Köln | Oberbürgermeisterin Henriette Reker beansprucht für sich eine tragende Rolle bei der Nachbesetzung von Beigeordnetenstellen, will sogar das Verfahren zur Nachbesetzung des Kölner Schuldezernats stoppen. Aber hat die Oberbürgermeisterin überhaupt diese Rolle? Ein Blick in die Gemeindeordnung, Kommentierungen und Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, der sich nicht anmaßt rechtlich verbindlich zu sein, aber einige Fragen aufwirft, auch vor dem Hintergrund medialer oder Kommentierungen etwa aus der Politik, wie der Kölner CDU, die die Auffassung von Reker stützen.

Der oder die Beigeordnete sind zunächst einmal eigenständige kommunalverfassungsrechtliche Organe, deren Wahl und Abwahl alleine dem Rat und vor allem dem einzelnen Ratsmitglied obliegt. Das Ratsmitglied ist noch nicht einmal in die Fraktionsdisziplin einzubinden, sondern kann und sollte frei entscheiden. Allerdings ist es etablierte Verwaltungspraxis, dass die Oberbürgermeisterin einbezogen wird. Sie kann hier im Vorbereitungsstadium mitwirken, der Rat kann aber seine Entscheidung auch ohne sie treffen. Das Verwaltungsgericht Münster zeigt hier auch die Grenze auf: Der Rat kann der Oberbürgermeisterin nicht die Befugnis zur Wahl von Beigeordneten übertragen, selbst wenn er dies wollte. Aus der Gemeindeordnung ist vielmehr zu schließen, dass ein überbordendes Vorgreifen der Oberbürgermeisterin nicht zulässig erscheint, ja womöglich eine Kompetenzüberschreitung darstellt. Hier wäre also zu prüfen, ob Henriette Reker, durch die von ihr gestern durch ihren Pressesprecher verbreitete Nachricht überhaupt in das Verfahren hätte eingreifen dürfen.

Die Wahl – also der formale Wahlakt – trifft alleine der Rat in seiner Ratssitzung. Vorberatungen über Bewerber sind allerdings in Ausschüssen oder Fraktionssitzungen durchaus gestattet. Die Oberbürgermeisterin kann den Rat nicht daran hindern eine Beigeordetenwahl durchzuführen oder die Ausschreibung zu beschließen. Dabei haben alle Ratsmitglieder das Recht sich im Vorfeld über den Kreis der Bewerber um das Amt zu informieren. Eine Geheimhaltung von Bewerbern gegenüber den Ratsmitgliedern schließt dies aus. Würde dieser Informationsanspruch verletzt, dann könnte eine erfolgte Wahl eines Beigeordneten rechtswidrig sein. Die Wahl des Beigeordneten hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.

Der Bürgermeister der Kommune kann die beigebrachten Leistungsnachweise eines Bewerbers auf die Kriterien des Ausschreibungstextes prüfen, um festzustellen, welcher der Bewerber die formalen Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt. Bewerber können dann aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, wenn der Rat die Ausschreibung in einem konstitutiven Anforderungsprofil beschrieben hat. Eine Auswahl durch die Oberbürgermeisterin würde sich in diesem Fall als reine Rechtsanwendung vollziehen.

Die Wahl

Der Rat entscheidet per Wahlbeschluss. Das einzelne Ratsmitglied entscheidet ausschließlich nach dem Gesetz und seiner freien nur durch Rücksicht auf das allgemeine Wohl bestimmten Überzeugung und ist an Aufträge nicht gebunden. Es darf kein Fraktionszwang unter Androhung von Sanktionen gegen das Ratsmitglied geben. Jedes einzelne Ratsmitglied muss in der Lage sein, die Bewerbung anhand der Informationen der Oberbürgermeisterin prüfen zu können, auch wenn der Vorgeschlagene dem Ratsmitglied schon seit langem bekannt ist. Jedes Ratsmitglied hat das organschaftliche Recht sich über alle Bewerber im Vorfeld zu informieren. Auf dieses Recht kann weder durch Ratsbeschluss noch auf andere Weise verzichtet werden. Jedes Ratsmitglied muss die Möglichkeit haben sich über die Eignung des Kandidaten zu informieren. Eine Geheimhaltung wäre unzulässig und hätte zur Folge, dass der Wahlbeschluss rechtswidrig wäre.

Fasst man die bisherigen Urteile und Interpretationen zusammen, so ist festzustellen, dass die Beigeordneten eine eigenständige organschaftliche Stellung haben. Mit einem eigenständigen Kompetenzbereich, dessen Leitung der demokratischen Legitimation bedarf. Eine Besetzung durch die Exekutive ist nicht vorgesehen, weil dies nicht mit dem Demokratieprinzip und mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz vereinbar wäre, so die bisherigen Rechtssprechung und die Gemeindeordnung.

Autor: Andi Goral