klaus Schäfer (SPD) sprach sich gegen eine „schleichende Legalisierung“ a la FDP aus. Einigkeit herrschte – ohne Abstimmung – darin, dass sich Gestaltungs- und Kunstbeirat mit dem Mahnmal beschäftigen sollen.

Der Verein „Völkermord erinnern“ setzt sich schon seit langem für das Mahnmal ein. Zuletzt wurde ein Standort auf dem Friedhof am Lehmbacher Weg diskutiert, wo die armenische Gemeinde Kölns – die größte in Deutschland – ein Gräberfeld betreut. Die weitergehenden Gespräche stocken allerdings schon seit Monaten.

Bundestag verabschiedete Resolution zum Genozid an den Armeniern

In den Jahren 1915/16 führte die türkische Armee einen Vernichtungsfeldzug gegen die christliche Minderheit der Armenier. Die geschätzte Opferzahl schwankt zwischen 800.000 und 1,5 Millionen. Am 2. Juni 2016 verabschiedete der deutsche Bundestag mit breiter Mehrheit eine Resolution, die diesen Völkermord verurteilte und dabei auch die Mitverantwortung des deutschen Reiches nannte. Dieses war damals der Verbündete der Türkei, deutsche Generäle wussten von den Greueltaten.

Diese Resolution führte zu einer deutlichen „Verstimmung“ zwischen Deutschland und der Türkei, in der der Völkermord bis heute abgestritten wird. Auch türkische Verbände in Köln relativieren diesen Genozid bis heute.

Autor: ehu
Foto: Blumen liegen rings um das Mahnmal, das an der Hohenzollerbrücke an den Völkermord an den Armeniern erinnert.