Köln | Sieben Mitglieder des rechtsradikalen Freundeskreis Rade aus Radevormwald wurden heute vom Landgericht Köln verurteilt. Das Gericht verhängte Geldstrafen, Jugendstrafen von neun Monaten bis 18 Monate zur Bewährung und verurteilte den Rädelsführer zu zweieinhalb Jahren Jugendhaft. Ein Signal ist, dass die Kammer den „Freundeskreis Rade“ als kriminelle Vereinigung eingestuft hat.

Sieben junge Männer ordentlich angezogen mit weißem oder blauem Hemd, der ein oder andere mit einem großen Ohrgehänge, auch als Tunnelausgabe, saßen im Saal mit ihren Anwälten und nahmen die Urteile fast schon gelassen entgegen. Nur bei der einzigen Jugendstrafe gegen den Rädelsführer, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, weil sie über zwei Jahre dauert, ging ein Raunen auch durch den Zuschauerraum. Familie und Freunde hatten sich eingefunden.

Die Männer hätten sich teilweise schon aus dem Kindergarten gekannt, stellt die Richterin fest, man habe dem Alkohol zugesprochen und sei gemeinsam in der rechten Szene verhaftet. Später in den Einzelbegründungen zu den Urteilen lässt die Kammer aber auch erkennen, dass man nicht sehe, dass sich die Haltung gegenüber der rechten Szene bei den Angeklagten gewandelt habe, oder diese sogar dem rechten Gedankengut abgeschworen hätten. In den Jahren 2010 bis 2011 habe man regelmäßig so genannten „Garagentreffen“ abgehalten, die man auch konspirativ organisiert habe und an rechten Demos teilgenommen. NS-Symbolik spielte immer eine Rolle in der Gruppe, da habe man sich etwa am Telefon mit „Heil Hitler“ gemeldet oder hängte schon mal die Hakenkreuzfahne auf. Selbst vor Polizeibeamten hob man die rechte Hand und rief „Sieg Heil“, schwärmte für Breivik oder wollte da man auf Demos keine Springerstiefel mehr tragen dürfe, Turnschuhe mit Stahlkappen tragen.

Mehrfach habe die Gruppe Gewalttaten verübt und immer waren diese fremdenfeindlich motiviert. An einem See in Wuppertal, im Hauptbahnhof in Essen, wo es sogar Videoaufnahmen gibt und in Radevormwald. Dabei kam es auch immer zu versuchter oder tatsächlicher gefährlicher Körperverletzung. Waffen wie Messer, Teleskopschlagstöcke, Handschuhe die mit Quarzsand gefüllt waren, Baseballschläger, Eisenstangen, Steine oder leere Bierflaschen aus Mülleimern wurden benutzt um andere anzugreifen und zu verletzen. Dabei schreckten die Rechten auch nicht davor zurück Menschen, die schon auf dem Boden lagen, weiter zu malträtieren. Eines ihrer Opfer erlitt Brüche im Gesicht und musste sogar im Krankenhaus operiert werden.

Über die Internetseite die man pflegte, Plakate oder Aufkleber machte man massive Öffentlichkeitsarbeit, die auch den Sinn und Zweck hatte rechtes Gedankengut zu verbreiten oder andere einzuschüchtern. Als die Polizei allerdings das braune Haus des Aktionsbündnisses Mittelrhein und auch einen damals bekannten Pulheimer Rechtsradikalen verhaftete, bekamen die Jungrechten aus Radevormwald kalte Füße. Die Polizei dokumentiert in ihrer Telefonüberwachung ein Gespräch, wo der rechte Webmaster aufgefordert wird sofort die Website des „Freundeskreis Rade“ vom Netz zu nehmen. Im April 2012, nachdem die Behörden in NRW nach der Aufdeckung des NSU ihre Ermittlungen im rechten Umfeld verstärkten, gab es auch beim „Freundeskreis Rade“ umfangreiche Hausdurchsuchungen und Razzien.

Über 180 Zeugen hat das Landgericht Köln gehört, so die Vorsitzende Richterin. Die Angeklagten hätten, bis auf einen der ein wenig kooperativer war, geschwiegen. Der Rädelsführer habe noch im Gerichtssaal versucht Zeugen einzuschüchtern. Das Gericht sieht keine echte Distanzierung zur rechten Szene, bei keinem der sieben Verurteilten. Neben der Bewährungsstrafe verhängte das Gericht noch Geldstrafen, Sozialstunden und teilweise Anti-Aggressionstraining. Nach der Verhandlung wurden die Verurteilten von ihren Freunden und Familien empfangen. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden. Das die Staatsanwaltschaft dies tun wird, ist eher unwahrscheinlich, da dass Strafmaß dem Geforderten, sehr nahe kam.

Autor: Andi Goral
Foto: Der Prozess gegen den „Freundeskreis Rade“ fand eine breite mediale Beachtung