Berlin | Der für Samstag geplante Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim im nordrhein-westfälischen Oberhausen stößt auf breite Kritik. „Es gibt einem schon zu denken, dass der türkische Ministerpräsident Yildirim Wahlkampf für einen Staat von Erdogans Gnaden unter den in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürgern macht, während die Opposition in der Türkei in Gefängnissen schmort“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das sind alles andere als faire Ausgangsbedingungen für einen Wahlkampf.“

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen forderte: „Oberhausen darf nicht zum Mekka für Erdogans Demagogen und Demokratiefeinde werden.“ Mit dem türkischen Ministerpräsidenten komme einer der Hauptverantwortlichen für die Spionageaffäre beim Moscheeverband DITIB nach Deutschland. „Schließlich ist die türkische Religionsbehörde Diyanet, die ihre Imame zu Spitzeldiensten gegen Andersdenkende aufgefordert hat, direkt dem türkischen Regierungschef unterstellt“, sagte Dagdelen und betonte: „Erdogan und Yildirim sind die Zerstörer der Demokratie in der Türkei, mit ihren Auftritten in Deutschland machen sie Stimmung für die Diktatur.“

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe warf dem türkischen Regierungschef manipulative Absichten vor: „Alles was Ministerpräsident Binali Yildirim in Deutschland will, ist den türkischen Mitbürgern Sand in die Augen zu streuen“, sagte Kiziltepe. Das Verfassungsreferendum sei fatal und diene der unbegrenzten Zementierung der Macht der AKP. „Verlierer wären die Demokratie in der Türkei und ihre Bürger“, so die SPD-Politikerin. Nach Ansicht der Türkischen Gemeinde in Deutschland zeugt die Kritik am Wahlkampfauftritt Yildirims hingegen „von einer Doppelmoral“: „Man kann nicht einerseits in der türkischen Regierung einen engen Partner sehen, wie es die Bundesregierung etwa in der Flüchtlingsfrage tut, und sich andererseits über den Besuch türkischer Politiker in Deutschland echauffieren“, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Türkische Innenpolitik sei längst in Deutschland angekommen. „Anstatt sich über die Mobilisierungsversuche der türkischen Regierung in Deutschland zu beklagen, sollten deutsche Politiker die Teilhabechancen der Türkeistämmigen hierzulande stärken, damit diese gar nicht erst auf die Idee kommen, in türkischen Politikern ihre Vertreter zu sehen“, forderte Sofuoglu.

Autor: dts