Düsseldorf | aktualisiert | Mit einer geplanten Solidaritätsumlage finanziert durch die 59 finanzstärksten Kommunen in Nordrhein-Westfalen soll verschuldeten Kommunen im Land unter die Arme gegriffen werden. Mit dem Stärkungspakt bekämen verschuldete Kommunen in NRW eine Perspektive, argumentiert das NRW-Innenministerium. Heftige Kritik kommt aus dem Lager der NRW-Linken sowie der NRW-FDP. Sie bezeichnen die Umlage als „verfassungswidrig“(Linke) und „finanzwissenschaftlichen Unsinn“.

Eine wichtige Grundlage für die konkrete Unterstützung sei die zweite Modellrechnung, die die aktuellen Steuereinnahmen vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013 berücksichtige, so das Innenministerium.  Aufgrund der neuen Zahlen würden 59 besonders finanzstarke, so genannte „abundante Kommunen“ zur Solidaritätsumlage herangezogen. Das sei eine Kommune weniger als nach der ersten Modellrechnung, die 60 abundante Kommunen ermittelt habe. Die Gemeinde Inden gehört laut Angaben des Ministeriums nun nicht mehr dazu. „Mit der Solidaritätsumlage sollen 27 finanzschwache Kommunen im Stärkungspakt Stadtfinanzen gezielt unterstützt werden. Am Ende werden alle Kommunen vom Stärkungspakt profitieren“, so NRW-Innenminister Ralf Jäger.

59 Kommunen – 181,6 Millionen Euro

Die 59 von der Zahlung der Umlage betroffenen Gemeinden müssen laut Ministerium 2014 insgesamt 181,6 Millionen Euro für die Solidaritätsumlage aufbringen.  „Mein Anspruch bleibt, dass der Beitrag leistbar sein muss“, erklärte Minister Jäger. Deshalb werde vorausgesetzt, dass die Steuerkraft der herangezogenen nachhaltig abundanten Städte und Gemeinden nicht nur im aktuellen Haushaltsjahr den Finanzbedarf übersteigt, sondern die Kommune auch in den vier Vorjahren mindestens zweimal abundant war – also drei Mal in den letzten fünf Jahren. „Die Abundanz ist ein objektives, bewährtes und anerkanntes Kriterium“, stellte Jäger klar. Nur wenn Land und Kommunen an einem Strang zögen, hätten hoch belastete Städte und Gemeinden wieder die Chance, zu einer selbstbestimmten Haushaltspolitik zurückzukommen, so Jäger.

Über die Solidaritätsumlage der besonders steuerstarken Kommunen sollen 22 Prozent der im Stärkungspakt als Konsolidierungshilfe bereitgestellten Mittel finanziert werden. „Von den geplanten Gesamtkosten des Stärkungspakts Stadtfinanzen trägt das Land mit 3,5 Milliarden Euro den Löwenanteil. Damit geht das Land an die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit“, so Jäger. Insgesamt hat die Landesregierung laut Innenministerium  für die Kommunen mit den Haushalten 2010 bis 2013 rund 2,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt.

Darüber hinaus erhielten die Kommunen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2014 die Rekordsumme von 9,4 Milliarden Euro. Das sei nach der zweiten Modellrechnung, die jetzt für jede Kommune in NRW vorliege, ein Anstieg um über neun Prozent gegenüber dem Vorjahr, rund 86 Millionen Euro mehr.

NRW-Linke: „Kommunal-Soli ist unsozial und verfassungswidrig“

Die Solidaritätsumlage ist nach Auffassung des Landessprechers der NRW-Linken Rüdiger Sagel eine „unsoziale Zwangsabgabe die SPD und Grüne trotz massiver verfassungsrechtlicher Bedenken durchziehen wollen“.

Eine ausreichende Finanzierung der Städte und Gemeinden müsse durch die Landesregierung gewährleistet werden und nicht dadurch, dass 59 Städte in NRW mit 181 Millionen Euro von SPD und Grünen „zur Ader gelassen“ würden. Die Landesregierung betreibe hier eine Fortsetzung ihrer „Versprochen-Gebrochen“-Politik, die sie seit der Landtagswahl 2012 konsequent zu Lasten der Menschen in NRW verfolge.

Um die öffentliche Einnahmen für die Städte und Gemeinden in NRW zu stärken, brauche es eine komplette Entschuldung und eine dauerhafte Anhebung des kommunalen Anteils im Gemeindefinanzierungsgesetz NRW (GFG) auf 28 Prozent, so die Forderung der NRW-Linken. Eine Gegenfinanzierung durch die Einführung einer Millionärsteuer und einer höheren Erbschaftssteuer sei dafür der richtige Weg. Dies werde aber von der CDU, der SPD und den Grünen „mittlerweile und entgegen der Wahlversprechen“ abgelehnt.

NRW-FDP: „Zwangsabgabe finanzwissenschaftlicher Unsinn“

In der heutigen Expertenanhörung zum Stärkungspakt Stadtfinanzen haben Wissenschaftler und Kommunalvertreter eindringlich vor der von SPD und Grünen geplanten Zwangsabgabe gewarnt. 60 Städte und Gemeinden sollen jährlich 182 Millionen Euro für das kommunale Rettungspaket zahlen. „Die Zwangsabgabe ist finanzwissenschaftlicher Unsinn und eine verfassungsrechtliche Geisterfahrt“, sagt Kai Abruszat, kommunalpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion.

Juristische Fallstricke wurden nicht nur hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes oder der Verhältnismäßigkeit des rot-grünen Vorhabens aufgezeigt. Auch dessen generelle Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz haben Sachverständige in Zweifel gezogen. „Dass selbst SPD-Politiker gegen ihre eigene Landesregierung vor Gericht ziehen wollen, kann ich bei diesem bedenklichen Vorhaben gut nachvollziehen“, meint Abruszat.

Mit dem zulässigen Kommunalsoli anderer Länder habe die rot-grüne Zwangsabgabe in NRW nichts zu tun. Hier gehe es lediglich um die Finanzierung eines Hilfsprogramms, für das die Landesregierung selbst aufkommen müsse. „In der Vergangenheit hat das Land seine aufsichtsrechtlichen Pflichten vernachlässigt. Nun will es den Kommunen die Kosten für das eigene Versagen aufbürden“, kritisiert Abruszat. 18 der 60 Abgabepflichtigen befänden sich selbst in der Haushaltssicherung oder im Nothaushalt. Die Zwangsabgabe würde etliche Kommunen in die Verschuldung treiben und sie zu den Hilfeempfängern von morgen machen. Niemandem wäre geholfen.

Der Stärkungspakt selbst sei notwendig und sinnvoll, weil er sparwillige Kommunen auf dem Weg zum Haushaltsausgleich unterstütze. Deshalb habe die FDP das Gesetz 2011 mitgetragen. Die Finanzierung des Programms über eine Zwangsabgabe habe die FDP aber bereits damals abgelehnt und verhindert.

Autor: dd