Köln | Eigentlich sollen Honorarkräfte an der Rheinischen Musikschule Köln (RMS) nur „Lücken“ füllen. Doch inzwischen decken sie regelmäßig 45 Prozent der Unterrichtsstunden ab. Im Schnitt erhalten sie 25 Euro für 60 Minuten – und das unverändert seit rund 20 Jahren. Jetzt regt sich Widerstand – und Verwaltung und Politik hören zu.

Am Montag war zu einer Podiumsdiskussion ins DGB-Haus geladen. Gut hundert Honorarkräfte waren gekommen, auch einige festangestellte Musiklehrer. Eine Verdi-Sekretärin war dabei, ebenso RMS-Rektor Tilman Fischer. Dazu Vertreter der Ratsparteien CDU, SPD, Grüne, FDP und Linken hörten sich die Klagen an. Neu war ihnen das Thema nicht, denn im Februar hatte schon eine schulinterne Podiumsdiskussion stattgefunden, mit der Politik gab es Gespräche im Vorfeld. Auch eine kleine Demonstration gab es schon.

Städtischer Zuschuss seit 1994 unverändert – trotzdem Sparvorgaben

Um so weniger ist zu verstehen, warum sich erst jetzt Protest regt. Denn der städtische Zuschuss für die RMS ist – trotz steigender Kosten – schon seit 1994 im Großen und Ganzen unverändert, liegt derzeit bei knapp vier Millionen Euro jährlich. In dieser Zeit hat sich die Schülerzahl auf gut 9.000 verdoppelt, innerhalb eines Jahres sind es sogar über 11.000. Möglich nur, weil es eben 239 schlecht bezahlte Honorarkräfte gegenüber 115 Festangestellten, die sich auf 80 Vollzeitstellen verteilen. Es gab schon einmal deutlich mehr feste Stellen.

Die Honorarkräfte haben das Nachsehen: Für sie gibt es weder Kranken- noch Urlaubsgeld oder andere Zuschläge (während die Teilnahmegebühren auch in den Ferien gezahlt werden und erst im letzten Jahr erhöht wurden). Nicht bezahlt werden sie für Vor- und Nachbereitung oder für Elterngespräche. Allein mit Inflationsausgleich müssten die Honorare heute bei 32 Euro liegen, hat das Forum errechnet, ihre aktuelle Forderung sind 40 Euro. Schließlich sollen Honorarkräfte nur noch 25 Prozent der Unterrichtsstunden abdecken – hier haben sie sogar die Unterstützung der Unternehmensberatung Kienbaum. Die hatte schon 2007 ermittelt, dass alles über 33 Prozent unwirtschaftlich sei.

Die Forderungen der Honorarkräfte liegen auf dem Tisch

Die Forderungen des im Vorjahr gegründeten „Forum für Honorarkräfte RMS Köln“ liegen auf dem Tisch: Allen voran höhere Honorare mit langfristigem Inflationsausgleich, angeglichen dem Tarif für den öffentlichen Dienst (danach beträgt der Stundensatz für einen Berufsanfänger schon 44 Euro). Dann mehr Festanstellungen und einen Anteil von höchstens 25 Prozent der Honorarkräfte an den Unterrichtsstunden.

Hier fand die Podiumsdiskussion statt, das DGB-Haus am Hans-Bockler-Platz.

Mit der Schulleitung gab es schon „konstruktive Gespräche“ – „ich stehe auf ihrer Seite“, so Fischer. Er will Geld für mindestens zwölf zusätzliche feste Stellen. Das würde zum einen bisherigen Honorarkräften einen sicheren Arbeitsplatz geben, zum anderen könnten dann aus dem Topf für Sachleistungen, aus dem Honorarkräfte bezahlt werden, höhere Honorare gezahlt werden. Eine Festanstellung, so Fischer, koste etwa 60.000 Euro im Jahr. Schließlich sollen Honorarkräfte nur noch jede vierte Unterrichtsstunde abhalten.

Aus der Politik leise Selbstkritik an mangelnder Unterstützung

Die Politiker lobten den Einsatz der Honorarkräfte und zeigten grundsätzliches Verständnis für die erhobenen Forderungen. Stellvertretend übte Ratsmitglied Helge Schlieben (CDU) sogar vorsichtige Selbstkritik am „Versagen von Politik und Verwaltung“ in den letzten Jahren. Feste Zusagen aber wollte er keine machen, erst müsse dies in der jeweiligen Partei beraten werden. Außerdem erwarten sie von der Schulverwaltung noch genauere Kostenberechnungen, wenn die Kämmerin im August den ersten Haushaltsentwurf vorlegt.

Eine starke Unterstützung durch die Politik ist – sogar unabhängig von den Problemen der Honorarkräfte – für einen ordnungsgemäßen Betrieb unbedingt nötig. Denn starke Freunde scheint es im Schuldezernat und der Kämmerei nicht zu geben. So soll die RMS in diesem Jahr 100.000 Euro einsparen – „wobei wir aktuell nicht wissen, wo wir diesen Betrag im laufenden Betrieb finden können“, beschreibt Fischer die Lage. Auch der jahrelange Abbau von Personalstellen habe der Haushaltskonsolidierung gedient. Dies aber werde „ausschließlich durch politische Entscheidungen herbeigeführt“. Hier scheint sich nun ein Sinneswandel zu vollziehen.

Musikunterricht ist wichtiger Teil der sozialen Teilhabe

Einig waren sich Fischer und Politiker auch, dass die Musikschule ein wichtiger Teil der musischen Bildung und der Persönlichkeitsentwicklung ist – selbst wenn dieses Aufgabe nicht zur gesetzlichen Daseinsfürsorge der Stadt gehört. Und Kinder aus allen sozialen Schichten sollen dieses Angebot wahrnehmen können. 2016 wurden 693 Kinder mit Kölnpass gezählt, „Tendenz erfreulicherweise steigend“, berichtet Fischer. Die damit verbundenen Mindereinnahmen berechnet er mit 236.438 Euro. Zum sozialen Selbstverständnis der RMS gehört auch die Kooperation mit 80 Schulen und Kitas. Nicht zu vergessen: An der RMS kann man sich auch auf ein Musikstudium vorbereiten (lassen).

Die beiden Honorar-Klavierlehrer Eva-Maria Zimmermann und Wolfgang Ruland sind mit dem derzeitigen Stand der Dinge zunächst zufrieden – sie haben den „Arbeitskampf“ vor einem Jahr mit Hilfe der Gewerkschaft Verdi eingeleitet. Vielleicht findet sich ja in Zukunft auch eine Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die hat es im Vorjahr geschafft, die Sätze für Honorarkräfte an der VHS anzuheben.

Autor: ehu