Berlin | Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) sollte nach Ansicht ihres Fraktionschefs im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zum Wahlkampfthema machen.

„Wir wollen den Menschen beim Europa-Wahlkampf 2019 gleichzeitig auch klare Haltungen anbieten, wofür die EVP in ganz Europa steht“, sagte Weber der „Welt“. „Dazu kann zum Beispiel als ein zentrales Wahlkampfversprechen gehören: Wir werden dafür kämpfen, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei zu beenden. Dieser Punkt spricht alle Menschen in Europa an, denn die Frage nach den Grenzen ist ein Thema, das alle bewegt.“ Seine Partei bereite die Inhalte für die Europawahl im Mai 2019 derzeit vor, betonte Weber, der auch Vizechef der CSU ist: „Wir wollen den Wählern neben den nationalen Wahlkampagnen auch ein kontinentales Wahlprogramm anbieten, für das die EVP in ganz Europa steht.“ Es sei wichtig, „ein Stück aus der nationalen Perspektive rauszukommen und die Europawahl wirklich zu einer europäischen Entscheidung zu machen, in welche Richtung Europa gehen soll“.

Angesprochen auf eine mögliche Spitzenkandidatur für die EVP bei der Europawahl zeigte sich Weber grundsätzlich aufgeschlossen: „Heute stellt sich die Frage für mich noch nicht. Die Nominierung meiner Partei steht erst im November an. Über die nächsten Monate werde ich mir in Ruhe Gedanken machen. Ich mache meinen Job als Fraktionschef aber sehr gerne.“ Hintergrund: Der neue EVP-Spitzenkandidat besitzt gute Chancen, Jean-Claude Juncker im Amt des EU-Kommissionspräsidenten im Herbst 2019 nachzufolgen.

Mit Nachdruck setzt sich Weber dafür ein, die Zahl der EU-Kommissare von derzeit 28 deutlich zu reduzieren: „Ich unterstütze alle Überlegungen, die EU-Kommission künftig deutlich zu verkleinern. Das sieht der EU-Vertrag ja auch ausdrücklich vor.“ Derzeit stellt jedes Mitgliedsland einen eigenen Kommissar, für Deutschland ist das EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. Als Begründung führte Weber an: „Die EU-Kommission muss lenkbar und gestaltungsfähig sein. Dabei sollte sie sich in Zukunft auch personell auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren.“ Es gehe darum, den Bürgern zu zeigen, dass man ein „effizientes Europa“ wolle und dabei auch glaubwürdig zu sein. „Dazu gehört eben auch, dass nicht alle Mitgliedsländer immer einen eigenen EU-Kommissar haben können, sondern dabei rotieren.“

Aber auch zu den drei verschiedenen Arbeitsorten des EU-Parlaments – Brüssel, Straßburg und Luxemburg -, die pro Jahr zu Zusatzkosten von mindestens 200 Millionen Euro führen, hat Weber eine klare Meinung: „Es wäre geboten, dass das Europäische Parlament selbst und nicht die EU-Staaten darüber entscheiden, wo sein Sitz ist. Auch der Deutsche Bundestag hat das Recht, selbstständig über seine Organisation und seinen Sitz zu entscheiden. Warum sollte das Europäische Parlament dieses Recht nicht haben?“ Mehrere Sitzungsorte seien den Bürgern heute „nicht mehr vermittelbar“.

Autor: dts
Foto: Das EU-Parlament in Straßburg