Köln | Fast täglich lädt die NRW-Landesregierung zu sogenannten „Presse-Briefing“ in Zeiten der Corona-Pandemie. Auch heute wieder. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nutzt dieses „Presse-Briefing“ geschickt zur Inszenierung vor großem Livestream-Publikum. Fragen von Pressevertretern sortiert sein Pressesprecher vor, vielleicht nennt es das neue Beamten-Staatskanzleideutsch deshalb „Presse-Briefing“ und nicht mehr Pressekonferenz.

Fangen wir mit Begrifflichkeiten an. Der Begriff „Briefing“, gegoogelt, bringt eine „Wikipedia“-Kurzdefinition: „Bei einem Briefing handelt es sich um eine Kurzeinweisung vor einem wichtigen Ereignis.“ Und wie ist der Begriff „Konferenz“ beschrieben: „Besprechung mehrerer Personen über fachliche, organisatorische oder ähnlicher Fragen“.

Durch die Corona-Pandemie wird dieses „Presse-Briefing“ auch per Livestream auf „Twitter“ und per „Facebook“ angeboten. Offen für Alle, nicht nur für Pressevertreter. Eigentlich eine tolle Sache, denn so erfährt die Öffentlichkeit gleich aus erster Hand, was die fleißigen journalistischen Arbeitsbienchen in ihre Blöckchen schreiben, Laptops tippen oder auf die Chips ihrer Kameras und Mikrofone bannen. Und später dann in ihren Medien weiterverbreiten, mal schneller oder langsamer.

Die Landesregierung weiß nur zu gut, dass mehr als 3.000 oder aktuell gerne auch schon mal über 8.000 Bürgerinnen und Bürger parallel auf „Facebook“ zusehen und der Kanal erfreut sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich steigender Beliebtheit. Mehr als 85.000 Abonnenten, mehr als manches klassische Medium, watchen jetzt die Landesregierung. Armin Laschet brieft hier also nicht nur Journalistinnen und Journalisten, sondern vor allem auch das Volk. Das weiß Laschet und sein PR-Stab.

Diese „Presse-Briefings“ der Landesregierung und Ansprachen von Armin Laschet richten sich also nicht nur an Medienvertreter, sondern an ein breites Publikum, das ist spürbar, etwa wenn Laschet nicht müde wird die eigene Leistung der Regierung zu loben. Das sei ihm unbenommen. Laschet und die Landesregierung geben aber derzeit täglich neue Erlasse oder Rechtsverordnungen bekannt, die Grund- und Freiheitsrechte einschränken und einen massiven Eingriff in das öffentliche Leben bedeuten. Entscheidungen, die die Öffentlichkeit zur Kenntnis bekommen muss, aber die auch Fragen aufwerfen.

Aufgrund der besonderen Situation findet das „Presse-Briefing“ derzeit physisch vor Ort, aber auch per Video statt. Das bedeutet die Landesregierung streamt und Journalisten können per Mail Fragen stellen. Journalisten vor Ort melden sich, stellen Ihre Frage und bekommen diese beantwortet oder auch nicht. Da hat der Pressesprecher keinen Einfluß darauf. Wer nicht vor Ort ist, muss sich darauf verlassen können, dass der Pressesprecher der Landesregierung Fragen ungefiltert vorträgt und sie nicht vorselektiert. Sonst ist das System ad absurdum geführt und auch das Angebot das im Wortlaut lautet: „Wir bitten die Fragen unter Nennung von Vor- und Nachnamen und Medium zu übersenden, mit dem Betreff „Frage PK“.“ Genau das passiert aber mit den Fragen, die per Mail eingereicht werden. Da entscheidet der Pressesprecher, welche Fragen er zulässt und welche nicht oder welche er schon für beantwortet hält.

In diesem Fall wird das „Presse-Briefing“ des Ministerpräsidenten des Landes NRW zu einer Show-Veranstaltung in der Öffentlichkeit in der die Presse auch noch vorgeführt wird. Das ist weder der aktuellen noch dem Ernst der Lage angemessen.

Autor: Andi Goral