Köln | Zum traditionellen politischen Aschermittwoch der Bundesparteien fand heute in einem Kölner Theater eine Veranstaltungen der NRW-Grünen statt, an der neben Kölner Bundespolitikern wie Volker Beck und Katharina Dröge  auch der Bundesvorsitzende von Bündnis´90/ Die Grünen, Cem Özdemir teilnahm und eine Rede hielt. In seiner Rede kritisierte Özdemir die Große Koalition, forderte ein Bekenntnis zur Energiewende und sprach sich für einen gemeinsamen Außenauftritt der EU aus.

Entwicklungen wie die aktuelle Krim-Krise machten es erforderlich, so Özdemir, jetzt und in Zukunft mit einer einzigen, starken europäischen Außenvertretung aufzutreten, anstatt mit „28 einzelnen Bonsai-Außenministern“. Er befürwortete im Zusammenhang mit dem Vorgehen Russlands auf der Krim-Halbinsel die durch die EU angekündigten Sanktionen wie Visa-Verweigerung oder das Einfrieren von Konten Putin-naher Personen bei europäischen Banken.

„Nicht Merkel regiert, sondern Neid und Missgunst“

In Bezug auf die Große Koalition im Deutschen Bundestag sagte Özdemir, dort sei seit ihrer Bildung ein Werteverfall festzustellen, der sich noch schneller vollziehe als unter der vorherigen schwarz-gelben Regierung. „Es regiert nicht Merkel, sondern Neid und Missgunst“, so Özdemir während seiner Rede. Stark kritisierte er das Verhalten von Thomas Oppermann,  Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, und BKA-Chef Jörg Ziercke im Zusammenhang mit der Edathy-Affäre. Niemand habe das Recht, so der Grünen-Chef, Informationen wie im Falle Edathy weiterzugeben, nur weil man sich gerade in Koalitionsverhandlungen befinde. „Was wäre gewesen, wenn es zu einer schwarz-grünen Koalition gekommen wäre?“, fragte Özdemir in den Raum. „Wären dann diese Informationen auch weitergegeben worden?“

Özdemir sprach in seiner Rede von einem Vertrauensverlust aufseiten der SPD. Wann immer die Regierung künftig Entscheidungen treffe, so Özdemir, müsse man sich die Frage stellen, ob hierbei seitens der SPD Wählerinteressen vertreten würden oder die SPD nur eine „Bringschuld“ gegenüber der Koalitionspartner bediene.

Kritik an Mütterrente und Energiepolitik

Kritik hagelte es auch zum Thema Mütterrente: Özdemir bezeichnete das von der GroKo vorgestellte Modell der Mütterrente für „im Grunde falsch“. Die 6,5 Milliarden, mit denen die Mütterrente die die Rentenkasse jährlich belaste, müssten aus Steuergeldern bezahlt werden. Aber dafür habe es Schwarz-Rot an Schneid gefehlt, weil eine steuerfinanzierte Mütterrente auch eine Steuererhöhung und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes bedeutet hätte, woran sich Schwarz-Rot ebenfalls nicht getraut hätte. Auch der „Rente ab 63“ erteilte Özdemir eine klare Absage. Alles spreche dagegen. So sei der vorgezogene Eintritt in den Ruhestand mit drei bis vier Milliarden Euro Kosten pro Jahr zu teuer und würde erfahrene Arbeitnehmer zu früh aus dem Arbeitsmarkt nehmen. Außerdem profitierten davon hauptsächlich nur die Menschen, die aufgrund ihrer 45-jährigen Tätigkeit ohnehin gut abgesichert seien. Stattdessen plädierte Özdemir dafür, Altersarmut stärker zu bekämpfen.

Zum Thema Energiewende und Netzausbau forderte Özdemir von der Regierung ein stärkeres Bekenntnis zum Nutzen von Wind- und Solarenergie. Die Grünen, so Özdemir, ständen für eine Energiepolitik, die die Sorgen nicht auf folgende Generationen verlagere. Die Energiepolitik der Großen Koalition, bei der entgegen energiepolitischer Versprechen nun anders gehandelt werde,  bezeichnete Özdemir als „Merkel-Gabriel-  oder auch Hü-Hott-Syndrom“. Auf „Hü“ lasse man sich wählen, auf „Hott“ erfülle man die Wünsche von Lobbyisten.

Autor: dd
Foto: Cem Özdemir während seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der NRW-Grünen in Köln.