Köln | „Besser gut geklaut, als schlecht erfunden“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Kölner SPD Martin Börschel heute zu einer kreativen Idee, mit der die Sozialdemokraten schnell mehr günstigen Wohnraum schaffen wollen und vor allem neue und bislang nicht im Fokus stehende Flächen für den Wohnungsbau aktivieren wollen. In München und in Berlin gibt es Vorbilder: Stelzenhäuser über Parkflächen in Modulbauweise oder über Supermärkten. Da haben sich die Sozialdemokraten die Idee abgeguckt.

Was macht eigentlich die Wohnungsbauleitstelle?

Für Börschel ist die Wohnungspolitik ein Schwerpunkt der Kölner SPD und er spart nicht mit Kritik an Schwarz-Grün im Stadtrat und der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Nach drei Jahren Rekerbündnis sei, obwohl es politischer Konsens unter allen demokratischen Parteien sei, dass 6.000 Wohnungen pro Jahr benötigt werden, aktuell ein trauriger Tiefpunkt an fertiggestellten und genehmigten Wohnungen in Köln erreicht. Die 6.000 Wohnungen pro Jahr wurden nie erreicht. Die Stadtspitze agiere beschämend tatenlos und erfolglos beim Wohnungsbau, so Börschel. Der Kölner Spitzengenosse fragt zudem nach der Wohnungsbauleitstelle und was diese leiste? Börschel: „Was machen die eigentlich?“ Die Wohnungsbauleitstelle nahm, so eine offizielle Mitteilung der Stadt Köln am 3. April 2017 ihre Arbeit auf. Dort heißt es: „Die Leitung übernimmt Hans-Martin Wolff, bislang stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamtes, der von vier Kolleginnen und Kollegen unterstützt wird. In den kommenden Wochen und Monaten soll das Team personell weiter verstärkt werden. Die direkte Zuordnung zum Dezernat für Stadtentwicklung, Planen und Bauen ermöglicht rasche und effiziente, ämterübergreifende Entscheidungen.“ Das Ziel der neugeschaffenen Organisationseinheit war auch klar definiert: „Ziel ist die Steigerung der Neubauzahlen bei gleichzeitiger Sicherung der Qualitätsansprüche an den Wohnungsbau.“ Beim sozialen Wohnungsbau erreichte die Stadt Köln die selbstgesetzte Zielmarke von 1.000 neugebauten geförderten Wohnungen nur einmal 2015. [Bericht von report-K zu dem Thema >]

München als Vorbild

Nun begnügt sich die Kölner SPD aber nicht nur mit Kritik an den Regierenden in der Stadt, sondern legt einen kreativen Vorschlag vor, der auch nicht ganz neu ist, sondern schon einmal in der Bezirksvertretung Lindenthal diskutiert wurde. Das Überbauen von städtischen Parkplätzen mit Stelzenhäusern, so dass die Parkplätze zu großen Teilen erhalten bleiben und darüber Wohnraum entsteht. In München gibt es ein Paradebeispiel. Dort wurde der Parkplatz des Dantebades mit einem Stelzenhaus in Modulbauweise überbaut. Fast alle Parkplätze blieben erhalten. Über diesen gibt es nun 86 Einzimmerwohnungen, den Quadratmeter für 9,40 Euro kalt und 14 Wohnungen mit je 50 Quadratmetern. Die „Süddeutsche Zeitung“ besuchte die Mieter und zeigt auf, dass alle mit ihren neuen Wohnungen glücklich und zufrieden sind. Auch Münchens Oberbürgermeister Reiter zeigt sich im Imagevideo der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag, begeistert von der modularen Bauweise und den mittels Kran einschwebenden kompletten Nasszellen.

Zauberformel für Wohnungsbau gefunden?

So etwas schwebt nun auch den Kölner Sozialdemokraten vor, Martin Börschel spricht gar von einer Zauberformel. Mit dem Überbau von Parkplätzen rekrutiere man neue Grundstücke an die man zuvor gar nicht gedacht habe, der Bau in Modulbauweise sei preiswert und schnell und es gebe günstigen Wohnraum. Daher bringt die SPD nun einen Antrag in die nächste Sitzung des Kölner Stadtrats ein, mit dem Ziel, dass die Kölner Stadtverwaltung mögliche Grundstücke identifiziere, so Michael Frenzel der stadtpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Kölner Rat. Und er hat auch schon die ersten Parkplätze im Blick. Der Parkplatz der Kölnbäder am Ossendorfbad, der im städtischen Besitz ist. Hier könnten bei fünf- bis sechsgeschossiger Bebauung 31 Wohnungen entstehen. In Zollstock am Höninger Weg 222. Auch hier besitzt die Stadt Köln einen Parkplatz, über dem 40 Wohungen entstehen könnten. Oder der Parkplatz am S-Bahnhof Wahn. Dort wären 30 Wohnungen möglich. Alle diese möglichen Bauflächen, seien zudem gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die SPD kann sich viele Bauherrn vorstellen: Vom städtischen Wohnungbaukonzern GAG, über die städtische Wohnungsversorgung bis hin zu privaten Investoren, die allerdings an die Regeln des kooperativen Baulandmodells gebunden wären.

Supermärkte überbauen

In Berlin gibt es ein weiteres spannendes Projekt. Dort wurde ein Supermarkt des Discounters Aldi Nord mit einem Wohnblock überbaut. Auch das sieht die Kölner SPD als Vorbild. Daher stellt die SPD den Antrag in der kommenden Ratssitzung, dass die städtische Verwaltung prüfen solle, welche Parkplatzflächen in städtischer Hand sind, welche sich für eine Überbauung lohnen, darunter fallen auch Park & Ride Parkplätze, sowie Supermärkte oder Discounter, die überbaut werden können.

Autor: Andi Goral
Foto: Martin Börschel und Michael Frenzel zeigen den Imagefilm der Gewofag